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Die überaus vielschichtige Entscheidung vom 17.12.2015 zeigt eindrucksvoll auf, dass bei einer Gemengenlage von mehreren beteiligten Maklern – im Streitfall waren es allein drei unterschiedliche Vermittlungsunternehmen mit ihren jeweils geltend gemachten Provisionsansprüchen – anhand der Unklarheitenregel strikt zu prüfen ist, bei welchem Makler die Voraussetzungen für die Annahme eines wirksamen Vertragsabschlusses vorliegen.64 Die in Rede stehenden drei Vertragsbeziehungen müssen deshalb voneinander abgeschichtet werden, so dass auf der jeweiligen Leistungsebene festzustellen ist, ob und zu welchem Zeitpunkt gegenüber dem Kunden wirksame Vertragsverhältnisse begründet und hinreichende, den Provisionsanspruch auslösende Maklerleistungen erbracht wurden.65
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Die Grundsätze über das Gebot eines ausdrücklichen Provisionsverlangens (Ausdrücklichkeitsgebot/Unklarheitenregel) gelten auch in den Regionen, in denen üblicherweise der Käufer die Gesamtprovision zu tragen hat.66 Nach zutreffender Ansicht des OLG Frankfurt a.M.67 sind die vorgenannten Grundsätze auch im Bereich der Personalvermittlung zu berücksichtigen.
bb) Vertragsabschluss mit einem Mietinteressenten
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Die Grundsätze über das Gebot eines ausdrücklichen Provisionsverlangens gelten nicht nur für die Vermittlung oder Nachweis eines Grundstückskaufs, sondern auch dann, wenn der Makler einen Mietvertragsabschluss über Gewerbe- oder Praxisräume nachzuweisen oder zu vermitteln hat.68
cc) Vertragsabschluss mit einem Verkaufsinteressenten
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Darüber hinaus sind diese Grundsätze auch dann zu beachten, wenn der Makler einen Vertragsabschluss mit einem Verkaufsinteressenten anstrebt. Bereits im Jahre 1960 hat der Bundesgerichtshof69 entschieden, dass die Unklarheitenregel auch dann gilt, wenn der Makler unter Hinweis auf den ihm erteilten Vermittlungsauftrag eines Kaufinteressenten an einen ihm bekannt gewordenen verkaufsgeneigten Grundstückseigentümer herantritt und zwischen den beiden einen Kaufvertragsabschluss herbeiführt. Provisionspflichtig wird der Verkaufsinteressent nur, wenn ihm gegenüber der Makler ein ausdrückliches Provisionsbegehren gerichtet hatte. Über diese damals entschiedene Fallgestaltung hinausgehend wird im Schrifttum zutreffend davon ausgegangen, dass die Unklarheitenregel generell anzuwenden ist, wenn sich ein Verkaufsinteressent an den Makler wendet, um aus dessen Bestand Kaufinteressenten nachgewiesen zu erhalten. Auch für diese Fallgruppe besteht ein Bedürfnis nach Offenlegung der Provisionserwartung des Maklers.70
dd) Vertragsabschluss mit einem Kreditsuchenden
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In der Übersendung einer Finanzierungsausschreibung an einen Kreditsuchenden, in der auf die Vergütungspflicht hingewiesen wird, kann ein Angebot auf Abschluss eines Finanzierungs-Maklervertrags liegen. Dieses Angebot kann der Kreditsuchende dadurch konkludent annehmen, dass er in Finanzierungsgespräche mit dem Darlehensvermittler eintritt.71
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Erteilt der Kunde dem Makler den Auftrag, ihm in einem bestimmten Gebiet geeignete Objekte zu benennen, handelt es sich um einen Suchauftrag . In Bezug auf die jeweils vorgeschlagenen Objekte kommen regelmäßig keine eigenständigen Maklerverträge zustande, sondern der Suchauftrag ist als einheitliches Vertragsverhältnis zu behandeln.72
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Nach der bisherigen Rechtsprechung sollte die Unklarheitenregel allerdings dann keine Anwendung finden, wenn ein Kauf- oder Mietinteressent den Makler nicht wegen eines bestimmten – etwa von ihm in einer Anzeige vorgestellten – Objektes angesprochen hat, sondern ihn um Benennung einer Wohnung oder eines Hauses in einer bestimmten Gegend ersucht. Für die Fallgruppe des Suchauftrags – sollte, auch wenn über die Provisionspflicht nicht gesprochen wurde, kein Vertrauenstatbestand zugunsten des Kunden vorliegen, weil der Kunde als Kaufinteressent ein Tätigwerden für sich selbst wünscht73 und damit von einer eigenen Vergütungspflicht ausgehen muss.
