Konrad von Rauberg strich leicht und gütig über Amadoras Hände, die gefaltet in ihrem Schoß ruhten.
„Nichts, mein Lieb, irgendein müßiges Geschwätz geht um. Alte Familien können manches Lied davon singen. Dein Köpfchen soll solche Albernheiten nicht aufnehmen.“
Frau Luise erhob sich zum Zeichen, daß die Mahlzeit beendet war.
Franziska Kromau behielt ihre harmlose Miene bei, aufstehend wandte sie sich Amadora zu.
„Wenn dein Bräutigam nicht wünscht, daß davon gesprochen wird, dann darfst du nicht fragen; ein Mann wie er wird dir sicher nichts verschweigen, was du wissen mußt.“ Ihre Seidenbluse knackte in den Nähten. „Ich muß ja offen bekennen, ich an deiner Stelle wäre ängstlich, denn . . .“
Sie schwieg, von dem drohenden Blick Konrad von Raubergs doch etwas eingeschüchtert. Doch gleich gewann sie ihre Keckheit zurück. Der Ton, den der adlige Herr ihr gegenüber anschlug, paßte ihr ganz und gar nicht. Nun tat sie erst recht, woran er sie zu hindern versuchte.
„Stelle Sie sich doch net so an, Herr Baron“, sprudelte sie hervor, „Sie mache ja die Dore bloß ängstlich, und es ist doch wirklich nix dabei, wenn sie weiß, daß in Ihrer Familie die meisten Kinder mit einer verkrüppelten Hand zur Welt kommen, daß sie an der Rechten nur drei Finger haben.“
So, nun war ihr wohl! Sie atmete tief und befriedigt auf.
„Narrengewäsch!“ schalt Konrad von Rauberg und vermied Amadoras Blick.
„Ihr Bruder hat doch auch die Hand . . .“ trumpfte die Peinigerin auf. „Aber jetzt muß ich fort, habe zu tun daheim.“
Niemand kümmerte sich um sie, als sie ging. Stumpfes, schwüles Schweigen ließ sie hinter sich zurück.
Frau Franziska war froh, sich gleich darauf im Freien zu befinden. Ganz wohl war ihr zuletzt doch nicht gewesen. So bald durfte sie sich in der Villa der Verwandten kaum mehr blicken lassen, das wußte sie, dafür hatte sie aber die Genugtuung, dem Glück der Familie einen ordentlichen Stoß versetzt zu haben, denn alle hatten ja kreidebleich ausgesehen, als sie ihnen ihr Wissen entgegengeworfen.
Vielleicht zerbrach sogar die Verlobung daran. Schaden tat das nichts; im Gegenteil, sie wenigstens würde sich aufrichtig darüber freuen. Schadenfreude sollte ja die reinste Freude sein.
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