Gleichwohl geht mit sozialen Netzwerken auch die Furcht vor dem Shitstorm und neuerdings „Hatespeech“ einher. Tatsächlich sind in den vergangenen Jahren vermehrt die Schattenseiten von Social Media deutlich geworden. In ihnen bilden sich schnell sogenannte Filterblasen, die die menschliche Neigung bedienen, sich nur mit Gleichgesinnten zu umgeben und die eigene Meinung bestätigen zu lassen. Beste Voraussetzungen für die Entstehung von Verschwörungstheorien, die Abschottung von Weltbildern und im schlimmsten Fall auch für die Entstehung von Hass und Hetze. Manche werden sich erinnern: In ihren frühen Jahren wurden das Internet und die sozialen Netzwerke noch als Demokratisierungsmaschine gefeiert, die den Menschen größere Chancen auf Bildung und politische Teilhabe verschafft. Nun ist die Ernüchterung groß. Soziale Netzwerke sind nicht mehr und nicht weniger als ein gewaltiger Multiplikator, sowohl für negative, aber auch positive Effekte. Wie überaus konstruktiv sich Social Media gesellschaftlich auswirken können, hat ebenfalls die Corona-Krise gezeigt, als Nachbarschaftsnetzwerke über Nacht wie Pilze aus dem Boden schossen, um hilfsbedürftige Menschen zu unterstützen. Auch für den demokratischen Diskurs spielen Online-Netzwerke eine bedeutende Rolle. So bieten beispielsweise lokale Facebook-Gruppen oftmals einen Resonanzraum für öffentliche Diskussion und kritischen Austausch. Wie gut dies vor Ort funktioniert, hängt meistens von Einzelpersonen ab und deren Begabung, fair und konstruktiv zu moderieren.
Soziale Netzwerke können insoweit durchaus einen Beitrag leisten für mehr Bürgernähe und die Förderung lokalen Engagements. Dies zu begleiten und voranzutreiben, setzt allerdings eine grundlegend andere Ansprache voraus. Kommunikation in sozialen Netzwerken zeichnet sich vor allem durch Interaktion und Dialog auf Augenhöhe aus. Der Austausch im Netz wird daher gerne mit einem Marktplatz verglichen, einem halb öffentlichen Ort, an dem eine Vielzahl an Einzelgesprächen gleichzeitig stattfindet. Wer also wissen will, was die Menschen umtreibt und worüber sie sich unterhalten, sollte sich ebenfalls auf den Marktplatz begeben.
Für die Kommunikation einer Kommune bringt das neue Anforderungen mit sich. So ist die klassische Pressearbeit durch das Zusammenspiel mit professionellen Journalisten und das Leitprinzip möglichst großer Sachlichkeit geprägt. Beim direkten Austausch mit Usern im Netz sind hingegen auch Menschliches, Humor und Emotionen gefragt, beispielsweise ein Video vom Karneval im Rathaus oder ein Foto vom beliebten Ausflugsziel im Sonnenuntergang. Dies dient weniger der Information als der Imagepflege und Heimatverbundenheit.
Nicht zuletzt erhöht sich durch eine solche Ansprache in signifikantem Maße die Chance, im Netzwerk überhaupt wahrgenommen zu werden. Eine entscheidende Rolle spielen in diesem Zusammenhang die Netzwerk-Algorithmen. Sie sollen für den Nutzer vermeintlich besonders relevante Inhalte herausfiltern. Stark vereinfacht lässt sich sagen: Beiträge, auf die Nutzer reagieren, werden gepusht, Beiträge, die ohne Resonanz bleiben, verschwinden schnell aus dem Newsfeed und bleiben für einen Großteil des Publikums unsichtbar. Als wichtigstes Kriterium gilt daher für einen Social Media-Manager die „Relevanz“ der Inhalte. „Content is King“, heißt es in der Branche. Nur wenn ein Beitrag Reaktionen auslöst – messbar beispielsweise anhand Verweildauer, Interaktion oder Thementreue – kann er unbezahlt Reichweite aufbauen und wahrgenommen werden.
Für die Kommunikationsstelle bringt das erhebliche Herausforderungen mit sich. Sie muss die Rolle der externen Kommunikation definieren im Spannungsfeld zwischen sachlicher Information durch die öffentliche Verwaltung einerseits und bürgernahem, emotional getragenen Identifikationsangebot andererseits. Zudem stellt sich die Frage nach dem Aufwand. Die Kommune muss prüfen, in welchem Maße sie Inhalte für soziale Netzwerke gesondert produzieren und aufbereiten will. Mit der Pflege von Auftritten in sozialen Netzwerken geht ein erheblicher Mehraufwand einher, der bei Personalplanung und Anspruch an eine professionelle Außenwirkung berücksichtigt werden sollte.
