von
Rechtsanwalt Dr. jur.Michael Groß
München
12., aktualisierte und erweiterte Auflage 2020
Fachmedien Recht und Wirtschaft | dfv Mediengruppe | Frankfurt am Main
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ISBN: 978-3-8005-1723-7
© 2020 Deutscher Fachverlag GmbH, Fachmedien Recht und Wirtschaft, Frankfurt am Main
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Satzkonvertierung: Lichtsatz Michael Glaese GmbH, 69502 Hemsbach
Druck und Verarbeitung: Beltz Bad Langensalza GmbH, 99947 Bad Langensalza
Printed in Germany
Lizenzverträge, d.h. Verträge über die Einräumung von Benutzungs-, Herstellungs- und Vertriebsrechten an einem Patent, einem Gebrauchsmuster, einem Softwareurheberrecht oder Geschmacksmuster oder auch an einer Marke, sind seit langer Zeit wichtiger Bestandteil des modernen Wirtschaftslebens. Dennoch bereitet der Abschluss von Lizenzverträgen häufig Schwierigkeiten. Dies ist insbesondere darauf zurückzuführen, dass Lizenzverträge von der Praxis entwickelt wurden und im Gesetz keine detaillierte Regelung gefunden haben. Erschwerend kommt hinzu, dass Lizenzverträge regelmäßig mit hohen Risiken verbunden sind.
Die Ausführungen zur Haftung vor dem 1.1.2002 und zum Kartellrecht zur GFTT 240/96 und zur GFT 772/2004 wurden weiterhin mitberücksichtigt, da die Lizenzverträge sehr häufig 20 Jahre und länger laufen und somit die bisherige Rechtslage weiterhin relevant ist. Beim Kartellrecht empfiehlt sich die Berücksichtigung auch der bisherigen GFTT, da es kaum relevante Rechtsprechung gab und gibt.
Vor allem aufgrund der Gruppenfreistellungsverordnung Nr. 772/2004 der EG-Kommission für Lizenzverträge vom 27.4.2004 (GFTT), die am 1.5.2004 in Kraft getreten ist und der neuen Gruppenfreistellungsverordnung Nr. 316/2014 vom 21.3.2014 (TT-GVO), die am 1.5.2014 in Kraft getreten ist, sind bei der Diskussion über Lizenzverträge kartellrechtliche Fragen noch mehr in den Vordergrund getreten, als dies nach der bis zum 30.4.2004 geltenden GVO Nr. 240/96 schon der Fall war. Ferner ist die Gruppenfreistellungsverordnung für juristische Laien kaum und selbst für den mit der Materie vertrauten Juristen nur schwer verständlich. Es erfolgte ein Paradigmenwechsel. Es gilt seit dem 1.4.2004 das Prinzip der Legalausnahme. In Verbindung mit der ebenfalls am 1.5.2004 in Kraft getretenen VO Nr. 1/2003, die das neue grundlegende Kartellrecht in der EU verkörpert, wurde zwar für Lizenzverträge (Patente-, Know-how- und erstmals auch für Geschmacksmuster- und Softwareurheberrechtslizenzen) ein neuer Ansatz gesucht. Dieser neue Ansatz spiegelt sich u.a. auch in den umfangreichen Leitlinien bereits zu der GFTT und auch in der TT-GVO jetzt wider. Jedoch ist die erstmalige Einführung von Marktanteilsschwellen bei den Anwendern schon vor dem Inkrafttreten der GFTT auf Unverständnis gestoßen und wird eher den Technologietransfer hemmen als fördern.
Die Texte der VO (EU) Nr. 1217/2010 für Forschungs- und Entwicklungsvereinbarungen vom 14.12.2010 sowie die Leitlinien über Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit in der korrigierten Form vom 14.1.2011 wurden im Anhang mit aufgenommen.
Den steuerlichen Teil hat wieder Herr Steuerberater Prof. Dr. Günther Strunk, Hamburg, überarbeitet und aktualisiert, die Fragen der Genehmigungspflicht bei Auslandsverträgen wurden von Herrn Branislav Aleksic, München, bearbeitet. Herrn Aleksic und Herrn Prof. Dr. Strunk ist für ihre wertvolle Mithilfe sehr zu danken.
Der Anhang wurde durch wichtige Regelungen und erstmalig durch einige Vertragsmuster ergänzt. Die Checkliste wurde aktualisiert.
