„Wie — wie — im — Gefechtsstand —!“ stammelte der Häftling mit gepresster Stimme und schwerer, lallender Zunge. Aber seine eigenen Worte schlugen ihm hart und fremd an das Ohr und gruben sich tief in seinem Gedächtnis ein.
„Das Scopolamin legt ihm die Zwangsjacke an, jetzt ist er wieder draussen auf dem Gefechtsstand, und die Granaten springen wie reissende Tiere heran,“ sagte tiefatmend der Oberarzt.
„Und — und — die M. — G. — Kugeln, die huschen — wie Mäuse — durch – das dürre Herbstgras,“ lallte der Häftling.
Sein Atem ging keuchend und rasch. Sein Puls, den der Oberarzt immer noch kontrollierte, flatterte durch die Adern, stand dann wieder stille, als besinne und überlege er sich, ob es noch Wert und Zwecke hätte, weiterzuschlagen, für dieses Leben, in diesem Leibe.
„Koffein!“ schrie da der Oberarzt rauh.
Der Oberwärter rannte, seit langer Zeit zum erstenmal, trotz seiner zerschundenen Knochen durch den Saal zum Medizinschrank. Roser sah ihm, immer noch fest im Wickel liegend, mit bösem Blicke nach. Am Bette des Häftlings dachte der Arzt:
„Nein, er darf so nicht elend kaputt gehen.“
Der Oberwärter eilte wieder heran, eine Ampulle, die zugeschmolzene kleine Glasflasche mit langem Halse, in der Hand und den mit Alkohol getränkten Wattebausch. Der Oberarzt brach rasch den Glashals, der knirschend barst. Im Ohr des Häftlings klang es wie unfern ein Sprengkörper. Rasch zog der Oberarzt die Koffeinlösung in die Spritze. Der Oberwärter wusch mit Alkohol die Haut des Häftlings.
„Kein Morphium!“ sagte dieser, wie aus einem schweren Traum heraus. Er konnte sich nicht rühren und lag wie festgewachsen auf seinem Bette.
„Nein, kein Morphium, Sie sollen ja keins mehr haben,“ sagte der Oberarzt leise, dann stiess er die Nadel unter die Haut und spritzte das Koffein ein. Dann fühlte er am Handgelenk des Häftlings wieder dessen Puls.
„So!“ sagte er dann aufatmend nach einigen Minuten.
Der Puls besann sich und legte wieder Wert darauf, einigermassen zu pochen, als hätte er ein starkes, noch unbedingtes Recht ans Leben.
„Schätzle, Sie bleiben hier am Bette, bis ich andere Order gebe. Ist was los, rufen Sie mich sofort, ich verlasse das Haus heute nicht, Ihre Station übernimmt solange der Wärter Hirsch,“ befahl der Oberarzt.
„Jawohl, Herr Doktor!“ antwortete der Wärter Schätzle.
Der Oberarzt ging in den Saal hinaus. Schätzle sah ihn mit einem eigenen harten Blicke nach und murmelte:
„So hab’ ich’s noch nie gesehen und bin jetzt zweiundsünfzig Jahre alt. Wenn dem Doktor da nur kein Malheur passiert.“
Pflichtgemäss holte der Wärter Schätzle einen Stuhl und setzte sich, die Hände faltend und Gebete murmelnd — denn dieser Mann, für den er betete, tat dies ja selbst doch nicht — neben das Bett des Häftlings, bei dem es um Leben und Tod oder um noch Schlimmeres, um Sinnenverwirrung ging. Der Wärter Hirsch kam stille zur Saaltür herein, drückte diese sachte und geräuschlos wieder ins Schloss und übernahm die Station, wie ihm soeben draussen der Oberwärter befohlen hatte.
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