Um beim Beispiel Auto zu bleiben: Sportwagen, SUV, Stadtwagen oder Oberklasse-Wagen. Wer wird die Nummer eins bei öko-Sportwagen oder City-Pods (kleinen Stadtautos)? In jeder Kategorie gilt es, die Nummer-eins-Position zu besetzen. Häufig hat der Erfinder oder Begründer der Kategorie diese Position inne. Nicht so selten jedoch gelingt es dem imitierenden Branchenführer, sich die Nummer-eins-Position durch seine Marktmacht und seine Distributionskraft zu sichern.
Gleichzeitig wird er zur Nummer eins in den Köpfen der Kunden. Microsoft hat dies mit Netscape und derzeit mit eigenem Internet Explorer vorgemacht und wird es nun im Spielkonsolen-Markt mit ihrer «xbox 360» gegenüber dem Marktführer Sony wiederholen wollen. Microsoft strebt durch seine Marktmacht und neue Features die Nummer-eins-Position an, die sich als populärste Marke in den Kunden-Köpfen widerspiegeln soll.
Fazit: In welcher Kategorie sind Sie die Nummer eins in den Köpfen der Kunden? Es gilt nicht zwingend, der Erste am Markt, sondern der Erste in den Köpfen der Kunden zu sein, in dem Sie diese Position schrittweise kommunikativ besetzen. Suchen Sie sich also eine möglichst große und für Kunden relevante Kategorie, in der Sie die populäre Nummer eins in den Köpfen sind oder werden können. Oder erschaffen Sie im Sinne der Divergenz eine neue Kategorie, in der die Nummer-eins-Position erreichbar ist.
6. Gebot: Du sollst innovativ und adaptiv sein [«trendfit»]
Jeder Neuigkeitswert einer Marke wird permanent durch «Commodisierung», das heißt Verlust an Besonderheit, bedroht. Durch permanente Veränderung in allen Bereichen wird jede ehemals innovative Leistung schnell zum Ladenhüter oder auf gut Neudeutsch eben zur «Commodity», die über kurz oder lang nur noch durch effizientere Herstellung Kostenvorteile zu erzielen vermag.
Aus diesem Grund müssen wir uns unablässig auf die Suche nach echten Neuigkeiten begeben (Werte, Produktleistungen, Trends, Features, Designs, Kundengruppen, kulturelle Codes). Diese revitalisieren unsere Marke mit «frischem Blut» und können uns zu neuen Kundengruppen führen. Sie erlauben uns, mit Submarken neue Bedürfnisse zu befriedigen, uns zu repositionieren, um immer wieder aktuell, relevant und eben angesagt zu sein. Kurz und gut: Wir müssen uns und unsere Marken immer wieder neu erfinden, um nicht an Terrain zu verlieren.
Woher kommt das Neue und wie können wir es erkennen? Als generelle Regel gilt, auf Abweichungen zu achten. Neues entsteht immer an den Rändern, in den Subkulturen der Gesellschaft. Suchen Sie nach Anomalien, «abseitigen» Dingen, die sich in kleinen Zeichen ankündigen. Der Zukunftsforscher Paul Saffo hat es sehr schön auf den Punkt gebracht: «Die Zukunft flüstert, sie schreit nicht.» Damit verhält es sich genauso wie an der Börse, die nicht klingelt, wenn die Hausse und die Party vorbei sind.
Häufig werden Innovationen mit dem Argument abgewiesen, der Markt sei dafür zu klein und die neue Idee nur für eine kleine Anzahl von Menschen wichtig, die dazu auch noch «Abweichler» sind. Wenn der Markt dann von anderen gemacht wurde, ist es meist zu spät, und man hat das Nachsehen.
Sie brauchen ein feines Sensorium für die Mustererkennung. Nutzen Sie dafür Trendmedien wie zum Beispiel den «Zukunftsletter» des Zukunftinstituts oder andere Scanner des Neuen, die diese Zeichen, neuen Knappheiten und Sehnsüchte für Sie beobachten und einordnen. Fragen Sie sich, was diese Abweichungen für Ihre Marke und Ihre Meme bedeuten.
