ABBILDUNG 8
3-PHASEN-MODELL DER VERÄNDERUNG NACH LEWIN
(QUELLE: STREIMELWEGER B.)
Lewin ging in seinem Ansatz von zwei grundsätzlich wirkenden Kräften in Organisationen aus. Die erste wirkende Kraft ist das Streben nach Sicherheit und Gewohnheit sowie der Angst vor Veränderungen. Die zweite wirkende Kraft ist jene, die Veränderungen innerhalb der Organisation hervorruft.[30]
+Phase 1 – Auftauen: Es wird Verständnis für die Stärken und Schwächen des Ist-Prozesses geschaffen und es erfolgt eine entsprechende Bewusstseinsbildung für die kommenden Veränderungen. Das anfangs herrschende Gleichgewicht zwischen antreibenden und widerstrebenden Kräften wird gestört. Durch die steigenden antreibenden Kräfte wird der Wandel initiiert.
+Phase 2 – Bewegen: Die Kräfte sind nun im Ungleichgewicht, es kommt Bewegung in den Wandel und Veränderungen werden geplant und umgesetzt. Das Prozess-Team wird zur Mitwirkung motiviert, um die Veränderungen selbst mitzugestalten. Dadurch entsteht das notwendige Commitment bei allen Beteiligten.
+Phase 3 – Einfrieren: Es kommt zur neuerlichen Stabilisierung der betroffenen Bereiche, in denen wieder Ruhe und damit ein neues Gleichgewicht einkehrt. In dieser Phase wird das Bewusstsein für kontinuierliche Weiterentwicklung geschaffen und alles getan, um einen Rückfall in den alten Status quo zu verhindern.
Stellt man das genannte Beispiel in Kontext zu Lewins Modell, so zeigt Phase 1, dass altbekannte Prozesse aufgebrochen werden müssen und der der Status quo zu verlassen ist, um die gewünschte Veränderung, nämlich ein neues Geschäftsmodell zu implementieren, herbeiführen zu können. Die Mitarbeiter setzen sich mit den neuen Gegebenheiten auseinander, sie verstehen die Notwendigkeit der Veränderung und beginnen, die neuen Prozesse aktiv mitzugestalten. Damit ist Phase 2 erreicht. Nachdem das Geschäftsmodell erfolgreich implementiert wurde und die neuen Prozesse von allen auch gelebt werden, entsteht die notwendige Stabilisierung und Ruhe im Unternehmen und jeder hat sich an die neuen Prozesse gewohnt. Die „neue Struktur“ wird damit eingefroren (Phase 3).
Das 7-Phasen-Modell von Streich, auch bekannt als 7 Phasen der (individuellen) Veränderung, ist vergleichbar mit dem Auf und Ab einer Gebirgskette. Eine schematische Darstellung der Veränderungskurve nach Streich zeigt Abbildung 9. Wie Menschen und ganze Organisationen Veränderungen erleben, hängt laut Streich von der „wahrgenommenen Kompetenz in der Veränderung ab, die sich im Zeitverlauf ändert “[31].
Zu den 7 Phasen nach Streich zählen[32]:
+Schock, Überraschung,
+Ablehnung,
+Rationale Einsicht,
+Emotionale Akzeptanz,
+Lernen,
+Erkenntnis,
+Integration.
ABBILDUNG 9
7-PHASEN-MODELL NACH STREICH
(QUELLE: STREIMELWEGER B.)
Jede Phase ist mit Emotionen verbunden und jede Phase muss zwingend durchlaufen werden. Ein Überspringen von Phasen ist nicht möglich, jedoch variiert die Zeitspanne einzelner Phasen, die von Mitarbeitern durchlebt werden. Was eine jede Phase für sich bedeutet, wird im Folgenden beschrieben.
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Praxistipp:
Veränderungsprozesse und Emotionen
Gehen Sie als verantwortliche Person für einen Veränderungsprozess auf mögliche Ängste und Zweifel der Mitarbeiter ein und vermitteln Sie ein Gefühl des Verständnisses. Zeigen Sie Empathie und gewinnen Sie damit das Vertrauen und in weiterer Folge die Zustimmung zur Veränderung und das Engagement während der Umsetzung der betroffenen und beteiligten Personen.
Phase 1: Schock, Überraschung – Eine wesentliche Veränderung steht an und die Mitarbeiter werden erstmalig mit ihrer Notwendigkeit konfrontiert. Typischerweise reagieren die Betroffenen einerseits mit Schock und Überraschung, andererseits kommt Angst betreffend die neue Situation auf sowie Unverständnis für diese. Sie erkennen, dass bestehende Handlungen und Praktiken für die neue Situation ungeeignet sind. Betroffene können in einen Schockzustand verfallen und sind damit nicht in der Lage, zu verstehen, dass die Veränderung notwendig ist und sie sich an etwas Neues anpassen müssen. Sie sind damit weder im Stande zu handeln noch zu denken und ihre Leistung und Produktivität sinkt radikal.