München, im Juni 2020 |
Dr. Michael Groß |
Einleitung:
Die Bedeutung des Lizenzvertrages
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Der Lizenzvertrag hat im modernen Geschäftsleben eine wesentliche Bedeutung erlangt, die ständig zunimmt.1 Dies gilt sowohl für Firmen innerhalb der Bundesrepublik als auch im Verhältnis der Industrieländer untereinander und auch im Verhältnis der Industrieländer zu den Entwicklungsländern. Die Bedeutung der Lizenzverträge lässt sich sowohl aus den zahlreichen Entscheidungen und Mitteilungen über Lizenzverträge entnehmen als auch aus der Entscheidung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die Gruppenfreistellungsverordnung für Technologietransfer-Vereinbarungen zu erlassen.2 Nicht zuletzt ist in diesem Zusammenhang darauf zu verweisen, dass auch die Entwicklungsländer (Gruppe der 77) bereits in der sog. Aruscha-Deklaration3 die Bedeutung der Übernahme von Technologie und damit die Bedeutung der Lizenzverträge betonen.4
Dementsprechend erheblich ist der Umfang des Austausches von durch Schutzrechte geschützter Technologie. Das Volumen des Handels mit Lizenzen in der Bundesrepublik belief sich z.B. für das Jahr 2008 auf ein Gesamtvolumen von 59,2 Milliarden EUR, wovon freilich der größere Teil, nämlich 31,2 Milliarden EUR, als Einnahme verzeichnet werden konnte.
In einer Studie des Europäischen Patentamts und des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt wurde im September 2013 festgestellt, dass „der Anteil der schutzrechtsintensiven Industriezweige an der gesamten Wirtschaftstätigkeit der Union 39 % des Bruttoinlandsprodukts“ beträgt. Es handelt sich um 4,7 Billionen Wertschöpfungen pro Jahr. 56 Mio. (26 %) Arbeitsplätze sind direkt betroffen. 321 Branchen sind nach dieser Studie schutzrechtsintensiv. So stehen Patente z.B. bei motorisch angetriebenen Handwerkzeugen, der pharmazeutischen und der chemischen Industrie im Vordergrund. Marken, Designrechte und Urheberrechte kommen ebenfalls erhebliche Bedeutung zu. In den USA kam eine ähnliche Studie vom April 2012 zu entsprechenden Ergebnissen.5
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Die Gründe für den Abschluss von Lizenzverträgen sind verschiedener Art. So kann es sein, dass ein Erfinder selbst nicht in der Lage ist, ein Patent auszuwerten, da er nicht über das nötige Kapital und die erforderlichen Fabrikationsanlagen verfügt. Will er sein Patent verwerten, ohne es ganz zu veräußern, so bietet es sich an, das Recht zur Herstellung seiner Erfindung gegen Zahlung einer Entschädigung einem Unternehmer zu lizenzieren.
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Auch Industrieunternehmen lassen ihre patentierten Erfindungen in zunehmendem Maße durch andere Firmen im Ausland herstellen. Wichtige Gründe hierfür sind z.B., dass die Produktionskosten, beispielsweise die Lohnkosten, im Ausland wesentlich niedriger sind und billige Rohstoffe vorhanden sind, deren Bearbeitung an Ort und Stelle kostengünstiger ist als am Sitz des Lizenzgebers.6 Ein weiterer Grund für die Lizenzvergabe kann die Einfuhrpolitik bestimmter Länder sein, wenn diese beispielsweise die Einfuhr bestimmter industrieller Erzeugnisse erschweren oder verbieten, die Lizenzerteilung an ihre Staatsangehörigen dagegen zulassen. In diesen Ländern herrscht häufig Devisenknappheit. Sie versuchen deshalb, Güter selbst herzustellen, sind jedoch aus eigener Kraft dazu nicht immer imstande. Ein Nachbau von Erzeugnissen – soweit ein Patentschutz nicht gegeben ist – ist insbesondere in Entwicklungsländern jedoch aus technischen Gründen nicht ohne Weiteres möglich. Man hilft sich insoweit durch den Abschluss von Verträgen, durch die der Lizenzgeber verpflichtet wird, technische Hilfe zu leisten, indem er seine Konstruktionsunterlagen, Herstellungsunterlagen, Zeichnungen, Anweisungen und dgl. zur Verfügung stellt und den Lizenznehmer bei der Herstellung berät. Unter Umständen geht man auch noch weiter und verpflichtet den Lizenzgeber, Fachkräfte, die den Aufbau der Produktion überwachen, zu entsenden und Arbeiter des Lizenznehmers in seinem Betrieb auszubilden. Auch die Lieferung von Werkzeugen, Maschinen, Produkten, die im Land selbst nicht hergestellt werden können, und Vorrichtungen sowie die Überlassung von Marken werden vereinbart.
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