1 ...6 7 8 10 11 12 ...30 Von Anfang Juli bis zum 23. August erfolgen an der Somme nur alliierte Teilangriffe, vor allem nördlich des Flusses. Vom 23. August bis Ende September folgt die Zermürbungsphase mit immer neuen tagelangen Großangriffen. Für die Deutschen stellt dies die kritischste Phase der Schlacht dar, in der der Mangel an Reserven, Artillerie und Munition besonders spürbar wird. Doch die Heeresleitung unter Generalfeldmarschall von Hindenburg hat aus den Erfahrungen von Verdun gelernt. Truppen bleiben jetzt nicht mehr bis zu ihrer totalen Erschöpfung im Einsatz, sondern man bemüht sich um regelmäßige Ablösungen. Am 15. September 1916 setzen die Engländer erstmals Panzer ein. Bis zur zweiten Novemberhälfte versuchen die Alliierten in zahllosen Aktionen vergeblich, die Verteidiger niederzuringen. In der fünfmonatigen Materialschlacht können die Alliierten lediglich einen Gebietsstreifen von 40 Kilometern Breite und zwölf Kilometern Tiefe besetzen. Dagegen stehen ungeheure Verluste. Die Deutschen büßen rund 500000 Mann als Gefallene, Verwundete, Vermisste und Gefangene ein, die Alliierten zusammen sogar 750000 Mann. Eine einzige Schlacht hat, allein was die Toten betrifft, Menschenopfer in der Größenordnung einer Großstadt gekostet. Die monatelangen Kämpfe und das sich ab Oktober drastisch verschlechternde Wetter mindern endgültig die Kampfkraft der Truppen auf beiden Seiten.
Das Jahr 1917 an der Westfront
Das Jahr 1917 beginnt mit einer defensiven Aktion der Deutschen. Damit die deutschen Linien gegen künftige Angriffe besser gewappnet sind, wird bereits seit Herbst 1916 hinter den deutschen Linien die »Siegfriedstellung«, eine über 143 Kilometer lange Verteidigungslinie zwischen Arras und Laon, ausgebaut. Hierfür werden 65000 Arbeitskräfte, zwangsverpflichtete Franzosen aus den besetzten Gebieten und russische Kriegsgefangene, eingesetzt. Zur Überraschung der Alliierten beginnt im März 1917 der deutsche Rückzug auf die Siegfriedstellung. Immerhin wird der bei Roye und Noyon vorspringende Frontbogen um rund 45 Kilometer verkürzt. Die Alliierten können nun Städte wie Bapaume, Péronne, Noyon, Ham und Soissons besetzen. Was die Alliierten in der Somme-Schlacht nicht erreicht haben, fällt ihnen nun kampflos zu.
Mit lokalem Erfolg starten die Engländer im April 1917 bei Arras eine Offensive. Das Hauptinteresse der Franzosen gilt in dieser Zeit dem Großangriff an der Aisne südlich Laon, der am 16. April 1917 auf einer Breite von 40 Kilometern einsetzt. Die Sturmangriffe der Franzosen – es werden allein 61 Infanteriedivisionen eingesetzt – brechen am deutschen Widerstand zusammen und bringen dem französischen Heer allein bis zum 25. April die enorme Verlustzahl von etwa 160000 Mann ein. Diese schweren Misserfolge sowie die Nachrichten von der russischen Revolution lösen in der französischen Armee Meutereien aus, an denen fast die Hälfte des Heeres beteiligt ist. Zur Abschreckung werden an 55 Soldaten Todesurteile vollstreckt.
Die englische Heeresleitung setzt währenddessen auf einen Durchbruch an der Flandernfront. Die großangelegte Materialschlacht im Raum Ypern, die von Ende Mai bis Ende November dauern wird, zählt zu den heftigsten Kämpfen des Ersten Weltkriegs. Unter wie immer großen Verlusten und dem Einsatz von über 50 Millionen Artilleriegranaten gelingt es den Engländern aber lediglich, einen 22 Kilometer breiten Frontabschnitt etwa acht Kilometer einzudrücken. Die letzte große Kampfhandlung des Jahres 1917 besteht in dem Tankangriff bei Cambrai, der am 20. November 1917 beginnt und mit dem die Engländer die Misserfolge in Flandern vergessen lassen wollen. Die Tankverbände aus über 400 Panzern überwinden die deutschen Gräben und können sieben Kilometer in die deutschen Stellungssysteme eindringen. Einen entscheidenden Durchbruch erreichen die Engländer dadurch aber nicht. Sie werden von deutschen Reserven wieder weitgehend zurückgeworfen. Das Jahr 1917 geht zu Ende, ohne dass angesichts der allgemeinen Abnutzung eine nahe Entscheidung sichtbar wäre. Allerdings befinden sich seit Juni 1917 die ersten Truppen Amerikas, das sich seit dem 6. April 1917 mit Deutschland im Krieg befindet, auf dem Kontinent, wo sie sich auf ihren Einsatz im Jahr 1918 vorbereiten.
