32 Gibt es einen Labor-Test für ALS?
Ein »einfacher« Labortest für die ALS ist nicht vorhanden. Die Diagnose einer ALS erfordert in jedem Fall die ärztliche Erfassung und Interpretation verschiedener Kriterien. Ausgangspunkt ist der klinische Untersuchungsbefund. Bestimmte Labortests können jedoch die Diagnose einer ALS unterstützen. Das Protein Neurofilament Light Chain (NF-L) im Blutserum und Liquor (Nervenwasser) erfährt dabei eine zunehmende Bedeutung (
Frage 33 33 Welche Bedeutung hat der Biomarker Neurofilament Light Chain (NF-L)? Das Protein Neurofilament Light Chain (NF-L) ist durch spezielle Analysemethoden im Blutserum und Liquor (Nervenwasser) nachweisbar. Bei mehr als 80 % der ALS-Patienten zeigt sich eine Erhöhung der Serum- oder Liquorkonzentration von NF-L. Die Erhöhung betrifft insbesondere Patienten, die eine deutliche Beteiligung des ersten motorischen Neurons oder eine mittlere oder höhere Progressionsrate aufweisen. Trotz dieser Korrelation ist der Rückschluss von einem erhöhten NF-L-Wert auf die Diagnose und Prognose einer ALS nicht zulässig. Dabei ist zu bedenken, dass NF-L auch bei zahlreichen anderen neurologischen Erkrankungen (Demenz, Multiple Sklerose, Parkinson-Erkrankung etc.) nachweisbar ist. Allerdings ist bei der ALS – im Vergleich zu vielen anderen neurologischen Erkrankungen – die Konzentration stärker erhöht. Aufgrund der eingeschränkten Spezifität von NF-L ist eine fachkundige ärztliche Interpretation der Befunde unabdingbar.
).
33 Welche Bedeutung hat der Biomarker Neurofilament Light Chain (NF-L)?
Das Protein Neurofilament Light Chain (NF-L) ist durch spezielle Analysemethoden im Blutserum und Liquor (Nervenwasser) nachweisbar. Bei mehr als 80 % der ALS-Patienten zeigt sich eine Erhöhung der Serum- oder Liquorkonzentration von NF-L. Die Erhöhung betrifft insbesondere Patienten, die eine deutliche Beteiligung des ersten motorischen Neurons oder eine mittlere oder höhere Progressionsrate aufweisen. Trotz dieser Korrelation ist der Rückschluss von einem erhöhten NF-L-Wert auf die Diagnose und Prognose einer ALS nicht zulässig. Dabei ist zu bedenken, dass NF-L auch bei zahlreichen anderen neurologischen Erkrankungen (Demenz, Multiple Sklerose, Parkinson-Erkrankung etc.) nachweisbar ist. Allerdings ist bei der ALS – im Vergleich zu vielen anderen neurologischen Erkrankungen – die Konzentration stärker erhöht. Aufgrund der eingeschränkten Spezifität von NF-L ist eine fachkundige ärztliche Interpretation der Befunde unabdingbar.
34 Gibt es einen Gen-Test für ALS?
Die genetische Diagnostik bei der ALS ist komplex und erfordert eine Beachtung der Familienkonstellation. Genetische Veränderungen bei Patienten mit ALS sind dann zu erwarten, wenn in der Blutsverwandtschaft bereits andere Menschen mit ALS oder mit einer speziellen Demenz (Frontotemporale Demenz, FTD,
Frage 51 51 Was ist Frontotemporale Demenz (FTD)? Die FTD ist eine Form der Demenz, die in Verbindung mit der ALS auftreten kann. Die Verbindung von ALS mit FTD betrifft 5–10 % aller Menschen mit ALS. Der Begriff der »Demenz« wird (außerhalb medizinischer Fachkreise) zumeist mit einem »Gedächtnisverlust« gleichgesetzt. Richtig ist, dass der Demenzbegriff breiter zu verstehen ist und die generelle Abnahme von Hirnleistungen (nicht nur des Gedächtnisses) bedeutet. Die FTD ist eine Form der Demenz, bei der die Gedächtnisfunktion gut erhalten sein kann, aber in jedem Fall eine Wesens- und Verhaltensänderung vorliegt. So kommt es zu einer Enthemmung (Disinhibition), die zu Verhaltensauffälligkeiten führen kann. Durch die Enthemmung können eine Distanz- und Maßlosigkeit und eine Störung des Sozialverhaltens entstehen. Der Antrieb kann gesteigert sein – bis zur Getriebenheit und Unruhe. Anderseits ist auch ein Antriebs- und Interessenverlust möglich. Auch die Planung und Durchführung von Handlungen (»exekutive« Leistungen) können reduziert sein. In der Folge kann eine Ratlosigkeit und Einschränkung des praktischen Handelns entstehen (»dysexekutives Syndrom«).
