„Finde ich nicht“, widersprach Ranora. „Außerdem macht das die ganze Sache auch etwas aufregend.“
Craibian schüttelte nur den Kopf und musste nun auch lächeln. „Du scheinst ja richtig verliebt zu sein.“ Ranora lächelte nur und erwiderte gar nichts darauf. „Wie geht’s mit deiner Arbeit voran?“, fragte Craibian sie nach einer Weile.
„Ganz gut“, meinte Ranora, „jetzt, da die meisten Häuser stehen, kann ich mich wieder auf andere Sachen als Architektur konzentrieren. Ich hab schon über hundert verschiedene Arten gefunden und musste dafür noch nicht einmal die Stadt verlassen.“
„Klingt gut.“
„Hm“, murmelte Ranora. „Wie lief eigentlich dein Date mit Arieana?“
Craibian lief fast sofort rot an. „Es war kein Date, wir wollten uns nur treffen“, versuchte er klarzumachen und es stimmte ja auch. Er hatte nie explizit nach einem Date gefragt. Craibian wusste aber, dass er seiner besten Freundin nichts vormachen konnte.
„Sicher“, gab Ranora zurück und rollte mit den Augen. „Also, wie lief dein Treffen?“
„Hat nicht stattgefunden.“
„Schon wieder?“, stellte Ranora mit hochgezogenen Augenbrauen fest. „So viel kann doch keiner arbeiten.“
„Sie hat wirklich viel zu tun“, verteidigte Craibian sofort Arieana, auch wenn er selbst nicht sicher war, ob das gerechtfertigt war.
„Na ja. Willst du ein weiteres Treffen arrangieren?“, fragte Ranora ihn, ohne weiter darauf einzugehen.
„Weiß nicht“, wich Craibian der Frage aus. Natürlich wollte er weiter versuchen, sich mit Arieana zu treffen, aber vielleicht war es klüger darauf zu warten, dass sie einmal ein solches Treffen vorschlug. Geduld war zwar nicht gerade seine Stärke, aber die Sache war für ihn wichtig genug, dass er auch längeres Warten ertragen würde.
Ranora schien zu spüren, dass ihm das ganze Thema sichtlich unangenehm war und tat ihm den Gefallen, das Thema zu wechseln. „Ich weiß übrigens, welche Atlantin demnächst Mutter wird und ich kenne auch den Vater.“
Craibian sah interessiert auf. „Echt?“ Arieana war vor ihrer aller Ankunft auf Atlantis herausgerutscht, dass sie eine Patientin gehabt hatte, die plötzlich keine Magie mehr hatte wirken können und bei der sie dann bei ihren Untersuchungen eine Schwangerschaft festgestellt hatte.
„Ja, und es war doch ziemlich offensichtlich“, stellte Ranora fest.
„Und wer ist es?“
„Filki und Aiden.“
„Und sie hat mir noch nichts gesagt“, stellte Craibian gespielt gekränkt fest. Filki war ihre Quartiermeisterin auf der alten Basis, auf der Erde und später auf dem Mars gewesen und Aiden gehörte zu Talons Technikercrew. Craibian kannte beide relativ gut, hatte aber Filki seit zwei Monaten nicht mehr gesehen. „Wann ist es so weit?“, fragte er Ranora neugierig.
„Soweit ich weiß, in drei Monaten. Also Erdenmonaten“, stellte sie schnell klar.
„Das wären dann ...“, begann Craibian zu rechnen, „ in ungefähr hundertfünfzig Tagen, also fast einem Jahr.“
„Das ist so verwirrend mit den neuen Zeiten“, stellte Ranora kopfschüttelnd fest.
„Das stimmt“, seufzte Craibian, „aber es wäre noch verwirrender, wenn wir das alte Zeitsystem behalten würden, das ja auf die Erde ausgelegt ist.“
„Vielleicht gewöhnen wir uns ja irgendwann noch an das neue Zeitsystem“, meinte Ranora, klang dabei aber nicht sonderlich überzeugt. „Ich hab aber vorgestern erst zu Evan gesagt, er solle um fünfzehn Uhr zu mir kommen, als mir aufgefallen ist, dass das hier genauso sinnig ist wie 25 Uhr auf der Erde.“
Craibian musste lachen. Einige umstehende Atlantae schauten interessiert zu ihnen herüber. „Woher weißt du eigentlich, dass Filki diejenige ist, die Mutter wird?“, fragte er Ranora, nachdem er sich wieder beruhigt hatte.
