Love in Boothbay Harbor
… wenn alles verloren scheint - Sammelband mit vier Liebesromanen
Kerry Greine
Nachdruck, Vervielfältigung und Veröffentlichung - auch auszugsweise - nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages!
Im Buch vorkommende Personen und Handlung dieser Geschichte sind frei erfunden und jede Ähnlichkeit mit lebenden Personen ist zufällig und nicht beabsichtigt.
Copyright © 2017 dieser Ausgabe Obo e-Books Verlag,
alle Rechte vorbehalten.
M. Kluger
Fort Chambray
Apartment 20c
Gozo, Mgarr
GSM 2290
Coverdesign: Wolkenart - Marie-Katharina Wölk, www.wolkenart.com
Eine Chance für die Zukunft Eine Chance für die Zukunft
Hoffnung am Horizont Hoffnung am Horizont
Stumme Verzweiflung
Cappuccinoliebe
Lust auf mehr?
Über den Autor
OBO e-Books
Eine Chance für die Zukunft
Mist, das ist ja mal wieder typisch. Ich will gerade den Coffeeshop verlassen, als ich gegen etwas pralle. Meine morgens so lebensnotwendige Dosis Koffein ergießt sich über meine neue Jacke. Zum Glück ist es jetzt im Juni schon so warm draußen, dass ich auch ohne Jacke nach Hause gehen kann. Ansonsten würde jeder mein peinliches Missgeschick bemerken. Nachdem ich mich kurz gesammelt habe, sehe ich erst, gegen was ich da eigentlich gelaufen bin. Ein breiter, sehr männlicher Rücken. Ein enges, dunkelgraues T-Shirt schmiegt sich um die schlanke Taille, die sich nach oben hin in einem kräftigen Kreuz verbreitert.
„Oh, Entschuldigung, ich war in Gedanken …“, sage ich automatisch und gucke kurz zu dem Gesicht hoch, das sich mir in diesem Moment zudreht und gehe an ihm vorbei auf die Promenade am Hafen.
Als ich schon ein paar Meter weiter gegangen bin, hält mich plötzlich jemand am Arm fest.
„Annie …?“
Irgendwo in meinem Unterbewusstsein regt sich etwas, noch bevor ich mich umgedreht habe. Ich kenne diese männliche Stimme, den Klang, wie sie leise meinen Namen ausspricht. Ich drehe mich um und schaue hoch.
Für einen Moment ist mir, als bliebe die Zeit stehen. Ich werde zurückkatapultiert in einen heißen Sommerabend vor vier Jahren.
Vier Jahre zuvor
Mein Bruder Chris hat mich zu einer Wohltätigkeitsparty mitgenommen. Nicht, dass ich mir jemals auch nur den Eintrittspreis hätte leisten können. Seine IT-Firma war eine der Sponsoren dieser Party, daher bekam er zwei Eintrittskarten, um sich auf der Feier, auf der von den Reichen unserer Stadt Gelder für soziale Kinderprojekte gesammelt werden sollten, zu zeigen.
Man hatte für diese Veranstaltung ein altes Herrenhaus mit weitläufigen Gärten ausgesucht und ein Zelt für mehrere hundert Personen aufstellen lassen. Im Zelt standen lange Reihen mit Tischen, wunderschön dekoriert mit teuer aussehenden Leinentischdecken, edlem Porzellan und echtem Silberbesteck.
Ein Streichquartett spielte ruhige Klassik im Hintergrund, während wir ein mehrgängiges, köstliches Menü verzehrten. Nach dem Essen wurde eine Reihe von Reden gehalten, die die wohlhabenden Gäste zum Spenden animieren und über die geplanten Projekte informieren sollten.
Nachdem der offizielle Teil des Abends beendet war, wurde auf einer kleinen Tanzfläche zum Tanzen aufgefordert. Daneben befanden sich eine kleine Bar und einige Stehtische mit cremefarbenen, glänzenden Hussen. Kellner gingen mit Tabletts voll Champagner zwischen den Leuten umher.
Mir war warm, es war stickig im Zelt und ich wollte mich draußen ein bisschen abkühlen. Ich nahm mein Abendhandtäschchen, das ich mir, genau wie das kurze weinrote Cocktailkleid, extra für heute Abend gekauft hatte und ging nach draußen.
