Michael Groß - Der Lizenzvertrag
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Die neue GVO der EU-Kommission zu Technologietransfer-Vereinbarungen und die entsprechenden Leitlinien werden ausführlich
kommentiert; die Texte sind im Anhang abgedruckt.
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IV. Haftung des Verkäufers von Rechten ab 1.1.2002
1. Hauptpflichten
358
Der Rechtskauf (z.B. Kauf von Patenten) richtet sich nach § 453 BGB n.F. (vor dem 1.1.2002: § 433 Abs. 1 S. 2 BGB a.F.). Der Käufer z.B. eines Patents muss Besitzer der Erfindung werden, ohne dass der Käufer über den Inhalt der Offenlegungsschrift/des erteilten Patents hinaus Anspruch auf die Überlassung des Know-how des Verkäufers hat.149
Dem Käufer obliegt als Hauptpflicht die Zahlung des Kaufpreises. Wird der Kaufpreis wie bei einem Lizenzvertrag die Lizenzgebühr („erfolgsabhängig/in Raten“) entrichtet, was relativ häufig vorkommt (in ca. 50 % der Fälle, die der Verfasser bearbeitet hat), um wie bei der Lizenz das Risiko des Käufers zu minimieren, ist auch das neue EU-Kartellrecht für Lizenzverträge zu beachten.150 Die ursprüngliche Unmöglichkeit richtet sich jetzt nach § 311a Abs. 1 BGB n.F.151
Die Bestandshaftung ist jetzt in §§ 437, 435, Satz 1, 433 Abs. 1, S. 2, 453 Abs. 1 BGB n.F.152 geregelt. Neu ist jetzt, dass § 437 Nr. 3 BGB n.F. auf § 280 Abs. 1 BGB n.F. verweist und somit Schadensersatz grundsätzlich nur dann verlangt werden kann, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung zu vertreten hat.
Der Käufer des Rechts kann unter den Voraussetzungen (insbes. Fristsetzung) der § 437 Nr. 2 i.V.m. § 323 BGB n.F. vom Kauf zurücktreten.153
Bei Verzug ist die Ablehnungsandrohung (§ 326 Abs. 1 BGB a.F.) entfallen und (auch) bei Geldforderungen eine Mahnung erforderlich bzw. möglich, § 280 Abs. 2 i.V.m. § 286 BGB n.F.154
2. Nebenpflichten
359
Die vor dem 1.1.2002 geltenden Grundsätze der positiven Vertragsverletzung bei Verletzung von Nebenpflichten (z.B. Nichtangriff der gekauften Rechte, Mitteilung von Verbesserungen/Weiterentwicklungen, Ausübungspflicht bei umsatzabhängigen Lizenzgebühren155) werden jetzt von § 280 BGB erfasst.156
3. Mängelhaftung
360
Die Sachmängelhaftung und die Haftung für zugesicherte Eigenschaften richten sich nach §§ 437, 280 i.V.m. § 276 Abs. 1, Satz 1 BGB n.F. § 281 BGB n.F. ist wieder zu beachten.157
Die Rechtsmängelhaftung ist jetzt158 in § 313 BGB n.F. für die Fälle der Abhängigkeit des verkauften Rechts von einem anderen Recht und bei Verkauf nicht bekannter Vorbenutzungsrechte und im Übrigen in §§ 453, 435, 433 Abs. 1, 2, 437 BGB n.F. geregelt.159
Der Bundesgerichtshof160 sah nach altem Recht (§§ 434, 440, 442, 325, 326 BGB n.F.) bei dem Verkauf einer Bauschuttsortieranlage einen Rechtsmangel der Kaufsache bei einer behaupteten Patentverletzung bereits dann als dargetan und bewiesen an, wenn feststeht, dass einem Dritten ein Schutzrecht zusteht, kraft dessen er allein befugt ist, einen Gegenstand, wie er verkauft worden ist, zu benutzen. Beruft sich hingegen der Verkäufer darauf, dass der Patentinhaber sein Recht nicht mehr geltend machen könne, weil es erschöpft ist oder er der Benutzung zugestimmt hat, so trifft ihn hierfür die Darlegungs- und Beweislast. Verletzt der gekaufte Gegenstand das Patent eines Dritten, ist es grundsätzlich interessengerecht, dem Verkäufer zunächst Gelegenheit zu geben, den Rechtsmangel zu beseitigen, bevor dem Käufer das Recht zugebilligt wird, sich vom Vertrag zu lösen und Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu verlangen oder vom Vertrag zurückzutreten.