Der Stellungskrieg im Westen und die dortigen Durchbruchskämpfe sind sicherlich am ehesten für den Ersten Weltkrieg bezeichnend. Gekämpft wird aber auch in Russland, auf dem Balkan, in Italien und Vorderasien, um nur einige der Kriegsschauplätze zu nennen. In Russland ergreift zunächst der Gegner das Heft des Handelns. Bereits in den ersten Augusttagen 1914 gehen russische Truppen vor, um Ostpreußen zu besetzen und danach den Vormarsch gegen die Weichsel und letztlich Berlin fortzusetzen. Der Schutz der deutschen Grenzen zu Russland ist Aufgabe der 8. deutschen Armee. Mit dem Ziel, die 8. Armee zu umfassen, rücken Mitte August 1914 die Njemen-Armee der Russen nordöstlich und die Narew-Armee südwestlich der Masurischen Seen vor. Unter großen Verlusten treffen am 20. August bei Gumbinnen die 8. Armee und die Njemen-Armee aufeinander. Inzwischen bedroht die weiter vorrückende Narew-Armee das Gros der 8. deutschen Armee im Rücken. In dieser schwierigen Situation wird die bisherige Führung der 8. Armee abgelöst und durch Generaloberst von Hindenburg als Oberbefehlshaber sowie Generalmajor Ludendorff als Stabschef ersetzt. Die bevorstehende Schlacht veranlasst die Oberste Heeresleitung, zwei Armeekorps von der Westfront abzuziehen. Diese Maßnahme soll sich für die Entscheidungsschlacht im Westen als äußerst negativ erweisen, rettet aber die Lage im Osten.
Vom 26. bis zum 30. August wird die Schlacht bei Tannenberg geschlagen, in deren Verlauf es den Deutschen gelingt, die Narew-Armee einzukreisen und vernichtend zu schlagen. Die Verluste der Narew-Armee belaufen sich auf 120000 Mann. Verstärkt durch die Verbände aus dem Westen vermögen die Deutschen in der Schlacht an den Masurischen Seen vom 8. bis zum 10. September auch der Njemen-Armee eine schwere Niederlage mit etwa 100000 Mann Verlust auf russischer Seite zuzufügen. Die russischen Truppen ziehen sich wieder hinter ihre Grenze zurück. Die Namensgebung der beiden Schlachten – ein Ort bzw. eine Seengruppe – darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich die entsprechenden Truppenbewegungen auf weite Teile Ostpreußens erstreckt haben. Insbesondere die Schlacht bei Tannenberg stellt einen gewaltigen militärischen Erfolg dar, dem es zu verdanken ist, dass im weiteren Verlauf des Krieges die Gefahr eines Einfalls russischer Truppen in die Kerngebiete des Deutschen Reiches gebannt ist.
Zeitgleich mit den Ereignissen in Ostpreußen überschlagen sich im österreichisch-russischen Grenzgebiet die Ereignisse. Operationsraum ist hier in erster Linie das zur k.u.k.-Monarchie gehörende Galizien mit der Hauptstadt Lemberg. Kaum unterstützt von den Deutschen, die in diesen Stunden die Schlacht bei Tannenberg schlagen, erleidet der rechte Flügel der österreichisch-ungarischen Streitkräfte in Ostgalizien eine schwere Niederlage. Die Russen besetzen Lemberg. Die österreichische Front bricht in den folgenden Tagen zusammen, und es ist nur der Unentschlossenheit der Russen zu verdanken, dass sie nicht noch tiefer in die Donaumonarchie eindringen. Das österreichisch-ungarische Heer, das 350000 Mann und ein Drittel seines aktiven Offizierskorps eingebüßt hat, wird sich von diesem Schlag nie mehr ganz erholen.
Das Vorgehen der Deutschen auf Warschau und Iwangorod – Polen ist damals Teil des russischen Reiches – im September/Oktober 1914 endet mit einer schweren Niederlage der Deutschen und ihrem Rückzug vor den nachstoßenden Russen. Das neu geschaffene Oberkommando Ost unter Hindenburg und Ludendorff sieht sich einer außerordentlich kritischen Situation gegenüber, die durch einen überraschenden deutschen Vorstoß in die rechte Flanke und den Rücken der russischen Hauptkräfte in Richtung Lodz überwunden werden soll. Vom 17. bis zum 25. November wird bei Lodz eine für den Ausgang des Krieges zumindest im Osten wichtige Schlacht geschlagen. Nach hartem Ringen können die Deutschen das polnische Textilindustriezentrum besetzen. Kurz hinter Lodz aber kommen die deutschen Truppen dann, obwohl durch Einheiten aus dem Westen verstärkt, vorübergehend zum Stehen.
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