Die Gartenanlagen waren mit Fackeln geschmückt, die die verschlungenen Wege in ein flackerndes Halbdunkel tauchten. Ich wanderte langsam durch die Gärten und die warme, sommerliche Brise spielte mit meinem kurzen Kleid.
Ich wollte diesen Abend in vollen Zügen genießen und mich endlich einmal wieder richtig amüsieren. Ein paar Wochen vorher hatte ich erfahren, dass mein Freund mich mit meiner vermeintlich guten Freundin und Arbeitskollegin betrogen hatte. Okay, es war jetzt nicht die große Liebe, sondern vielmehr die Bequemlichkeit, die uns die letzten zwei Jahre zusammengehalten hatte, trotzdem tat der Verrat mir weh und mein Selbstbewusstsein war doch stark angeknackst. Nachdem der Schmerz und die Wut jetzt abgeklungen waren, wollte ich mir heute Abend beweisen, dass ich auch als Single auf einer Party, über die morgen noch dazu die ganze Stadt sprechen würde, meinen Spaß haben kann.
Aber leider war das Ganze doch eher eine dumme Idee. Ich gehörte nicht auf dieses gesellschaftliche Parkett der Reichen und Schönen. Ich war nur eine kleine Journalistin in der Presseabteilung eines Pharmakonzerns. Ich würde hier nie dazugehören und war mir nicht mal sicher, ob ich das überhaupt wollen würde.
Völlig in meine Gedanken versunken stolperte ich auf einmal über einen Stein am Boden, den ich in der Dunkelheit nicht gesehen hatte. Ich machte einen Schritt nach vorne, aber in den ungewohnt hohen Schuhen zu meinem schicken Kleid fand ich so schnell keinen Halt auf dem Kies des Gartenwegs. In dem Moment, als mir noch durch den Kopf schoss, na super, jetzt leg ich mich auch noch lang, wurde mein Fall von zwei starken Armen aufgehalten. Ich wurde abrupt mit dem Rücken an eine breite Brust gedrückt, sodass mir einen Moment die Luft wegblieb und ich mich nicht rühren konnte.
„Ist alles in Ordnung mit Ihnen? Haben Sie sich wehgetan?“ fragte eine tiefe, raue Stimme und ich wurde sanft umgedreht. Ich musste den Kopf in den Nacken legen um meinen Retter anzusehen. Geschätzte 1,90 Meter groß, schwarze Haare, die ein bisschen zu lang waren und Augen, deren Farbe ich in der Dunkelheit nicht erkennen konnte, obwohl sie mich intensiv musterten. Er trug ein schwarzes, weiches Hemd zu einer ebenfalls schwarzen Anzughose. Beides sah aus, als wäre es maßgeschneidert und sehr teuer. Das Jackett, Pflicht auf so einer Veranstaltung, hatte er anscheinend auf Grund der Wärme irgendwo abgelegt. Er war umwerfend. Ich spürte, wie mir beim Blick in seine Augen die Röte ins Gesicht schoss und ich instinktiv den Atem anhielt, nachdem ich den Duft seines Aftershaves tief in mich eingesogen hatte. Ich merkte erst, dass er mir eine Frage gestellt hatte, als er wieder fragte: „Sind Sie okay? Oder haben Sie sich verletzt?“
Ich konnte nur nicken. Noch immer hielt er mich fest an seinen unglaublichen Körper gepresst. Ich konnte seine harten Bauch- und Brustmuskeln durch das Hemd an meinem Oberkörper fühlen. Mir wurde ganz heiß und mein Hals war trocken.
„Kommen Sie, da drüben habe ich eine Bank gesehen. Setzen wir uns erst einmal und dann erzählen Sie mir, was Sie hier so ganz allein in der Dunkelheit machen.“
Ich kam nicht auf die Idee, ihn zu fragen, was ER denn hier allein machte. Er legte seinen Arm um meine Taille und führte mich zu der Bank. Langsam erwachte ich aus meiner Starre und konnte endlich wieder sprechen.
„Danke! Sie haben mich gerade vor einer riesigen Peinlichkeit bewahrt. Ohne Sie wäre ich wahrscheinlich hingefallen und hätte mir hier die Blöße gegeben.“
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