III. Begründung und Auflösung des Maklervertrages
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Maklerverträge können wie andere zivilrechtliche Verträge nicht nur durch ausdrückliche, sondern auch durch konkludente Willenserklärungen zustande kommen. Soweit eine Provisionsabrede nach § 652 BGB stillschweigend durch schlüssiges Verhalten getroffen sein soll, stellt die höchstrichterliche Rechtsprechung hieran strenge Anforderungen.1 Da regelmäßig Formfreiheit besteht, kann die Willenserklärung auch mündlich oder in elektronischer Form nach § 126a BGB erfolgen. Textform nach § 126b BGB – etwa reiner Austausch von E-Mails – ist gleichfalls zulässig.2
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Während insbesondere im allgemeinen Dienstleistungsbereich durch Bestimmungen wie § 613 und § 632 BGB zugunsten der Dienstleistenden die Vermutung für ein entgeltliches Tätigwerden besteht, gelten im Maklervertragsrecht im Hinblick auf das mögliche Tätigwerden des Maklers auch für die andere Seite des angestrebten Hauptvertrages hiervon abweichende, von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelte besondere Rechtsgrundsätze.
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Die Auflösung des Maklervertrages ist gleichfalls im Gesetz nicht unmittelbar angesprochen. Hier wird auf Grundsätze des Auftragsrechts zurückgegriffen, insbesondere, was die Befugnis zum Widerruf angeht. Im Übrigen wird der Maklerkunde durch seine Abschlussfreiheit hinreichend geschützt.
1BGH, Urt. v. 3.5.2012 – III ZR 62/11, NJW 2012, 2268 Rn. 10 unter Bezugnahme auf BGH, Urt. v. 22.9.2005 – III ZR 393/04, NJW 2005, 3779, 3780; ebenso Urt. v. 7.7.2016 – I ZR 30/15, NJW 2017, 1024 Rn. 17; Beschl. v. 24.11.2016 – I ZR 37/16, BeckRS 2016, 116281 Rn. 17; Urt. v. 12.1.2017 – I ZR 198/15, WM 2017, 1120 Rn. 25; Urt. v. 13.12.2018 – I ZR 51/17, WM 2019, 1985 Rn. 12; vgl. ferner OLG Koblenz, Beschl. v. 13.5.2013 – 3 U 412/13, MDR 2013, 764. 2OLG Oldenburg, Urt. v. 16.6.2010 – 5 U 138/09, NJW-RR 2010, 1717, 1718; Seydel/Heinbuch, Maklerrecht, Rn. 20; Engel, MDR 2009, 1090, 1092.
2. Ausdrücklicher Vertragsabschluss
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Der Abschluss eines Maklervertrages erfolgt zunächst nach den allgemeinen Regeln des BGB.3 Aufgrund ausdrücklicher Willenserklärungen, insbesondere im Rahmen schriftlicher Erklärungen, zustande gekommene Maklerverträge dienen der Rechtssicherheit und vermeiden regelmäßig umfangreiche Beweiserhebungen im nachfolgenden Provisionsprozess. Trotz vielfacher Empfehlungen, insbesondere für den schriftlichen Abschluss eines Maklervertrages,4 sind sie im Rechtsalltag recht selten und überwiegend nur beim (qualifizierten) Alleinauftrag anzutreffen.
3Erman/D. Fischer, Vor § 652 Rn. 17; MünchKomm-BGB/H. Roth, § 652 Rn. 47. 4Seydel/Heinbuch, Maklerrecht, Rn. 20; Ibold, Maklerrecht, Rn. 22; D. Fischer, NZM 2011, 529, 530; Würdinger, NZM 2017, 545, 546.