Facebook ist das mit Abstand größte soziale Netzwerk in Deutschland. Jüngeren Auswertungen zufolge nutzen es 32 Millionen Deutsche mindestens einmal im Monat, 23 Millionen sogar täglich. Allerdings sinkt der Marktanteil in Deutschland seit einigen Jahren, insbesondere unter den Jüngeren. Nur noch die Generation der über 40-Jährigen bleibt dem Netzwerk weitgehend treu. Doch spricht trotz dieser Entwicklungen allein die pure Größe von Facebook dafür, es als wichtigen Kanal für die externe Kommunikation auf dem Schirm zu behalten. Auch weil die Verwaltung durch die Beteiligung im Netzwerk frühzeitig Themen und Stimmungen erfassen kann: In fast allen Städten und Gemeinden haben sich bei Facebook Gruppen etabliert, in denen lokale Themen ausgiebig – wenn auch nicht immer sachlich – diskutiert werden.
Um möglichst zielsicher die Interessen der Abonnenten zu treffen, hat es sich in der kommunalen Arbeit im Übrigen bewährt, themenspezifische Accounts einzurichten. Zahlreiche Kommunen betreiben eine Vielzahl verschiedener Seiten. So werden beispielsweise Theater- und Kabarettinteressierte vom Fachbereich Kultur über Programmangebote informiert, Bewohner/innen eines bestimmten Quartiers über Neuigkeiten im Stadtteil oder Ehrenamtliche aus dem Bereich Umwelt und Nachhaltigkeit über Entwicklungen in ihrem Tätigkeitsfeld. Je nach Personaltableau kann dies aber nur funktionieren, wenn auch der jeweilige Fachbereich Verantwortung für die Pflege und Bestückung der Accounts übernimmt. Maßgeblich bleibt in jedem Fall eine konzeptionelle Absprache mit den Kommunikations-Verantwortlichen.
Die Foto- und Video-App Instagram boomt. Im Gegensatz zu Facebook ist sie vor allem bei den unter 40-Jährigen zunehmend verbreitet. Bei Teenagern zwischen 16 und 19 Jahren nutzen nach einer Umfrage im Rahmen des Social-Media-Atlas‘ 2020 sogar 91 Prozent die App. Rund 20 Millionen Menschen haben sie den Daten von Facebook zufolge in Deutschland installiert. Wer andere Zielgruppen und möglicherweise auch Wählerschichten erreichen will, hat also mit Instagram einen vielversprechenden Kanal zur Hand. Wenig überraschend hat die App zuletzt auch bei den politischen Parteien Aufmerksamkeit erregt, wo sie mittlerweile fest zum Portfolio der externen Kommunikation zählt. In Städten und Gemeinden hat sich Instagram vor allem im Bereich der Imagepflege und des Tourismus etabliert. Mit ansprechenden Bildern lassen sich die schönsten Seiten der Stadt wunderbar in Szene setzen. Das stärkt die Verbundenheit mit der Heimat und macht sie für Auswärtige attraktiv. Zunehmend wird Instagram jedoch auch für Kampagnen oder inhaltliche Botschaften genutzt, die bevorzugt mit tagesaktuellen „Stories“, Grafiken oder Videos transportiert werden. Die Kunst besteht in jedem Fall darin, Inhalte zu verdichten und optisch attraktiv zu präsentieren.
Im Gegensatz zu den USA spielt Twitter in Deutschland eher eine Nebenrolle. Die Nutzerzahlen fallen mit deutschlandweit 1,4 Millionen täglich vergleichsweise gering aus. Dass Twitter dennoch immer wieder große Beachtung geschenkt wird, liegt in erster Linie daran, dass starke Multiplikatoren das Netzwerk nutzen, insbesondere Journalisten und politische Prominenz. Für die breite Ansprache der Bevölkerung in der Region dürfte Twitter hingegen nicht das Mittel erster Wahl sein. Aus kommunaler Sicht können über Twitter jedoch hervorragend überregional vernetzte Communities angesprochen werden. Dies bietet sich beispielsweise bei Kampagnen oder in der Projektarbeit an, etwa im Bereich Digitalisierung oder Klimaschutz.
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