Joachim Walther - Das Blöken der Wölfe

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Deutsche Zeitgeschichte in Miniaturen Der Band enthält ausgewählte publizistische Arbeiten Joachim Walthers aus vier Jahrzehnten: Artikel für Zeitungen und Magazine, Vorträge, Radiosendungen, Rezensionen … Die Texte befassen sich vor allem mit der SED-Diktatur – vor 1989 in mehr oder weniger verhüllter, mitunter Fiktion vortäuschender Form, ab Herbst 1989 offen, offensiv und öffentlich. Sie sind damit engagierte, eingreifende Dokumente der sich ab 1989 rasant entwickelnden Zeitgeschichte, die historisch interessierten Lesern und nachwachsenden Generationen einen Blick auf diese Zeit vermitteln.

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Und dann erlösend der amerikanische Zauberberg: das College auf dem Hügel unterm blauen Himmel von Vermont. Staat der grünen Berge, der klaren Seen, der reinen Luft und der wilden Wasserfälle. Ein Ort, so dachte ich, gekommen aus dem einen deutschen Staat, der sich eben jetzt für immer aus der Weltgeschichte verabschiedet, ein idealer Ort, um Verletzungen zu heilen, deren eine missbrauchtes Vertrauen ist. Ein geschützter Ort, fernab der heimatlichen Wirren, um ruhig und möglichst ganz abstrakt darüber zu meditieren, was das war, was es ist und künftig sein könnte: Vertrauen. Zu fragen, ob wir überhaupt irgendeiner Sache außer uns gewiss sein können? Was heißt hier: außer uns? Sind wir unser selbst denn sicher? Und zu ahnen, dass diese Unsicherheit offenbar sehr nahe dem Vertrauen siedelt. Ein funzeliges, blakendes Licht, das mir da unversehens aufgegangen ist, das aber, fürchte ich, mehr Schatten wirft, als dass es wen oder was erleuchtet.

Der Zufall, der notwendige, will’s, dass ich auf dem Campus unter den neuen Kollegen eine alte Bekannte treffe: ein Stück DDR selbst hier, unsere gelebte Geschichte, der wir nicht entkommen, selbst auf dem fernen, abgehobenen magic mountain nicht. Ich erinnere, sie verließ das Land vor Jahren, weil ihr nachgestellt worden war von jenem monströsen Kraken, der seine schmierigen Tentakel in jeden Winkel des Landes bohrte, bis in die Schlafzimmer hinein. Noch als sie dieses Land bewohnte, erzählte sie, ihre Post würde geöffnet, ihr Telefon abgehört, in den Wänden steckten Wanzen, Manuskripte verschwänden, sie würde physisch bedroht und gar überfallen und geschlagen, und sie würde, dies das Übelste und letzter Auslöser ihrer Flucht, als Frau verleumdet, sich mit hochrangigen Polit-Potentaten eingelassen zu haben: Bettgeschichten der undelikaten Art. Und sie erzählte es laut, sehr laut, so laut, dass es auch die hörten, denen sie es nicht erzählte. Denen, die sie näher kannte, erklärte sie, sie sei, naiv und gläubig aufgewachsen in einer staatstreuen und staatstragenden Funktionärsfamilie in südlicher Provinz, noch als Schülerin geworben worden von ebenjenem Kraken, den sie aber damals für eine Art Gralsritter mit Tarnkappe hielt, eine märchenhafte Lichtgestalt in geheimnisvollem Dunkel, gestreng zwar, doch gerecht, sorgend für Ruhe und Ordnung, Frieden und Sicherheit, und sie habe ein Papier unterschrieben. Jahre später, nun Studentin schon, habe man sich auf ihre Unterschrift berufen und gefordert, sie solle nun ihre frühere Zusage einlösen und als Inoffizielle Mitarbeiterin fungieren. Man lockte mit Geld und anderen meist raren Dingen, stellte ein beschleunigtes Avancieren in Aussicht, und drohte, falls sie sich etwa weigern wolle, sie könne dann nichts werden, absolut nichts. Sie aber habe Nein gesagt, definitiv: Nein. Das erzählte sie, und man bedachte wohl, dass in solchem Falle, wenn überhaupt etwas, einzig hemmungslose Geschwätzigkeit vor den verdeckt arbeitenden Herren schützen kann, erinnerte sich aber auch, wie sie als junges Talent im Übermaß gefördert worden war und wie sie willig, ja enthusiastisch Texte vorgetragen hatte, die das Bestehende hymnisch priesen. Nach jenem Nein nun hätten die Repressalien gegen sie begonnen, und zwar mit einer perfiden Doppelstrategie, indem man parallel dazu das Gerücht in Umlauf setzte, sie litte unter Verfolgungswahn, weshalb die Nachstellungen und Überfälle einzig ihrer verwirrten Psyche entsprungen seien. Und dann schwollen die Gerüchte vielstimmig an, sie habe mit diesem und jenem …, sei eine Polit-Mätresse gehobener Kader, detaillierte Schweinereien. Dagegen habe sie nichts machen können, wie jeder gegen Rufmord machtlos sei, und habe das Land verlassen. Das sei die Wahrheit, die reine, ich solle ihren Worten trauen.