3. Stillschweigender Vertragsabschluss
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Lässt sich eine ausdrückliche Vereinbarung im Provisionsprozess nicht feststellen, so ist weiter zu prüfen, ob ein Maklervertrag nach § 652 BGB stillschweigend durch schlüssiges Verhalten geschlossen wurde.5 Dem stillschweigenden Abschluss des Maklervertrages kommt im Rechtsalltag zentrale Bedeutung zu; er ist mit vielfachen Beweisproblemen im Provisionsprozess verbunden.6 Aus dem Bezirk des Kammergerichts ist etwa bekannt, dass bei Verbrauchergeschäften kaum eine schriftliche Vereinbarung vorliegt. Aber auch im gewerblichen Bereich gibt es allenfalls in einem Zehntel der Fälle eine schriftliche Abrede.7
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Um den Besonderheiten bei der Anbahnung des Maklervertrages angemessen Rechnung zu tragen, hat die höchstrichterliche Rechtsprechung die allgemeinen Regeln der Vertragslehre zu Recht um einen weiteren, maklerspezifischen Rechtssatz ergänzt.8 Danach ist es Sache des Maklers, etwaige Unklarheiten auf Seiten des Interessenten aus dem Wege zu schaffen, was in der Regel nur durch ein ausdrückliches Provisionsverlangen hinreichend verlässlich geschehen kann.9 Ein Interessent, der in Kenntnis eines derartigen eindeutigen Provisionsverlangens die Dienste des Maklers in Anspruch nimmt, gibt damit grundsätzlich in schlüssiger Weise zu erkennen, dass er den in dem Provisionsbegehren liegenden Antrag auf Abschluss eines Maklervertrages annehmen will.10
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Das reine Gefallenlassen oder die Entgegennahme von wesentlichen Maklerdienstleistungen rechtfertigt nicht in jedem Fall und nicht ohne Weiteres die Annahme eines stillschweigenden Vertragsabschlusses.11 Wer sich an einen Makler wendet, der mit „Angeboten“12 werbend im geschäftlichen Verkehr auftritt, erklärt damit noch nicht schlüssig seine Bereitschaft zur Zahlung einer Maklerprovision für den Fall, dass ein Hauptvertrag über das angebotene Objekt zustande kommt.13
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Die Grundsätze über das ausdrückliche Provisionsverlangen, ein maklerkundenfreundliches Postulat, das auch als Unklarheitenregel 14 bezeichnet wird, wurden bereits recht früh in der Rechtsprechung des Reichsgerichts15 entwickelt und schränken den Regelungsgehalt des § 653 BGB, wonach die Vermutung für eine stillschweigende Einigung über die Entgeltlichkeit besteht,16 deutlich ein. Verbleibende Unklarheiten gehen somit zulasten des Maklers,17 so dass trotz Vorliegens wesentlicher Nachweis- und/oder Vermittlungsleistungen eine vertragliche Provision nicht verlangt werden kann.18
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Die Unklarheitenregel ist ein maklerspezifischer Rechtssatz.19 Sie wird mitunter auch als verdeckte Formvorschrift bewertet;20 mit der AGB-rechtlichen Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB21 darf sie nicht verwechselt werden. Während die AGB-rechtliche Regel sich auf den Inhalt einer mehrdeutigen Vertragsklausel bezieht, geht es bei der maklerrechtlichen Regel um die vorgelagerte Frage, ob ein konkludenter Vertragsabschluss vorliegt.22
b) Einzelne Fallgruppen
aa) Vertragsabschluss mit einem Kaufinteressenten
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Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung darf der Kaufinteressent, soweit ihm Gegenteiliges nicht bekannt ist, davon ausgehen, dass der Makler das Objekt von dem Verkäufer an die Hand bekommen hat und deshalb mit der angetragenen Weitergabe von Informationen eine Leistung für den Verkäufer erbringen will.23 Ohne Weiteres braucht ein Interessent in einem solchen Fall nicht damit zu rechnen, dass der Makler auch von ihm eine Provision erwartet. Selbst die Besichtigung des Verkaufsobjekts zusammen mit dem Makler reicht bei dieser Sachlage für einen schlüssigen Vertragsabschluss nicht aus.24
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Anderes gilt nur dann, wenn der Makler den Kaufinteressenten unmissverständlich auf eine von ihm im Erfolgsfall zu zahlende Käuferprovision hingewiesen hat. Der Makler muss eindeutig zum Ausdruck bringen, dass er Makler des Käufers sein will, um auszuschließen, dass der Kaufinteressent ihn für den Makler des Verkäufers halten könnte.25 Ein Kaufinteressent, der in Kenntnis des eindeutigen Provisionsverlangens, beispielsweise in einem ihm übersandten Objektnachweis oder Exposé, die Dienste des Maklers26 in Anspruch nimmt, gibt damit grundsätzlich in schlüssiger Weise zu erkennen, dass er den in dem Provisionsbegehren liegenden Antrag auf Abschluss eines Maklervertrages annehmen will.27 Eine konkludente Annahmeerklärung des Maklerkunden kann auch in der Bitte um eine Reservierungsbestätigung, in der Anforderung von Zusatzinformationen über das in den Blick genommene Objekt28 oder in dem Verlangen, ein Kaufangebot an den Verkäufer weiterzuleiten, liegen.29 Gleiches gilt für die Bitte um Vereinbarung eines Besichtigungstermins.30 Der Vertragsabschluss erfolgt in einem derartigen Fall nicht erst, wenn der Kaufinteressent den Besichtigungstermin wahrnimmt.31 Mit der Bitte um die Vereinbarung eines Besichtigungstermins fordert der Interessent den Makler zur Benennung der Anschrift des Objekts auf. In der Preisgabe dieser Information liegt eine Maklerleistung, die der Interessent entgegennimmt.32 Um die daran anknüpfenden Rechtsfolgen zu vermeiden, muss der Interessent ausdrücklich vor Inanspruchnahme der Maklerdienste deutlich machen, eine solche Willenserklärung nicht abgeben zu wollen.33
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