ABBILDUNG 7
PYRAMIDENMODELL RECHTSAKTE[23]
(QUELLE: STREIMELWEGER B.)
2.4.2 Standards und Frameworks
Im Risikomanagement bilden Reglementierungen einen wesentlichen Bestandteil, sei es im Rahmen der Definition des Kontextes und Anwendungsbereichs (Scope), im Rahmen der Risikobeurteilung (Risk Assessments) und der Risikobewältigung (Risk Treatment) oder im Rahmen der Umsetzung. Hier helfen Standards wie beispielsweise ISO 31000[24] beziehungsweise das nationale Übernahmedokument ÖNORM ISO 31000[25], ISO/IEC 27005[26], die Reihe ÖNORM D 490x[27] oder Frameworks wie COSO ll und COSO ERM[28] sowie Cobit[29] bei der Implementierung und Umsetzung von Risikomanagement.
Im Bereich Innovationsmanagement haben sich neben den bekannten traditionellen Methoden und Techniken wie dem Business Model Canvas, dem Value Proposition Design, dem integrierten Management-Ansatz oder der Blue-Ocean-Strategie in den letzten Jahren neue agile Methoden und Techniken wie Design Thinking, Lean Startup, Effectuation, SCRUM oder der Business-Lifecycle-Ansatz entwickelt.
Innovationsmanagement wurde beispielsweise als wesentlicher Punkt in der 4. Generation des St. Galler Management-Modells von Johannes Rüegg-Sturm und Simon Grand aufgenommen sowie in den integrierten Management-Ansatz von Ulrich Bleicher. Damit wird die notwendige Bedeutung und Aufmerksamkeit von Innovationsmanagement nach außen hin aufgezeigt. Es gibt inzwischen zahlreiche Methoden und Tools, wie beispielsweise Ideen kreiert, designt, getestet, entwickelt und umgesetzt werden können, die durch Best Practices untermauert werden. Es gibt unterschiedliche Darstellungsformen des Innovationsmanagement-Prozesses, jedoch findet sich derzeit kein allgemein international anerkannter Standard wie für Risikomanagement.
In den meisten Fällen haben der Großteil der Unternehmer sowie Startups, die bekannterweise Risikoträger meiden, sehr geringen bis keinen Erfolg, da sie das Management der Finanz- und Marktrisiken vernachlässigen und damit auf hohe erzielbare Erträge quasi verzichten. Ebenso ist bekannt, dass etablierte Unternehmen eher risikoavers sind und darauf programmiert sind, nahezu sicher und vorhersehbar zu operieren. Aufkommende digitale Technologien und neue Geschäftsmodelle als potenzielle Möglichkeiten für radikale Innovation werden daher verpasst. In weiterer Folge werden sie unbemerkt von Startups in ihrer Erfolgsgenerierung gestört und am Markt verdrängt, da diese nicht auf dem Radar des Unternehmens stehen.
Innovation braucht Kreativität. Kreativität braucht wiederum ihren Freiraum in Form von Handlungsspielraum und Gestaltungsraum, um visionäre und innovative Lösungen designen, testen und entwickeln zu können. Regeln, und darunter fallen die genannten Regulatorien, werden als hinderlich angesehen und ausgeblendet. Spätestens mit Beginn der Umsetzung der Idee und damit mit der Entwicklung ist es angebracht, sich über etwaig geltende Regulatorien Gedanken zu machen.
In Abhängigkeit von den gegebenen Rahmenbedingungen ist situationsbedingt zu entscheiden, ob eher auf traditionelle oder agile Methoden in der Ideenfindung zurückgegriffen wird oder auf eine hybride Form, das heißt einer Kombination beider. Als Rahmenbedingungen sind beispielsweise zu berücksichtigen, ob es sich um ein etabliertes oder eher „junges“ Unternehmen (3-10 Jahre) oder Startup (dazu zählen Unternehmen jünger als 3 Jahre) handelt und in welcher Branche das Unternehmen tätig ist.
Insbesondere im Digitalisierungsbereich, in dem die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle eine wesentliche Rolle spielt sowie die Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen auf Basis neuer Technologien im Vordergrund steht, wird ein sehr hohes Maß an Agilität gefordert, was den Einsatz agiler Methoden und Techniken mit sich bringt. Etablierte Unternehmen ziehen bereits nach und versuchen ihre Unternehmensorganisation als solche agiler zu gestalten, um den Anschluss bei Innovationen nicht zu verpassen. Des Weiteren bedarf es im Unternehmen an Ambidexterität, das heißt der Fähigkeit von Organisationen, gleichzeitig effizient und flexibel zu sein.