149Ann/Barona, Rn. 165. 150Art. 1 Abs. 1b) 2 GFTT, R 49, 51, 53 LL und Rn. 42 des 1. Entwurfs der LL, vom Oktober 2003, der Art. 6 der (alten) GFTT Nr. 240/96 aufgreift. 151Bisher: §§ 306, 307 BGB a.F.; siehe oben Rn. 64. 152Bisher: §§ 437, 440, 445, 320, 327 BGB a.F. 153Bisher: Rücktritt ebenfalls möglich, Ann/Barona, Rn. 169. 154Ann/Barona, Rn. 154. 155Währungsbetrag je verwertetes Stück oder Prozentsatz vom definierten Umsatz; Ann/Barona, Rn. 177–179 m.w.N. 156S.o. Rn. 91, 64 ff., 90. Das OLG Zweibrücken, 28.8.2003, GRUR-RR 2004, 141 = NJOZ 2004, 391, bejaht die Verletzung einer Nebenpflicht des Inhabers eines Markenrechts, wenn dieser den Schutzbereich der lizenzierten Marke ungerechtfertigt einschränkt. 157S.o. Rn. 331. 158Bisher: §§ 434, 437, 440 BGB a.F.z.B. für widerrechtliche Entnahme, Beschlagnahme des Rechts, vor dem Kauf mit Wirkung für den Käufer erteilte Lizenzen, Lizenzbereitschaftserklärung, Zwangslizenz, Benutzungsanordnung. 159Ann/Barona, Rn. 185 f. m.w.N.; Möller, GRUR 2005, 468 ff. 16024.10.2000, GRUR 2001, 407 ff. m.w.N.
I. Allgemeines
361
Wie bereits dargestellt,1 gibt die ausschließliche Lizenz dem Lizenznehmer das auch gegen Dritte wirkende Recht, in einem bestimmten Gebiet des Marktes den Lizenzgegenstand alleine zu benutzen. Diese dingliche Wirkung der ausschließlichen Lizenz2 hat Auswirkungen, die von erheblicher Bedeutung sind, insbesondere hinsichtlich der Rechte und Befugnisse des Lizenznehmers. Bei der folgenden Darstellung wird dabei nicht zwischen der ausschließlichen und der alleinigen Lizenz unterschieden, da die alleinige Lizenz nur ein Sonderfall der ausschließlichen Lizenz ist.3
1Vgl. Rn. 36. 2Vgl. dazu BGH, 23.3.1982, GRUR 1982, 411, 413; LG Mannheim, 27.2.2009, GRUR-RR 2009, 222 = Mitt. 2010, 25 ff. – Erklärung des Patentinhabers gegenüber einer Standardisierungsorganisation, jedem Interessenten zu fairen, angemessenen und nicht diskriminierenden Bedingungen eine Lizenz zu erteilen, ist keine dingliche Verfügung über das Patent, sondern bewirkt allenfalls schuldrechtliche Verpflichtungen im Sinne eines pactum de non petendo, die nicht dem Sukzessionsschutz nach § 15 Abs. 3 PatG unterfallen; BGH, 26.3.2009, BGHZ 180, 344, 353 (20) = GRUR 2009, 946, 948 = NJW-RR 2010, 186, 189 = ZUM 2009, 852, 854 = CR 2009, 767 ff. – Reifen Progressiv; letztere Entscheidung geht davon aus, dass das einfache (urheberrechtliche!) Nutzungsrecht – wie auch das ausschließliche Nutzungsrecht – keinen schuldrechtlichen, sondern dinglichen Charakter habe; der dingliche Charakter der einfachen (urheberrechtlichen!) Lizenz wird in einer weiteren BGH-Entscheidung, GRUR 2010, 628, 631 = ZUM 2010, 580, 583 – Vorschaubilder, bestätigt; siehe ausführlich zum Sukzessionsschutz für Lizenzen im Immaterialgüterrecht Marotzke, ZGE/IPJ 2 (2010), 234 f., der aber davon ausgeht, dass der, der Lizenzen als dingliche Rechte einordnen möchte, aus dieser dogmatischen Betrachtungsweise keine Rechtsfolgen ableiten dürfe, die im Widerspruch zu einer einschlägigen spezialgesetzlichen Regelung ständen; siehe zur Verdinglichung lizenzvertraglicher Vertriebsregelungen (Marken) auch Fröhlich, MarkenR 2010, 241 ff.; OLG München, 20.5.2010, Mitt. 2011, 1 f. – Zinkelektrode: Lizenzgeber ist der materiell berechtigte Inhaber und nicht der formell berechtigte Anmelder (§ 15 PatG). Vgl. auch LG Mannheim, 23.4.2010, GRUR-RR 2011, 49 ff., das zu Recht davon ausgeht, dass eine in einem dem ausländischen Recht unterstellten Lizenzvertrag aufgenommene Klausel eines „covenant not to sue“ ein schuldrechtlicher Prozessvertrag ist, der sich nach dem Verfahrensrecht des Gerichtsortes, hier deutsches Recht, richtet. Auch geht das LG Mannheim davon aus, dass der Rechtsnachfolger in das so lizenzierte Patent mangels gesetzlicher Normierung und wegen fehlender Publizität nicht an ein solches Stillhalteabkommen gebunden ist. Auch § 15 Abs. 3 PatG findet auf derartige, kein positives Benutzungsrecht gewährende Klauseln keine Anwendung. Siehe auch LG Mannheim, GRUR-Prax. 2011, 149, zum verneinten Sukzessionsschutz bei deutschem Anteil (eines europäischen Patents), der übertragen wurde, nachdem FRAND-Erklärungen gegenüber ETSI abgegeben worden waren. Adolphsen/Tabrizi, GRUR, 2011, 384 ff.; BGH, Urt. v. 19.7.2012, NJW 2012, 3301 ff. – M2Trade = CR 2012, 572 ff. = Mitt. 2012, 466 ff. = ZUM 2012, 782 ff.; BGH, Urt. v. 19.7.2012, Mitt. 2012, 469 ff. – Take Five = CR 2012, 575 ff. = ZUM 2012, 788 ff.; Trimborn, MarkenR 2012, 460 ff.; Szalai, ZUM 2012, 790 ff.; Klawitter, GRUR-Prax 2012, 425 ff.; Haedicke, Mitt. 2012, 429 ff.; Cepl, GRUR-Prax 2012, 393; Czychowski/Nordemann, GRUR-RR, 2012, 233 ff., 234; dies., NJW 2013, 756 ff., 759; Rieken/Conraths, MarkenR 2013, 63 ff.; Seegel, CR 2013, 205 ff.; Greifeneder/Veh, WRP 2014, 17 ff.; McGuire/Kunzmann, GRUR 2014, 11 ff.; die Fülle dieser Aufsätze zeigt die hohe Praxisrelevanz der BGH-Entscheidungen M2Trade und Take Five. In der Lizenzvertragspraxis wurden allerdings seit vielen Jahren schon Regelungen eingesetzt, die z.B. den Bestand von Unterlizenzen vom Bestand der Hauptlizenz abhängig machen oder dem Hauptlizenzgeber und dem Unterlizenznehmer beim Wegfall der Hauptlizenz/des Hauptlizenznehmers unter bestimmten Bedingungen es ermöglichen, dass Hauptlizenzgeber und Unterlizenznehmer in den Unterlizenzvertrag bzw. in den Hauptlizenzvertrag eintreten können. Auch ist der Hauptlizenzgeber beim Wegfall der Hauptlizenz nicht schutzlos: Ihm stehe nach Auffassung des BGH, Urt. v. 19.7.2012, NJW 2012, 3301 ff., 3303, Rn. 26, dann noch gegen den Hauptlizenznehmer nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB ein Anspruch auf Abtretung des gegen den Unterlizenznehmer bestehenden Anspruchs auf ausstehende Lizenzzahlungen zu. Im Falle der Insolvenz des Hauptlizenznehmers bestünde dieser Anspruch auch dann, wenn der Insolvenzverwalter gem. § 103 Abs. 1 InsO die Nichterfüllung des Haupt-, aber die Erfüllung des Unterlizenzvertrags wählt. Vgl. auch Rn. 495 zur Unterlizenz bei Insolvenz des Lizenznehmers und Rn. 494, Fn. 64 zur Insolvenz des Lizenzgebers. Spindler, CR 2014, 557 ff.; Dombrowski, GRUR-Prax 2017, 43. 3Vgl. dazu oben Rn. 38.
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