In der Saison 1893/94 gewinnt Celtic zwar die Meisterschaft, wird aber in der Liga von den Rangers im Ibrox Park mit 5:0 geschlagen. Am 17. Februar 1894 messen sich beide Teams im Pokalfinale. Im Hampden Park besiegen die Rangers erneut Celtic mit 3:1. Es ist Rangers’ erster Triumph im schottischen Pokal. Zu diesem Zeitpunkt ist Rangers der Klub mit dem größten Zuschauerzuspruch, auch weil viele der Anhänger der Glasgower Klubs Queen’s Park und Third Lanark sowie einiger weiterer aus dem ländlichen Umland zu Rangers konvertieren. Sie sehen den Klub als Bollwerk gegen den irisch-katholischen Einfluss im schottischen Fußball.
„Six publicans – only one glass“
1895 scheitert auf Celtics Jahreshauptversammlung ein Antrag, die Zahl der Protestanten im Team auf drei zu beschränken. Wäre der Antrag angenommen worden, wäre Celtic nie zu einer nationalen und internationalen Topadresse aufgestiegen. Als Team einer katholischen Minderheit konnte sich Celtic eine derartige Selbstbeschränkung nicht leisten. Insbesondere die Geschäftsleute in der Celtic-Führung, die längst im Klub das Sagen haben, widersetzen sich dem Antrag.
Am 25. Februar 1897 beschließt eine Mehrheit der Celtic-Mitglieder eine Umwandlung des Klubs in eine Limited Liability Company, vergleichbar einer deutschen GmbH. Celtic gehört zu den ersten Klubs in Großbritannien, die diesen Schritt vollziehen. Die von John Glass geleitete Versammlung findet in der St Mary’s Hall statt, also jenem Ort, wo Celtic zehn Jahre zuvor als „Charity-Klub“ gegründet wurde. Celtic heißt nun offiziell „The Celtic Football and Athletic Company Ltd“. Erster Boss des nun privaten Unternehmens wird John McLaughlin. Der Vorstand wird durch Michael Dunbar, John Glass, James Grant, James Kelly, John McKillop und John O’Hara komplettiert. Sechs der sieben Vorstandsmitglieder machen ihr Geld im Gastronomiegewerbe, nur John Glass nicht, der Bauunternehmer ist. Der Celtic-Vorstand gilt als „six publicans – only one glass“ („Sechs Gastwirte – aber nur ein Glas“).
Celtic gibt zunächst 5.000 Anteilsscheine zum Stückpreis von einem Pfund aus. Jedes der 201 Klubmitglieder bekommt einen An teilsschein. Der Rest bleibt in den Händen von 23 Leuten, von denen neun mit dem Beruf eines Gastwirts oder Bierbrauers aufgeführt werden.
Sieben der 23 sind Vorstandsmitglieder, die zunächst 1.400 Scheine in ihren Händen halten. Berücksichtigt man auch die Familienangehörigen der sieben Vorständler, halten sie allerdings deutlich mehr als „nur“ 1.400 Anteilsscheine. Ein Jahr später besitzen die Vorstandsmitglieder bereits 2.952 Anteilsscheine. Größter Aktionär ist mit 801 Anteilsscheinen James Grant, ein Gastwirt aus der irischen Grafschaft Antrim, der in Glasgows Stadtteil Gorbals einen Pub („Grant Arms“) besitzt. Ihm folgt der Anwalt Joseph Shaughnessy (651), einer der Gründer von Celtic und Aktivist der St Vincent de Paul Society. 1889 hatte Shaughnessy Michael Davitt als Celtic-Patron vorgeschlagen. Seine Kanzlei berät sowohl Celtic wie einige Gewerkschaften in juristischen Fragen.
Diese Besitzstruktur hat zur Folge, dass Celtic nun über Jahrzehnte von einigen Familien geführt wird – namentlich den Kellys, den Grants und den Whites. Der Besitz von John O’Hara geht nach dessen Tod 1904 zunächst auf John Glass über. 1906 stirbt auch John Glass, dessen Aktien nun Tom White erwirbt, ein Ziehkind von Glass und wie dieser in der Home Government Branch der Irish National League aktiv. White ist eng mit John Wheatley befreundet, Celtic-Fan, Labours erster Gesundheitsminister und der Mann, der in Glasgow Katholizismus und Sozialismus miteinander versöhnen wird.
Im ersten Jahr als Kapitalgesellschaft erwirtschaftet Celtic Einnahmen in Höhe von 16.267 Pfund, was ein neuer Rekord für einen britischen Fußballklub ist. Der Klub entwickelt sich zu einem blühenden Wirtschaftsunternehmen. 20 Prozent werden als Dividende ausgeschüttet. Die Dividenden, die sich die Vorstandsmitglieder einstecken, gehören zu den höchsten, die im britischen Fußball ausgezahlt werden. Die Wohlfahrtsorganisationen gehen leer aus.