Phase 2: Ablehnung – Mitarbeiter beginnen sich nach dem ersten Schock an die Vergangenheit zu klammern. Sie möchten so weiter machen wie gewohnt. Es ist wichtig, dass die für den Veränderungsprozess verantwortliche Person, zumeist eine Führungskraft oder jemand aus dem Management, Bewusstseinsbildung für die Notwendigkeit der Änderung schafft. Es ist wichtig für die Betroffenen zu verstehen, warum die geplante Änderung für das Unternehmen wichtig ist und vorgenommen wird. Kommunikation ist hier das A und O.
Phase 3: Rationale Einsicht – Mitarbeiter sind in der Lage, die Notwendigkeit der Änderung zu verstehen. Sie haben sie allerdings noch nicht akzeptiert! Sie erkennen jedoch, dass ihre negative Haltung und Ablehnung nicht zielführend sind, die Änderung unumgänglich oder vielleicht sogar notwendig ist.
Phase 4: Emotionale Akzeptanz – Am tiefsten Punkt des Veränderungsprozesses, in der Trauerbewältigung, auch als das Tal der Tränen bezeichnet, werden die Kompetenzen reflektiert und es kommt zur entscheidenden Wende. Ab nun „geht es bergauf“. Nachdem die Mitarbeiter die Veränderung verstanden haben, beginnen sie nun diese zu akzeptieren. Die grundlegende Transformation oder Umstrukturierung kann beginnen, wobei von bekannten Handlungen und Praktiken abgewichen wird.
Phase 5: Lernen - Mitarbeiter beginnen, sich mit der neuen Situation auseinanderzusetzen. Sie entwickeln eine Neugier für den neuen geplanten Weg und die damit verbundenen Prozesse. Abgeleitete Maßnahmen werden wie in jedem Lernprozess durch Versuch und Irrtum erlernt.
Phase 6: Erkenntnis – Die Beteiligten erlangen die Erkenntnis, dass die geplante Veränderung auch eine Chance darstellt und etwas Gutes hat. Erste Erfolge bei der Erweiterung der eigenen Fähigkeiten führen dazu, Handlungen in den Alltag zu integrieren.
Phase 7: Integration – Es erfolgt die vollständige Integration von gesetzten Maßnahmen und Verhaltensweisen, welche die Veränderung mit sich brachte, in den Arbeitsablauf. Mitarbeiter betrachten sie nun als selbstverständlich.
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Praxistipp:
Wirkungsvolle Instrumente im Veränderungsprozess
Nutzen Sie Monitoren und Kommunizieren als wirkungsvolle Instrumente während des Veränderungs- oder Transformationsprozesses.
Kommen wir zurück zum Beispiel der Implementierung eines neuen Geschäftsmodells und stellen dies in Relation zu Streichs Modell. Mit der Einführung eines neuen digitalen Geschäftsmodells durch die Geschäftsführung soll eine neue Online-Plattform implementiert werden. Die Mitarbeiter, die unmittelbar davon betroffen sind, sind schockiert (Phase 1 – Schock, Überraschung) und verstehen nicht, warum sie plötzlich ständig und rund um die Uhr erreichbar sein sollten. Sie sehen lediglich ihre möglichen Mehraufwendungen, jedoch nicht, welche Vorteile die Plattform mit sich bringt. Sie lehnen diese ab und wollen an ihrer Kommunikation nichts ändern (Phase 2 – Ablehnung). Nachdem das Management die Vorteile sowie die Notwendigkeit der Umstrukturierung erläutert, um wettbewerbsfähig zu bleiben und damit auch Arbeitsplätze sichern zu können, beginnen die Betroffenen die geplante Änderung zu verstehen (Phase 3 – rationale Einsicht). Sie setzen sich intensiver mit der Änderung auseinander und akzeptieren die Änderung als wichtige Notwendigkeit (Phase 4 – emotionale Akzeptanz). Die neue Plattform weckt nun die Neugierde und die Mitarbeiter beginnen, neue Wege einzuschlagen (Phase 5 – Lernen). In weiterer Folge erkennen Sie auch die damit verbundenen Chancen (Phase 6 – Erkenntnis). Sie gestalten aktiv die Implementierung mit, bekennen sich zur neuen Plattform und haben die neuen Prozessabläufe verinnerlicht (Phase 7 – Integration).
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