Michael Groß - Der Lizenzvertrag

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Dieses bewährte Werk stellt das gesamte, weitgehend von der Praxis entwickelte Lizenzvertragsrecht mit Schwerpunkt auf dem Kartellrecht dar. Es behandelt Verträge über die Einräumung von Benutzungs-, Herstellungs- und Vertriebsrechten an einem Patent, einem Software-Urheberrecht, einem Gebrauchsmuster, einem Geschmacksmuster sowie an einer Marke und geht auf Auslandslizenzen ein. Die Neuauflage berücksichtigt die aktuelle Literatur und Rechtsprechung.
Die neue GVO der EU-Kommission zu Technologietransfer-Vereinbarungen und die entsprechenden Leitlinien werden ausführlich
kommentiert; die Texte sind im Anhang abgedruckt.

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347

Entsprechend dieser Auffassung war dem Lizenznehmer ein Wahlrecht zwischen Kündigung und Minderung einzuräumen, sofern in das Lizenzrecht durch das Vorbenutzungsrecht nicht nur unerheblich eingegriffen wurde oder die Auswirkungen nicht eindeutig überschaubar waren.130 Das Kündigungsrecht und das Recht auf Minderung konnten dabei ohne Schwierigkeiten aus dem Pacht- und Mietrecht abgeleitet werden.131 Einen Anspruch auf Schadensersatz hatte der Lizenznehmer nur, wenn den Lizenzgeber ein Verschulden traf.

(c) Auswirkungen auf die einfache Lizenz

348

Zu der Frage der Auswirkung eines Vorbenutzungsrechts auf eine einfache Lizenz lagen, soweit ersichtlich, keine gerichtlichen Entscheidungen vor. In diesem Fall war das Vorliegen eines Vorbenutzungsrechtes auch weniger schwerwiegend, weil der Inhaber einer einfachen Lizenz ohnedies damit rechnen musste, dass weitere Lizenzen erteilt werden. Dementsprechend wurden in der Literatur dem Lizenznehmer regelmäßig keine Ansprüche gegen den Lizenzgeber zugestanden, weil der vertragsgemäße Gebrauch weder ganz noch teilweise entzogen wurde.132 Rasch 133 wollte jedoch in diesem Fall dem Inhaber einer einfachen Lizenz das Recht zur Minderung und auch zur Kündigung geben. Er begründete dies damit, dass weitere Lizenzen nur gegen Entgelt erteilt werden dürfen, während das Vorbenutzungsrecht unentgeltlich sei und daher dem Berechtigten Konkurrenzvorteile verschaffe. Abgesehen davon, dass der Inhaber des Vorbenutzungsrechtes häufig Entwicklungskosten zu tragen hat, besteht auch bei Erteilung einer einfachen Lizenz die Gefahr, dass sich die Konkurrenzlage zuungunsten des Lizenznehmers verschlechtert. Dem Lizenznehmer wird durch die einfache Lizenz lediglich ein Benutzungsrecht am Monopolrecht des Patentinhabers eingeräumt. Die Absicht, einen Vorsprung vor der Konkurrenz zu erlangen, wird zwar oftmals für den Lizenznehmer Beweggrund zum Abschluss des Vertrages sein, die Sicherung des Konkurrenzvorsprungs ist jedoch in der Regel nicht Vertragsinhalt. Ein evtl. Vorsprung kann schon durch die Erteilung weiterer Lizenzen verloren gehen. Wird die Produktion durch das Bestehen eines Vorbenutzungsrechtes für den Lizenznehmer unrentabel, so kann er aufgrund allgemeiner Grundsätze ggf. kündigen, weil es ihm nicht zugemutet werden kann, mit Verlust zu arbeiten.

(4) Zwangslizenz

(a) Allgemeines

349

Eine Zwangslizenz wird nach § 24 des Patentgesetzes auf Antrag eines Lizenzsuchers erteilt, wenn die Erteilung im öffentlichen Interesse geboten ist und der Patentinhaber sich weigert, die Benutzung der Erfindung dem Lizenzsucher zu gestatten, der sich erbietet, eine angemessene Lizenz zu zahlen. Das Patent muss jedoch bereits erteilt sein.134

Das öffentliche Interesse, das zur Erteilung einer Zwangslizenz erforderlich ist, kann auf den verschiedensten Gründen beruhen.135

(b) Auswirkungen auf die ausschließliche/alleinige Lizenz

350

Über die Auswirkung einer nachträglich erteilten Zwangslizenz auf eine bereits bestehende ausschließliche oder alleinige Lizenz war, soweit ersichtlich, bisher nur eine Entscheidung ergangen.136 In der Literatur waren die Auffassungen hierüber geteilt. Pietzcker , Krausse/Katluhn/Lindenmaier und Isay wollten dem ausschließlichen Lizenznehmer in der Regel nur ein Minderungsrecht und bei Vorliegen besonderer Umstände ein Rücktrittsrecht einräumen.137 Klauer/Möhring räumte dem Lizenznehmer einen Anspruch gegen den Lizenzgeber auf Übertragung der diesem aus der Zwangslizenz zustehenden Gebühren ein.138 Nach Reimer konnte der Lizenznehmer nach seiner Wahl entweder Abtretung des dem Patentinhaber gegen den Zwangslizenznehmer zustehenden Anspruchs auf Zahlung der Vergütung oder Minderung seiner Lizenzgebühr verlangen. Ein Kündigungsrecht (Rücktrittsrecht) konnte nach Auffassung Reimers nur in seltenen Ausnahmefällen zugebilligt werden.139 Rasch hielt schließlich ein Wahlrecht zwischen Kündigung und Minderung für gegeben.140