Was ich wirklich möchte, zumal ich eben mit Schaudern las, wie mächtig der Krake war, wie vielarmig, skrupellos und hinterhältig. So las man nach seinem Ende in den Medien die Geheime Verschlusssache Richtlinien über die Zersetzung oppositioneller Gruppen und Personen und unter dem Punkt Zersetzungsmaßnahmen dies: Systematische Diskreditierung des öffentlichen Rufes, des Ansehens und des Prestiges auf der Grundlage miteinander verbundener wahrer, überprüfbarer und diskreditierender sowie unwahrer, glaubhafter und nicht widerlegbarer und damit ebenfalls diskreditierender Angaben , dazu das Erzeugen von Misstrauen und gegenseitigen Verdächtigungen sowie die Verwendung anonymer oder pseudonymer Briefe, Telegramme, Telefonanrufe usw., kompromittierender Fotos, zum Beispiel von stattgefundenen oder vorgetäuschten Begegnungen und schließlich die gezielte Verbreitung von Gerüchten über bestimmte Personen , und am Schluss dieses widerlichen DDR-Dokuments aus dem Jahre 1976 steht, dass diese Mittel schöpferisch und differenziert anzuwenden, auszubauen und weiterzuentwickeln seien. Schöpferisch, dies wörtlich.

So war das, und es war nicht bloße Theorie. Da haben wir gelebt, der eine so, der andere ein wenig anders, doch alle unter dieser Fuchtel. Die uns krümmte, die Täter wie die Opfer. Die uns die klare Sicht nahm in einem alles durchdringenden gesellschaftlichen Nebel. In dem die Konturen von Täter und Opfer verschwammen. In dem Schweigen und Dulden, Wegsehen und Weghören, ein bequemes, wenn auch lustloses Einverständnis das System erhielt, bis ihm dieses massenhafte Einverstandensein entzogen wurde und es zur Verwunderung aller sang- und klanglos in sich zusammensank, so als habe jemand das Ventil eines aufblasbaren Gummitieres geöffnet. Leben in einem Klima, in dem die bewusst verbreitete Unsicherheit der Staatssicherheit ein Instrument der Herrschaft war und der Spruch Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser eines der zentralen, zynischen Ideologeme. In dem das geschürte Misstrauen eines jeden gegen jeden Staatsdoktrin war – und eine Krankheit in uns allen, chronisch, da unbehandelt, ständig zum Ausbruch bereit, da die Erreger in der Luft zum Atmen schwebten, mit Blicken, Gesten, Händedruck, ja Kuss übertragen wurden, in die Köpfe stiegen und die Herzen versteinten, ein schleichendes, atmosphärisches Gift, eine landesweite Luftverschmutzung, poststalinistischer Smog, der flächendeckend über allem lag.

Nun hat sie mich wieder, die Vergangenheit, von der ich weiß, dass ich ihr, selbst wenn ich wollte, nicht entkomme, auch hier nicht in Amerika. Nur ein paar Tage Ruhe wollte ich in diesem Land, an dessen Brücken die gesprayten Graffiti keine politischen Parolen zeigen, sondern nicht selten dies: Trust Jesus. So einfach könnte alles sein. Ein Vergessen und ein neuer Glaube, was gegenwärtig viele meiner Landsleute praktizieren, die das höchst Unangenehme, sich selbst zu befragen, vermeiden wollen – und mit eben dieser bewährten Art kollektiven Verdrängens nicht vermeiden werden, die Übel der Vergangenheit in die Zukunft zu transplantieren. Sie meinen, sie wären geheilt, und sind doch nur schmerzfrei, weil betäubt. So einfach könnte das sein auf dem Campus von Middlebury in Vermont, diesem grünem Hügel der Seligen, der gepflegt und rein und reich ein geschützter Ort ist für alle, die hier lernen, lehren, ein Ort von einer Sauberkeit, die fast klinisch ist, bewohnt von reinlichen, freundlichen, hochintelligenten und hochmotivierten Studenten, die in den Pausen über die grünen Wiesen eher wandeln als gehen und dabei französisch, spanisch, russisch, deutsch, chinesisch, italienisch, japanisch plaudern, die nicht schreien, pöbeln, rempeln, streiten, die auch von Erotik nichts spüren lassen, fast geschlechtslos und unisex in ihren Knieshorts, T-Shirts und Reebok-Turnschuhen, engelgleich, Mädchen wie Jungen, in Reinheit schweben, vergeistigt nahezu, dabei nicht etwa blässlich oder streberisch verklemmt, von einer selbstauferlegten Disziplin des Lernens, mit einer nicht erzwungenen Akzeptanz der Regeln, sieben Wochen ausschließlich die gewählte Fremdsprache zu sprechen, weder Zeitung zu lesen noch Radio zu hören oder fernzusehen. Sie sind von einer nahezu klösterlichen Sanftmütigkeit, die angenehm ist und doch etwas vermissen lässt – vielleicht die Rebellion der Jugend. Für alles ist gesorgt, für Essen, Telefon, Computer, Freizeit, aus einem Fenster perlt Vivaldi, einer skandiert im Gehen Klopstocks „Frühlingsfeier“, am Abend hat Büchners „Woyzeck“ Premiere, und übern Campus fährt im Schritttempo die unbewaffnete, freundlich grüßende College-Security, und man tritt auf die Straße in Gedanken und kann darauf vertrauen, dass alle Autos halten, ohne Hupen und Bremsenquietschen und ohne dass jemand wütend brüllt. Ein abgehobener Ort, eine wolkig weiche Enklave des Lernens, ein friedliches Biotop, dem man sich anvertrauen kann, eine unaufdringliche, weitläufige Obhut, die nicht die Geborgenheit des Käfigs ist, nicht die des Stalls, in dessen Enge und Dunst ich bis vor Kurzem lebte.

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