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Der Bundesgerichtshof74 hat im Jahre 2005 – in Abkehr früherer Rechtsprechung75 – zu Recht festgestellt,76 ein schlüssiger Vertragsabschluss könne aber auch dann nicht angenommen werden, wenn der Kunde ohne Bezugnahme auf ein Inserat oder ein sonstiges Einzelangebot des Maklers Kontakt zu diesem aufnimmt, um sich Objekte aus dessen „Bestand“ benennen zu lassen. Auch bei einer derartigen Fallgestaltung liegt in der Objektangabe letztlich ein vom Makler ausgehendes Angebot vor, so dass der Interessent, selbst wenn ihm bewusst ist, dass er insoweit Dienste des Maklers entgegennimmt, mangels hinreichender Anhaltspunkte für das Gegenteil damit rechnen darf, die Objekte seien dem Makler schon von dem Verkäufer oder Vermieter an die Hand gegeben worden und mit diesem bestehe ein Maklervertrag.77
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Anders liegt es nur bei einer weitergehenden Nachfrage von Maklerdienstleistungen seitens des Kunden,78 insbesondere bei der Erteilung eines eigenen Suchauftrags .79 Was genau unter dem Begriff eines Suchauftrags im vorgenannten Sinn zu verstehen ist, hat der Bundesgerichtshof nicht näher umschrieben. Der in diesem Zusammenhang gegebene Hinweis auf zwei obergerichtliche Entscheidungen,80 zeigt aber, dass der Makler zur Erledigung eines derartigen Auftrags nicht auf eigenes Adressenmaterial zurückgreifen kann, sondern sich neue Objekte durch eigenständige Tätigkeit für seinen Kunden erschließen muss.81 Nach der Auftragslage muss er mithin „ nach außen hin suchend tätig “ werden.82
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Der Bundesgerichtshof hat sich zu dieser Problematik im Jahre 2009 in einem knapp gefassten Zurückweisungsbeschluss nach § 552a ZPO83 erneut geäußert und hierzu betont: Wendet sich ein Interessent dagegen an einen gewerbsmäßigen Makler mit der Bitte, Dienste im Sinne eines Suchauftrags zu erhalten, so liegt hierin seitens des Kunden ein Angebot auf Abschluss eines Nachweismaklervertrages.84 Zur Annahme eines solchen Antrags genügt es, wenn der Makler seine Tätigkeit aufnimmt. Der Zugang einer ausdrücklichen Annahmeerklärung ist gemäß § 151 Satz 1 BGB nicht erforderlich,85 so dass für die Feststellung eines konkludenten Vertragsschlusses nicht einmal darauf abgestellt zu werden braucht, ob der Makler dem Kunden im Anschluss an dessen Angebot Informationen über geeignete Objekte übermittelt hat. Hier gelten mithin die klassischen Vertragsgrundsätze.
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Im praxisorientierten Schrifttum wurde dieser Beschluss, der keinen amtlichen Leitsatz aufweist, als geradezu sensationell bezeichnet,86 und als gewisse Abkehr zu der vorgenannten Entscheidung vom 22.9.2005 angesehen. Diese Bedeutung kommt der Beschlussentscheidung nicht zu.87 Während die Entscheidung aus dem Jahre 2005 den – einmaligen – Kauf eines Einfamilienhauses eines Verbrauchers betraf, handelte es sich bei den Parteien der späteren Entscheidung um Kaufleute, ein Reiseunternehmen, welches für einen Filialbetrieb ein neues Lokal benötigte, und der gewerblich tätige Makler. Für den kaufmännischen Rechtsverkehr gilt zwar grundsätzlich auch die Unklarheitenregel, gleichwohl sind hier, nicht nur was die Eindeutigkeit des Provisionsbegehrens betrifft, sondern auch im Vorfeld, was die Anforderungen an den eigenständigen Suchauftrag angeht, weniger strenge Maßstäbe anzulegen.88 Entscheidend war schließlich, dass der kaufmännische Kunde dem Makler für das gewünschte Objekt ein konkretes Suchprofil mit den maßgeblichen Kriterien übergab, das nach den tatrichterlichen Feststellungen des Berufungsgerichts89 dahingehend verstanden werden konnte, dass sich die Suche nicht nur auf den aktuellen Bestand des Maklers beschränken, sondern im Sinne einer dienstvertraglichen Tätigkeitskomponente auch die zusätzliche Suche auf dem Markt mitumfassen sollte.90
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