) erkrankt sind. In dieser Situation stehen molekulargenetische Untersuchungen (»Gentests«) zur Verfügung. Eine familiäre Vorgeschichte der ALS (familiäre ALS,
Frage 130
) ist bei etwa 5 % aller Menschen mit ALS beschrieben. In dieser kleineren Patientengruppe ist ein Gentest durch Fachärzte für Humangenetik (in humangenetischen Instituten und Schwerpunktpraxen) möglich. Die Ergebnisse der molekulargenetischen Diagnostik, insbesondere der positive Nachweis einer genetischen Veränderung (Mutation) können erhebliche diagnostische, prognostische und psychologische Auswirkungen tragen, sodass vor jeglicher genetischen Diagnostik eine fundierte Beratung durch einen Facharzt für Humangenetik erforderlich ist. Eine genetische Testung ohne Hinweise auf ein weiteres betroffenes Familienmitglied (in der gleichen oder vorangegangenen Generation) ist nur mit spezifischen wissenschaftlichen Fragestellungen im Rahmen von Forschungsprojekten sinnvoll. Die Bewertung von genetischer Diagnostik unterliegt den Änderungen des wissenschaftlichen Fortschrittes. Vorstellbar ist, dass in der Zukunft genetische Medikamente verfügbar werden, sodass sich die Richtlinien zur Durchführung genetischer Diagnostik verändern werden.
35 Ist die ALS im MRT erkennbar?
Die Magnetresonanztomografie (MRT) gehört zur Diagnosestellung der ALS. Mit der MRT des Gehirns und Rückenmarks sollen seltene Erkrankungen ausgeschlossen werden, die ALS-ähnliche Symptome verursachen können. Zu diesen Differentialdiagnosen gehören insbesondere strukturelle Veränderungen des Rückenmarks, die mit motorischen Symptomen einschließlich Muskelschwäche und Spastik einhergehen können. Die ALS-typische Degeneration von motorischen Nervenzellen im Gehirn und Rückenmark sind in der MRT-Diagnostik nicht nachweisbar. Die Neurodegeneration bei der ALS findet auf einer zellulären, mikroskopischen Ebene statt, die sich der MRT-Bildgebung entzieht. Lediglich bei einem geringeren Teil der ALS-Patienten zeigt die MRT des Gehirns eine veränderte Darstellung der Pyramidenbahn. Darunter sind Nervenstränge zu verstehen, die von den motorischen Nervenzellen der Großhirnrinde durch zentrale Strukturen des Gehirns (innere Kapsel; Capsula interna) bis zum Rückenmark verläuft. Diese Veränderungen sind bei weniger als 10 % aller Menschen mit ALS nachweisbar. Für die Mehrheit der ALS-Patienten gilt, dass die MRT-Darstellung eine Ausschlussdiagnostik umfasst und keine direkten Zeichen der ALS-Erkrankung erkennbar sind.
36 Wann ist eine Muskelbiopsie erforderlich?
Eine Muskelbiopsie ist nur im Ausnahmefall notwendig, um die Diagnose einer ALS zu stellen. In seltenen Konstellationen ist die Unterscheidung zwischen einer ALS und einer Muskelerkrankung allein durch die klinische Untersuchung sowie die Zusatzdiagnostik (Elektromyografie, Labordiagnostik und Biomarker) nicht sicher möglich. In diesem Fall kann eine Muskelbiopsie sinnvoll sein, um eine Muskelerkrankung (Myopathie) mit größerer Sicherheit auszuschließen. In der Muskelbiopsie kann grundsätzlich zwischen Muskelveränderungen bei Myopathien (Muskelerkrankung) und ALS-typischen Muskelschäden (neurogenes Schädigungsmuster) differenziert werden. Obwohl die ALS keine Muskelerkrankung darstellt, führt die verminderte Nervenversorgung der Muskeln (Denervierung) zu charakteristischen Veränderungen im Zellbild des Muskelgewebes (neurogene Veränderungen). Aufgrund der Invasivität der Muskelbiopsie (Hautschnitt und Entnahme eines erbsengroßen Muskelstückes mit anschließender neuropathologischer Analyse) gehört die Muskelbiopsie nicht zur »Routine-Diagnostik« bei der ALS. Zumeist sind die klinischen Symptome in Kombination mit der nicht invasiven Zusatzdiagnostik ausreichend genug, um die Diagnose einer ALS sicherzustellen und eine Muskelbiopsie entbehrlich zu machen.
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