Herr Krehling erstellte ein Programm, erstellte eine Liste und bestellte die Geschenke. Als alles beisammen war, schickte er Liste und Geschenke dem Weihnachtsmann und den Engelchen. Sie packten alles hübsch ein und hängten kleine Namensschildchen daran. Keinem fiel etwas auf.
Der 24. Dezember begann mit viel Schnee, wie bestellt. Die Engelchen zogen sich hübsch an, der Weihnachtsmann schlüpfte in seinen dicken roten Mantel und trank, weil es ihm bei Herrn Krehling so gut geschmeckt hatte, noch schnell einen Grog. Er hoffte, er friere dann nicht so schnell. Die Säcke wurden in den Schlitten geladen, die Rentiere eingespannt, und ab ging die Post, oder besser gesagt, ab fuhr der Weihnachtsmann.
Er hielt zuerst bei Klaus Ratmann, einem sechsjährigen Jungen, in der Karlsstraße. Dreimal klopfte der Weihnachtsmann an die Tür, wurde eingelassen und sah in das doch etwas ängstliche Gesicht von Klaus. Nachdem Klaus sich beruhigt hatte, sagte er ein Gedicht auf und erhielt ein Paket, das ziemlich groß war.
Dann verteilte der Weihnachtsmann noch Pfefferkuchen, Nüsse und Obst, verabschiedete sich und machte sich auf die Socken bzw. auf den Schlitten.
Klaus öffnete den Kasten und bekam große Augen. Schaut doch da aus der Schachtel eine etwa 30 cm große Puppe. Sie kann zwar Kullertränchen laufen lassen und sogar trinken, aber gewünscht, gewünscht hatte er sich einen Fußball und Torwarthandschuhe.
Die Eltern schauten sich erstaunt an. Sie hatten doch extra mit dem Weihnachtsmann gesprochen, damit auch nichts schief gehe.
Und nun das! Die Eltern waren ebenso enttäuscht wie Klaus.
Anders erging es den vielen anderen Kindern und Eltern auch nicht. Überall lieferte der Weihnachtsmann falsche Päckchen ab. Manchmal gab es heitere Gesichter, etwa, wenn Oma Martens zum Beispiel Hosenträger bekam und Opa dafür eine Kittelschürze. Meistens aber war die Enttäuschung groß.
Ja ja, wenn der Weihnachtsmann die Technik zu Hilfe nimmt!
Allen aber, die in diesem Jahr enttäuscht werden, lässt der Weihnachtsmann ausrichten, dass es ja genau in einem Jahr wieder Weihnachten gibt, und dass er bis dahin bestimmt eine bessere Lösung gefunden haben wird. So etwas soll gewiss nicht noch einmal vorkommen. Und noch etwas lässt der Weihnachtsmann ausrichten: Diejenigen, die gerne tauschen wollen, sollen sich am ersten Feiertag um 11 Uhr auf dem Marktplatz einfinden. Der Weihnachtsmann wird auch da sein. Er wird dann eine große Umtauschaktion leiten. Und er hat versprochen, vorher keinen Grog zu trinken, auch wenn es noch so kalt wird!
*
Der Weihnachtsmann hat in diesem Jahr wieder alle Hände voll zu tun. Er hat den Eindruck, als wünschten sich die Kinder in jedem Jahr immer mehr Geschenke oder es werden immer mehr Kinder. An irgendetwas muss es doch liegen, dachte er, dass von Jahr zu Jahr die Menge an Geschenken, die er zu transportieren hat, steigt. Seine Helferinnen stellten alle Geschenke, die bei der folgenden Tour an die Kinder zu verteilen waren, in eine Reihe. Der Weihnachtsmann nahm seine Liste mit den Wünschen und Anschriften der Kinder und verglich vorsichtshalber nochmals die Adressen der Kinder auf den Wunschzetteln mit den auf den Päckchen vermerkten Anschriften. Alles stimmte überein.
Jetzt packte er Päckchen für Päckchen sorgfältig in seinen großen Sack und lud den Sack auf seinen Weihnachtsschlitten. Das war für ihn eine anstrengende Sache. Gott sei Dank hatte er mit dieser Arbeit rechtzeitig angefangen.
„Weihnachtsmann“, sagte ihm eine Helferin, „du hast noch ein wenig Zeit. Die Kinder werden jetzt noch einen kleinen Mittagsschlaf machen, damit sie heute Nachmittag und heute Abend nicht zu müde sind, denn sie hatten ja vor Aufregung heute Morgen nicht besonders lange geschlafen. Lege dich doch auch noch ein wenig hin und ruhe dich aus. Ich wecke dich dann rechtzeitig.“
„Das ist ein guter Vorschlag“, erwiderte der Weihnachtsmann, „nur ein wenig Dösen, ich will ja gar nicht schlafen, nur Ausruhen.“
Die Rentiere scharrten schon mit den Hufen im Schnee und zeigten dem Weihnachtsmann damit an, dass es nun aber Zeit wäre, abzufahren. Der Weihnachtsmann rief den Tieren zu, dass er nur noch schnell seine Handschuhe von drinnen holen müsse und dass es dann sofort losgehe. Er lief schnell ins Haus, griff seine fellbesetzten Handschuhe und setzte sich dann auf den Schlitten. Eine Helferin nannte ihm auch noch die Zeit, es war genau fünf Uhr. Nach einem kurzen Peitschenknall liefen die Rentiere los, der Weihnachtsmann rief den Helferinnen noch ein donnerndes „Danke schön“ und „Hohohooo“ zu und bald war er nicht mehr zu sehen.