Ranora sah ihn leicht verständnislos an. „Man, äh, man sieht es.“
„Ach so“, erwiderte Craibian und kam sich jetzt etwas dumm vor. Natürlich sieht man es,schalt er sich selbst. Ich Idiot. Ein Donnergrollen verhinderte, dass Ranora ihn aufgrund seiner dummen Frage aufziehen konnte und kündigt den täglichen Wolkenbruch an, der nach der Mittagszeit auf den ganzen Planeten herabfiel. Einzelne Tropfen begannen auf die Umstehenden zu fallen und schnell machten sich die meisten auf den Weg zu den Baumhäusern, um Schutz vor dem Unwetter zu suchen. Craibian erzeugte einfach eine magische Blase um sich und Ranora, von der der Regen einfach wie an Glas abperlte. „Wir sollten lieber auch gehen“, stellte Craibian trotzdem fest.
„Jep, ich hab sowieso noch eine Menge zu tun“, stimmte Ranora zu. „Und du kannst uns zwar vom Regen abschirmen, aber ich möchte hier nicht auf nassem Grund stehen, wenn ein Blitz in der Nähe einschlägt.“ Das stimmte. Dank der Kohlenstoffröhrchen, die durch ihre Nanotechnologie nun durch die Bäume verliefen, hatte jeder Baum quasi einen eigenen Blitzableiter, aber wenn der Strom durch die Röhrchen in dem Boden lief, konnte es für sie unangenehm werden. Da sie selbst einen Graphenpanzer unter ihrer Haut hatten, der den Strom ableiten konnte, waren Blitze für sie nicht lebensgefährlich, aber ein Stromschlag tat trotzdem höllisch weh. Einige von Talons Technikern hatten diese Erfahrung schon ein paarmal machen können. Der Himmel verdunkelte sich immer mehr und der zuvor noch leichte Regen schwoll rasant an.
„Man könnte fast meinen, die Welt geht unter“, stellte Craibian fasziniert fest.
Valentina genoss den warmen Regen, der durch das Blätterdach auf sie herabfiel. Sie war schon völlig durchnässt, aber das war ihr egal. Sie befand sich weit außerhalb der Stadt zusammen mit dem Pionierteam Alpha. Ihre Bewerbung war angenommen worden und nun erkundete sie zusammen mit fünf anderen Atlantae die Flora und Fauna ihres neuen Planeten. Valentina hatte sich so gefreut, als sie erfahren hatte, dass sie dabei war. Das Einzige, was sie an ihrem neuen Job nervte, war, dass ihr Bruder Hector ihre Teamkameraden angehalten hatte, auf sie aufzupassen. Hector wäre vermutlich selbst mitgekommen und ihr auf Schritt und Tritt gefolgt, wenn er nicht Käpten der Lazarus wäre und durch das Trainingsprogramm seines Generals andere Dinge zu tun hätte. Seitdem sie stark genug gewesen war, um das erste Mal nach ihrer Transformation ihr Bett verlassen zu können, war Hector ihr quasi auf Schritt und Tritt gefolgt. Er hatte sogar bewirken wollen, dass sie in der letzten Schlacht auf der Erde im Bunker bleiben konnte, obwohl ihr Volk damals jeden Kämpfer gebraucht hatte. Zu Valentinas Erleichterung war sein Vorgesetzter nicht darauf eingegangen und stattdessen war Hector ihr in der Schlacht keine Sekunde von der Seite gewichen, obwohl sie sehr gut auf sich selbst aufpassen konnte. Für ihn war sie anscheinend immer noch das hilflose Mädchen, das alleine nicht überleben konnte. Zum Glück ließ ihre Arbeit nicht zu, dass ständig eines der anderen Teammitglieder sie begleitete, aber sie fragten sie immer wieder über Kom wo sie war und wie es ihr ging. Valentina hoffte, dass das irgendwann einfach aufhören würde. Ich glaube, ich bin selbstständig genug, um keinen Babysitter zu brauchen,dachte sie, als wieder ein Kom-Ruf zu ihr geschickt wurde. Diesmal mit der Bitte, sich irgendwo unterzustellen, bis der Regen vorbei war. Ich bin ja nicht aus Zucker. Sie bückte sich und untersuchte ein Pflanze, die sie zuvor noch nie gesehen hatte. Eine prächtige violette Blume spross aus ihr hervor. Sie machte ein holografisches Bild von ihr und zupfte zwei Blätter von ihr ab, eines für die Untersuchungen und die Gendatenbank und eines für sie selbst. Sie sollten immerhin alles Neue hier erforschen und Valentina erforschte die Dinge nicht nur mit ihrem Scanner oder mit ihren Augen. Mit etwas Übung scannte sie das Blatt und als die Anzeige keine Giftstoffe anzeigte, kaute sie ein wenig darauf herum. Sofort spuckte sie die bitteren Blätter wieder aus.
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