351

Die nachträgliche Erteilung einer Zwangslizenz hatte für den Inhaber der ausschließlichen Lizenz ähnliche Wirkungen wie die nachträgliche Feststellung des Vorbenutzungsrechts. Dem Lizenznehmer war daher bei nachträglicher Erteilung einer Zwangslizenz ebenfalls ein Minderungsrecht zuzubilligen.141 Es musste ihm auch ein Kündigungsrecht zustehen, es sei denn, dass die Beeinträchtigung durch die Zwangslizenz nur geringfügig war.142 Zu welchem Zeitpunkt die Kündigung des Vertrages zulässig ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Dies ist spätestens mit der Rechtskraft der Erteilung der Zwangslizenz der Fall, u.U. jedoch schon früher, wenn sich z.B. durch die bevorstehende Erteilung der Zwangslizenz die Ausnutzung des dem Lizenzvertrag zugrunde liegenden Patents verbietet.

352

Der von Wertheimer vertretenen Auffassung, dass der „Rücktritt“ u.U. für einen Zeitpunkt ausgesprochen werden konnte, der vor der Rücktrittserklärung lag, konnte nicht gefolgt werden. Wertheimer wollte in Fällen, in denen der Lizenznehmer erst nachträglich feststellte, dass der Absatz des Lizenzgegenstandes infolge einer Zwangslizenz nicht mehr möglich war, den „Rücktritt“ mit Wirkung für den Zeitpunkt zulassen, zu dem die Produktion tatsächlich unrentabel wurde.143 Für eine derartige Konstruktion ließ sich jedoch kein Rechtsgrund finden; sie war unserem Recht fremd. Es bestand auch kein Bedürfnis hierfür, weil der Lizenznehmer ein riskantes Geschäft eingegangen war und es daher nicht gerechtfertigt war, jegliches Risiko dem Lizenzgeber aufzuerlegen.

353

Im Gegensatz zum Vorbenutzungsrecht erhält der Patentinhaber für die Zwangslizenz eine Lizenzgebühr. Nach dem allgemeinen Grundsatz des § 281 BGB a.F. konnte man dem Lizenznehmer daher neben der Kündigung wahlweise einen Anspruch auf Abtretung der Forderungen des Patentinhabers gegen den Inhaber der Zwangslizenz auf die Zwangslizenzgebühren einräumen.144 Ein Verschulden setzte § 281 BGB a.F. nicht voraus. Es handelte sich um einen Anspruch, der nicht kraft Gesetzes entstand, sondern erst durch das Verlangen des Berechtigten (Lizenznehmers).

(c) Auswirkungen auf die einfache Lizenz

354

Durch die Erteilung einer Zwangslizenz wird dagegen die rechtliche Stellung des Inhabers einer einfachen Lizenz meist nicht geschmälert. Ob neben einer erteilten einfachen weitere Lizenzen vergeben werden, hängt in der Regel vom Willen des Patentinhabers ab; der Inhaber einer einfachen Lizenz hat hierauf keinen Einfluss. Er muss mit der Möglichkeit der Erteilung weiterer Lizenzen rechnen. Ob dies durch die vertragliche Vereinbarung oder durch eine Zwangslizenz geschieht, ist unerheblich. Der Inhaber einer einfachen Lizenz kann daher nach allgemeiner Ansicht aus der nachträglichen Erteilung einer Zwangslizenz keine besonderen Rechte herleiten.

(5) Wirkungsbeschränkung des Patents im Interesse der öffentlichen Wohlfahrt und der Staatssicherheit

(a) Allgemeines

355

Im Interesse der öffentlichen Wohlfahrt und der Staatssicherheit kann die Bundesregierung bzw. die zuständige Bundesbehörde die Wirkung des Patents beschränken. Hierdurch wird das Ausschließlichkeitsrecht des Patentinhabers, je nach dem Umfang der Beschränkung, aufgehoben.145 Der Patentinhaber hat dann einen Anspruch auf angemessene Vergütung gegen den Bund. Die Benutzung des Patentgegenstands kann Dritten, die durch die zuständigen Behörden zu bestimmen sind, eingeräumt werden; der Patentinhaber ist insoweit nicht mehr in der Lage, dem Inhaber einer ausschließlichen Lizenz die Möglichkeit der ausschließlichen Benutzung einzuräumen. In ihrer Wirkung kommt die Beschränkung durch behördliche Anordnung einer Zwangslizenz gleich, wenn auch die rechtliche Konstruktion eine andere ist. Das Reichsgericht sprach bei dieser Beschränkung ursprünglich von einer Enteignung, später von einem besonders geregelten Fall der Zwangslizenz.146

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