Nach kurzer Fahrt blickte er auf seinen Zettel, auf dem vermerkt war, welches Kind in welcher Stadt das erste sein würde, das auf dieser Tour besucht und beschenkt werden sollte. Es war Isabel. Isabel wohnte in einer kleinen Stadt, zu der außer einer Kirche, einem Einkaufsladen und drei Häusern nur noch ein Bauernhof gehörte. Und weil in dieser kleinen Stadt, also eigentlich könnte man besser sagen diesem kleinen Dorf, wenig Menschen unterwegs waren, lag auf den Straßen und Gehwegen überall dick der Schnee. Nichts war geräumt. Die Rentiere, die durch das energische Ziehen des Weihnachtsmannes an den Zügeln wussten, dass sie in diesem kleinen Dorf zum Stehen kommen mussten, hatten große Mühe, nicht wegzurutschen. Spiegelglatt war der zugefrorene kleine See am Anger gleich neben der Kirche. Sie glitten beim Bremsen über den See hinaus und kamen erst zwei Meter vor der Kirchenmauer zum Stehen.
„Das war aber knapp, meine Freunde“, sagte der Weihnachtsmann zu seinen Rentieren und wischte sich dabei die Schweißperlen, die er vor lauter Angst bekommen hatte, von seiner Stirn.
Dann stieg er vom Schlitten und stapfte im Schnee einige Meter zurück, um auf die Kirchturmuhr zu schauen. „Na Donnerwetter“, dachte er sich, „da bin ich aber schnell gewesen. Meine Helferinnen sagten mir doch, dass es fünf Uhr sei, als ich mich verabschiedet hatte. Und nun ist es hier vier Uhr, also eine Stunde früher. Da bin ich ja schneller als die Zeit gewesen. Wie ist denn so was möglich?“
Und weil er es nicht glauben konnte, lief er um den Kirchturm und entfernte sich in der nächsten Straße so weit vom Turm, bis er die Kirchturmuhr sehen konnte. Er schaute nach oben und traute seinen Augen nicht. Die Uhr zeigte sechs Uhr an. Das ist zwar eine Stunde später als die Zeit, zu der er abgefahren war, aber andererseits zwei Stunden später als die Uhrzeit auf der anderen Kirchturmseite. „Potztausend“, entfuhr es ihm. „Also nun will ich’s wissen. Ein Kirchturm hat vier Seiten, also auch vier Kirchturmuhren“, dachte er sich. Er machte sich auf den Weg zur dritten und vierten Seite des Kirchturms. Zu seiner vollkommenen Verblüffung zeigten die Uhren Nummer drei und vier jeweils eine ganz andere Zeit an. Die Uhr Nummer drei nämlich 11 Uhr und die Uhr Nummer vier zeigte 1 Uhr.
Der Weihnachtsmann nahm trotz der Kälte und des einsetzenden erneuten Schneefalls seine Mütze ab und kratzte sich am Kopf. Welche Zeit mochte wohl stimmen? Er schob den linken Ärmel seines dicken roten Mantels zurück und wollte auf seine Armbanduhr schauen. Aber er hatte seine Armbanduhr nicht um gemacht. Er erinnerte sich, dass seine Helferinnen ihm gesagt hatten, dass ein Weihnachtsmann am Heiligen Abend keine Armbanduhr trägt. Das gehört sich nicht. Aber wie spät ist es nun wirklich?
Dann fiel ihm ein, dass es doch das Einfachste wäre, an einer Haustür zu klingeln und nach der Uhrzeit zu fragen. Das wollte er auch sofort machen. Er musste unbedingt wissen, wie spät es inzwischen war, denn Isabel wartete doch auf ihn. Und Kinder am Weihnachtsabend unnötig lange auf den Weihnachtsmann warten zu lassen, gehört sich nicht!
Er klingelte bei Familie Bernhauer. Vater Bernhauer öffnete die Tür und bat den Weihnachtsmann sofort ins Haus. Der Weihnachtsmann hatte große Mühe, Herrn Bernhauer zu erklären, dass er sicherlich keine Zeit habe, da er ja auf dem Weg zu Isabel sei und nur wissen wolle, wie spät es ist, denn ... Und dann erklärte er ihm seine Schwierigkeiten mit den angezeigten Zeiten an der Kirchturmuhr und seiner nicht vorhandenen Armbanduhr.
Читать дальше