Agilität und Ambidexterität sind zwei grundlegende Faktoren, um das Risiko-Ertrags-Paradox (Risk-Reward-Paradox) und das Ausbeuten/Erforschen-Dilemma (Exploit-Explore-Dilemma beziehungsweise Improve-Invent-Dilemma) zu lösen. Ausgewählte agile Techniken für extreme Kreativität und schlanke und schnelle Innovation werden in Kapitel 3.3vorgestellt.
2.5.1 Innovation bedeutet Veränderung
Innovationen finden in unterschiedlichen Bereichen statt. Wie erwähnt, kann es sich demzufolge bei Innovationen um neue Produkte, Lösungen und Dienstleistungen, neue Geschäftsmodelle und Strategien oder auch neue Organisationsstrukturen oder -kulturen handeln. Überall da, wo Innovation stattfindet, findet in weiterer Folge auch eine Veränderung statt und jede Veränderung unterliegt einem Prozess, dem Veränderungsprozess, der in typischen Phasen abläuft. Das planvolle Management von Veränderungsprozessen von einem Ausgangszustand (Status quo, Ist-Zustand) hin zu einem Zielzustand wird unter anderem als Change-Management bezeichnet. Change-Management umfasst alle Aspekte der Umsetzung, wirft einen ganzheitlichen Blick auf die Situation und hat keinen prozessorientierten Fokus. Veränderungen laufen in Einzelschritten ab, die strategisch sinnvoll geplant, gesteuert, kontrolliert und stabilisiert sind.
Generell werden interne und externe Auswirkungen unterschieden. Dazu gehören auch, wie bereits oben beschrieben, Innovationen:
+interne Auswirkungen: organisatorische, technische oder wirtschaftliche Auswirkungen, Umsetzung von Strategien, Prozessen, Technologien, Änderungen bestehender sowie Implementierung neuer Geschäftsmodelle usw.
+externe Auswirkungen: Politik, Wirtschaft, Technologie, Umwelt, Globalisierung, Auswirkungen von Gesetzgebung und Staat usw.
!
Praxistipp:
Veränderungen sollten wirkungsvoll sein. Gestalten Sie daher Veränderungsprozesse, und damit auch Ihre digitalen Transformationsprozesse, bewusst!
2.5.2 Ansätze in Veränderungsprozessen
Jeder, der sich mit der Umsetzung von Innovationen beschäftigt, und insbesondere das oberste Management sollte mit Veränderungsprozessen und den einzelnen zu durchlaufenden Phasen vertraut sein, um die Beteiligten und Mitarbeiter entsprechend erfolgreich durch diese Phasen zu führen. Hierfür gibt es unterschiedliche Ansätze. Zu den bekanntesten Modellen zählen:
+3-Phasen-Modell nach K. Lewin,
+Mitarbeiterführung in 4 Change-Management-Phasen,
+7-Phasen-Modell von Richard K. Streich,
+8-Stufen-Modell von Jon P. Kotter,
+5-Phasen-Modell von Wilfried Krüger.
An den beiden Modellen nach Lewin und nach Streich soll die Bedeutung für das Verständnis eines Veränderungsprozesses anhand eines Beispiels erläutert und veranschaulicht werden. Es wird angenommen, dass ein Unternehmen die Einführung eines neuen digitalen Geschäftsmodells plant. Dabei wird ein grundlegender und lang angewendeter Prozess den Kunden betreffend geändert. Künftig sollen Kunden durch eine Online-Plattform direkt mit ihren Betreuern in Kontakt treten können. Dies bedeutet wesentliche Veränderungen betreffend Kommunikation, Erreichbarkeit oder Projektabwicklung.
Lewins Modell ist ein vereinfachtes Modell zur Beschreibung von Veränderungen, das in den Phasen (1) Auftauen (Unfreezing), (2) Bewegen (Moving) und (3) Einfrieren (Refreezing) abläuft. Wie in Abbildung 8veranschaulicht, werden alte Strukturen aufgetaut und durch Bewegung entstehen neue Strukturen, die letztlich eingefroren werden. Diese neuen Strukturen werden nach geraumer Zeit wieder selbst zu alten Strukturen, die es zu verändern gilt, womit der Veränderungsprozess von Neuem beginnt.
Читать дальше