Nach einiger Zeit kam der Kapitän. Der trug eine schmucke Uniform und ausserdem eine blanke Dose vor dem Bauch, aus deren Öffnung bunte, kleine Scheine hervorguckten; und wer seine zehn Pfennig bezahlt hatte, bekam eine solche Quittung. Heini dachte, wenn er einmal Kapitän wäre, dann dürfte es bestimmt nicht auf einem Alsterdampfer sein, darüber war er sich völlig im Klaren. Er würde sich bestens bedanken, als ‚Käpp’n’ mit einer blanken Dose vor dem Bauch umherzulaufen und Groschen einzusammeln. Ausserdem musste der bedauernswerte Mann an jeder Haltestelle abspringen und das Schiff vertäuen. Besten Dank — dafür hatte er seine Schiffsjungen und Matrosen!
Dann marschierten die Drei am alten Schiessstand vorüber, hart am Moor vorbei, um schliesslich im ‚Borstler Jäger’ Rast zu machen. Jeder bekam ein Glas Bier, und Heini konnte nun so viel umhertoben, wie er wollte. Der kleine Wald interessierte ihn nicht sonderlich; da liefen ihm zu viele Leute umher. Aber die dem Lokal gegenüberliegende, tiefe Sandkuhle mit der Entwässerungsmühle, die gefiel ihm. Herrlich könnte man da Indianer und Trapper spielen, aber er war ja allein, und da ging das nicht.
Nun lag er unten am Abhang und guckte in den blauen Septemberhimmel hinein; und da kam es ihm in den Sinn, Mutter doch einmal zu fragen, ob er ein Sonntagskind sei, denn sonst wäre so viel Glück, wie er es hatte, doch gar nicht zu erklären. — Wenn er sich noch etwas wünschen könnte, was sollte es wohl sein? Und gerade, als er sich eine Antwort geben will, ertönt von oben lautes Gekreisch, und den Hügel herunter kommt es gestürmt wie die wilde Jagd. Zwei Beine rasen geradeswegs auf ihn zu, erkennen das unvermutete Hindernis zu spät, können im hastigen Lauf weder stoppen noch ausbiegen, und schon ist die Katastrophe da. Direkt über ihn purzelt es hin, kollert sich zur Seite und liegt nun ganz ausser Atem zu seiner Rechten. Gleich darauf wiederholt sich die Geschichte, und als er erstaunt um sich blickt, liegt er zwischen zwei niedlichen, achtoder neunjährigen Mädchen, die, kaum etwas zu sich gekommen, sich über sein erstauntes Gesicht totlachen wollen. — Nein, es ist kaum glaublich, eine von ihnen ist Marie! — Na, jetzt gibt es einfach keinen Zweifel mehr, er ist ein Sonntagskind!
Die beiden Mädel sind auf eigene Faust losgezogen, fanden die grosse Sandkuhle ebenfalls wunderschön und hatten Kriegen gespielt. Nun tobten sie zu Dreien umher, bergauf, bergab; es kommt ihnen auch nicht sonderlich darauf an, wenn eines von ihnen in der Nähe der Entwässerungsmühle nasse Fusse bekommt. — Junge, Junge noch mal zu, ist das ein feiner Sonntag!
Da aber leider jede Freude auf Erden ihr Ende findet, wenn es gerade am schönsten ist, so kamen die Rufe: „Heini! Heini! Komm! Wir wollen nach Hause gehen!“ immer noch viel zu früh, obgleich es schon ziemlich spät war.
Die beiden Mädel wollten sich verabschieden, aber Hein Smidt war jetzt in seinem Fahrwasser; er nahm sie einfach mit und stellte sie seinen allerdings etwas überraschten Eltern vor: „Das ist Marie Schult; das ist die, mit der ich letzte Woche bei Karl gespielt hab’, und die ich morgen besuchen soll, und die, ja, Margot heisst sie, weiter kenn’ ich sie auch nicht.“
„Margot Wolf“ stellt sich das niedliche Ding vor und macht einen zierlichen Knicks.
„Sie wohnt im zweiten Haus von uns, und ihre Mutter ist Witwe“ vervollständigte Marie die Vorstellung.
„Und Ihr beiden Kröten lauft am Sonntag so allein in der Welt umher?“ fragt Stine.
Marie war keine Sekunde um eine Antwort verlegen. „Ja, warum auch nicht? Wir sind doch Hamburger Deerns, und ich bin jeden Sonntag unterwegs. Mein Vater geht am Sonntag immer aus, und eine Mutter hab’ ich nicht. Bei Margot ist es umgekehrt, die hat keinen Vater, und deren Mutter kann nicht ausgehen.“
„Weil meine Mama so schlecht auf den Füssen ist“ fügt Margot wie zur Entschuldigung hinzu.
Die Heimfahrt war herrlich! Heini stolz voran, rechts und links ein niedliches Mädel am Arm. Alle Achtung, das gefiel ihm!
Als man sich endlich am Scharmarkt trennte, legte Marie ihm dringend ans Herz, ja morgen zu kommen; und, meinte sie so nebenher, mit diesem Anzug und den hohen Stiefeln gefällst Du mir noch besser als Karl. — — Ha, welch ein Erfolg! Heini war selig. Aber selbstverständlich werde er kommen, und Margot käme doch wohl auch?
Über diese Frage schien Marie etwas verstimmt zu sein, denn sie antwortete ziemlich kurz: „Das glaube ich kaum, vielleicht nächstes Mal.“ — Dann fasste sie ihre Freundin bei der Hand wie eine Mutter ein ungezogenes Kind, das nicht folgen will, und fort waren die beiden.
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