Die Zukunft kommt nicht immer aus den USA
Eine individualisierte globale Gesellschaft mit ihren Bastelbiografien, Multiethnien und hybriden Wünschen wird in Zukunft im Wesentlichen durch die Orte geprägt sein, an denen sich die neuen Lebensweisen bündeln. Da ist es umso wichtiger, die neuen Codes, Werte und Bedürfnisse zu erspähen, die in Schmelztiegeln wie etwa Shanghai, New York, London, Tokio, Kapstadt, Bombay, Oslo, Helsinki, aber auch Boston, Boulder, Aix-en-Provence entstehen. Dort liegen unter anderem die Hotspots der Zukunft. Nicht dass alles in Deutschland, der Schweiz und Österreich genauso wird, aber einiges eben schon. Dies gilt es als Erstes zu entdecken und mit der eigenen Marke im Sinne einer Adaption und Mutation auf dem Markt auszuprobieren.
Fazit:Nutzen Sie jede erdenklich mögliche Perspektive systematisch, um Ihre Marke vor der «Commodisierung», vor der Austauschbarkeit oder «Gehirn-Langeweile» für Ihre Kunden zu bewahren. Scannen Sie Trends und werten Sie diese aus. Lernen Sie von der Best Practice in anderen Branchen und entwickeln Sie Regelbrüche, um eine neue Kategorie zu entwickeln.
7. Gebot: Du sollst dich vernetzen – erhöhe deine Konnektivität an den Schlüsselstellen
Wie bei den Spezies durch die Gene hängen Erfolg und Wachstum bei Marken von ihrer Fähigkeit ab, ihre Meme möglichst vielfältig zu übertragen und weiterzugeben. Die Schlüsselfrage ist daher: Wie erhöhe ich die Replikationsfähigkeit meiner Marke und ihrer Meme (Markenidee, Werte, Leistung in Form von Produkten, Services oder Erfahrungen)? Um zu wachsen, muss eine Marke für den Nutzer zunächst einfach anwendbar sein. Weiterhin muss es spannend sein, sie weiterzuempfehlen, oder Status mit sich bringen, mit ihr gesehen zu werden. Je leichter es ist, Marken-Meme zu übertragen, desto schneller wird eine Marke wachsen. Dies kann sowohl über Distributionskanäle als auch – heutzutage immer wichtiger – über persönliche (online) Weiterempfehlung erreicht werden.
Der klassische Lebenszyklus von Trends, Marken wie auch natürlichen Produkten folgt den Phasen Innovation, Wachstum, Reife und Niedergang (siehe Grafik Seite 44). Entscheidend ist aber vielmehr die Frage: Wie laufen die Prozesse dahinter ab? Wie bringe ich eine neue Idee, eine neue Marke zum Wachsen? Wie überspringe ich die «epidemische Grenze», die ein Produkt vom Nischenprodukt zu einem Renner und Trendprodukt macht?
Die junge Wissenschaft der Netzwerkforschung, die Erfahrung aus der New Economy Anfang unseres Jahrhunderts und die Erfolgsprinzipien von viralen Kampagnen bieten hierfür gute Lösungsansätze. Sie liefern sozusagen eine Blaupause für evolutionäres Wachstum hin zu einer so genannten StarBrand.
«Crossing the Chasm»: das «Grabenphänomen»
Das Hauptproblem besteht darin, den «Graben» («Chasm») zu überwinden, den Sprung zu schaffen von den Innovatoren, «Heavy Users» einer Marke, also solchen, die sich bedenkenlos auf neue Ideen einlassen, sogar sehnsüchtig darauf warten, hin zu den «Early Adopters», den frühen Nachahmern, und dann hinüber zu den stilbildenden Schichten, die Trends in die breite Gesellschaft tragen. Diese stilbildenden Kreise müssen Sie erreichen, wenn Sie Wachstum anstreben. An ihnen orientiert sich der Massenmarkt. Geoffrey Moore war der Erste, der in seinem Buch «Crossing the Chasm» auf dieses Grabenphänomen hingewiesen und Möglichkeiten zur Lösung aufgezeigt hat.
Der Schlüssel: «Connecting Connectors»
Die mittlerweile bekannte Grundlage aus der Netzwerkforschung ist das «Small-World-Phänomen»: Stanley Milgram hat in seiner Studie «Six Degrees of Separation» nachgewiesen, dass jeder Mensch mit jedem Menschen über sechs Achsen verbunden ist. Diese Erkenntnis birgt natürlich ein riesiges Potenzial für die Weitergabe auf dem viralen Weg. Für die plötzliche Verbreitung einer Idee sind so genannte «Connectors» verantwortlich (Malcom Gladwell, «Tipping Point»). «Connectors» sind Menschen oder auch Medien mit einem überproportional breiten Netzwerk, das auch über Communities und Szenen hinweg funktioniert. Der Guru des viralen Marketing, Seth Godin, hat sie sehr bildhaft «Sneezers», zu Deutsch «Nieser», genannt.
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