Mithilfe des „frischen Geldes“ aus der Ausgabe von Anteilsscheinen erwirbt Celtic für 10.000 Pfund das Gelände, auf dem der Celtic Park steht. Damit ist Celtic der erste Klub in Schottland, der das Stadion, in dem er spielt, auch besitzt.
Willie Maley und „die beste Mannschaft der Welt“
1897 wird der erst 29-jährige „Willie“ Patrick Maley Manager von Celtic (d. h. Geschäftsführer und Trainer) und bleibt dies bis 1940. In diesen 43 Jahren, die mit Abstand längste Amtszeit eines Celtic-Trainers, gewinnt der Klub 16-mal die Meisterschaft und elfmal den Pokal. Maley arbeitet nie auf dem Platz und verfolgt die Spiele von der Tribüne aus. Weder in der Halbzeit noch nach dem Spiel spricht er zur Mannschaft. Die Aufstellung erfahren die Spieler aus der Zeitung.
Der neue Manager verändert Celtics Rekrutierungspolitik. Bis dahin hat man vor allem erfahrene Profis von anderen Vereinen gekauft, nun setzt man stärker auf junge Spieler und Eigengewächse. Maley ist der Pionier von Celtics Nachwuchsarbeit.
Zwischen 1905 und 1910 wird Celtic sechsmal in Folge Meister. In den Spielzeiten 1906/07 und 1907/08 gelingt sogar das Double aus Meisterschaft und Pokal. 1908 verkündet Maley, Celtic sei „die beste Mannschaft der Welt“, und kaum jemand will ihm widersprechen. Die Stars des Teams sind Rechtsverteidiger Alec McNair, der „Napoleon“ getaufte Läufer und Stratege Jimmy McMenemy sowie Mittelstürmer Jimmy Quinn.
Die Celtic-Fans widmen Maley später ein Lied, „The Willie Maley Song“:
Oh, Willie Maley was his name,
He brought some great names to the game, When he was the Boss at Celtic Park,
He taught them how to play football,
He made the greatest of them all …
„Hoops“ und „Old Firm“
1903 führt Celtic die sogenannten „Hoops“ (Reifen) ein: Die grünweißen Streifen sitzen nun quer. Der Klub lässt sich dabei von den Trikots inspirieren, die der ältere Hibernian FC in Edinburgh in seiner Gründungsphase getragen hat. Erstmals wird das neue Design am 15. August beim kleinen Lokalderby gegen Partick Thistle getragen. Mit den „Hoops“ gewinnt Celtic auch den Pokal der Saison 1903/04. Vor 65.000 Zuschauern im Hampden Park schlägt man Rangers mit 3:2. Zur Halbzeit hat man 0:2 zurückgelegen, aber Jimmy Quinn dreht das Spiel mit einem Hattrick. Der Flügelstürmer, der für den Klub von 1900 bis 1915 spielt, ist der erste Spieler, der im Celtic-Dress 200 Tore erzielt. In insgesamt 331 Spielen für Celtic trifft er 217-mal. Als Quinn 1945 stirbt, sagt Willie Maley über ihn: „Er war der Grundpfeiler des größten Teams, das Celtic jemals hatte.“
1904 prägt die Zeitschrift „Scottish Referee“ den Begriff von der „Old Firm“ für das Celtic-Rangers-Derby. Gemeint ist damit: Die Rivalität und die Lokalderbys seien für beide Klubs ein einträgliches Geschäft. Eine Karikatur zeigt Fans, die sich bekriegen, während die Vereinsbosse im Hintergrund einträchtig ihr Geld zählen.
In diesen Jahren absolviert Celtic seine ersten Auslandstourneen. 1903 reist die Mannschaft nach Wien und Prag, wo kontinentale Fußballmetropolen entstehen. Die vier Spiele gegen Union und AC Wien, Slavia Prag und dessen Lokalrivalen DFC werden souverän gewonnen.
1906 bereist Celtic erneut den Kontinent. Dabei trifft man erstmals auf deutsche Teams. In Leipzig besiegt Celtic den VfB, 1903 erster deutscher Fußballmeister, mit 9:1. Gegen Viktoria Berlin, das 1908 Meister wird, behalten die prominenten Gäste mit 4:1 die Oberhand. Der schottische Fußball ist dem deutschen noch klar überlegen. In Budapest verbucht man einen weiteren Kantersieg. MTK, eine Dekade später der vielleicht beste Klub auf dem Kontinent, wird mit 8:1 vom Platz gefegt. Erst 1907 muss sich Celtic auf dem Kontinent erstmals geschlagen geben, als man in Kopenhagen einer Stadtauswahl mit 1:2 unterliegt. Es ist bereits Celtics zehnter Auftritt auf dem Kontinent.
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