Orte der HandlungKohlhaasenbrück heißt das brandenburgische Dorf, in dem Michael Kohlhaas mit seiner Familie lebt und von dem aus sich der Gang der Handlung entfaltet. Wichtige Stationen seines Lebenswegs bis zur Hinrichtung in Berlin sind:
Der Konflikt und die Suche nach Gerechtigkeit (S. 3–28)
Der Der handelsreisende BürgerPferdehändler Michael Kohlhaas lebt mit seiner Familie in Kohlhaasenbrück, einem kleinen Ort an der Havel, und ist Untertan des Kurfürsten von Brandenburg, der seine Residenz in Berlin hat. Kohlhaasens Geschäfte führen ihn über die Grenze, »ins Ausland« (S. 3), nämlich ins Kurfürstentum Sachsen mit der Haupt- und Residenzstadt Dresden und der Messestadt Leipzig. Auf einer solchen Geschäftsreise wird er eines Tages nach dem Passieren der Landesgrenze auf dem Gebiet des Junkers Wenzel von Tronka, auf der sogenannten Tronkenburg, angehalten und nach dem »landesherrlichen Erlaubnisschein« (S. 4), einem Die Schikane des JunkersPassierschein mit Genehmigung zur Durchreise durch fremdes Gebiet, gefragt. Kohlhaas, der von einer entsprechenden Notwendigkeit nichts weiß, wird gezwungen, »ein Paar Rappen« (S. 5), auf die der Junker ein Auge geworfen hat, als Pfand zurückzulassen, wenn er seine Reise fortsetzen will. In Dresden erfährt er, dass die Forderungen des Junkers ungesetzlich sind. Als er auf der Rückreise seine Pferde von der Tronkenburg abholen will, muss er feststellen, dass die Rappen heruntergewirtschaftet sind und dass der zurückgelassene Pferdeknecht vertrieben wurde. Kohlhaas beschließt, den Junker bei Gericht in Dresden zu verklagen und Die Forderung nach WiedergutmachungWiedergutmachung für Mensch und Tier zu fordern. Im Bemühen, sein Recht zu erstreiten, scheitert er an den verfilzten Strukturen der Justiz. Er, der einfache, rechtschaffene Pferdehändler, kommt gegen die sich gegenseitig Stützenden aus der Adels- und Ritterschicht nicht an. Seine Frau Lisbeth muss ihren Versuch, dem Kurfürsten von Brandenburg persönlich eine Petition zu überreichen, sogar mit dem Leben bezahlen.
Der Rachefeldzug des Michael Kohlhaas (S. 28–40)
Kohlhaas – dessen Welt mit dem Tod seiner Frau zusammenbricht – beschließt, sich sein SelbstjustizRecht auf eigene Faust zu erstreiten. Er verkauft seine Besitztümer, versammelt eine Schar treuer Knechte um sich und überfällt die Tronkenburg. Das Schloss wird niedergebrannt; doch der Schlossherr, der Junker Wenzel von Tronka, kann sich in ein benachbartes Kloster retten, in dem Antonia von Tronka, seine Tante, Äbtissin ist. Kohlhaas setzt »das Geschäft der Rache« (S. 28) fort, glaubt er doch, dass er sich »in einem gerechten Krieg« mit »dem Junker Wenzel von Tronka« (S. 31) befinde. Mit seinem anwachsenden Kriegstross verfolgt er den Junker und steckt mehrmals die Stadt Wittenberg, wo sich sein Gegner inzwischen aufhält, in Brand. Seine Kriegsschar, die jetzt »auf hundertundneun Köpfe herangewachsen« (S. 38) ist, besiegt die Truppen des Landvogts Otto von Gorgas, wenngleich Kohlhaas zahlreiche Verluste erleiden muss, so etwa den seines treuen Pferdeknechtes Herse. Wenige Tage später legt er mit seiner Gefolgschaft auch in der Messestadt Leipzig Feuer, wo man den Junker nun vermutet. Kohlhaas, der sich berufen fühlt, »die Arglist, in welcher die ganze Welt versunken sei, zu bestrafen«, fordert von Schloss Lützen aus, wo er sich einquartiert hat, das Volk in Plakaten auf, »sich zur Errichtung einer besseren Ordnung der Dinge, an ihn anzuschließen« (S. 39).
Die Disputation Kohlhaasens mit Luther (S. 40–53)
Diesem Revolutionsaufruf tritt Der Aufruf LuthersLuther, der selbst in Wittenberg unter den Verwüstungen zu leiden hatte, entgegen; er tituliert Kohlhaas als »Rebell« und fordert ihn auf, »das Schwert des Raubes und der Mordlust« niederzulegen und seine Sache von der »Obrigkeit« (S. 41) entscheiden zu lassen. Kohlhaas, der sich missverstanden fühlt, sucht Luther in Wittenberg auf und legt seine Position dar. Am Ende eines ausführlichen Der DisputGesprächs erklärt sich Luther bereit, sich beim Kurfürsten dafür einzusetzen, Kohlhaas »des Vorgefallenen wegen […] Amnestie [Straferlass] zu erteilen« (S. 48). Tatsächlich gewährt der Kurfürst von Sachsen Kohlhaas »freies Geleit nach Dresden« (S. 52) unter der Bedingung, dass dieser seine Truppen auflöse; allerdings müsse Kohlhaas auch mit einem Prozess »seines eigenmächtigen Unternehmens wegen« (S. 52) rechnen. Kohlhaas ist damit einverstanden und begibt sich nach Dresden.
Kohlhaas und das Tribunal in Dresden (S. 53–80)
Nachdem Kohlhaas die Kriegsleute entlassen hat, bezieht er in seinem Haus in der Dresdner Vorstadt Wohnung, lässt seine Kinder nach Dresden kommen und reicht seine Erneute Klage in DresdenKlage ein. Es macht große Mühe, die beiden Rappen, den ursprünglichen Gegenstand des Streites und des nun folgenden Prozesses, aufzutreiben, da man deren Spur nach dem Brand auf der Tronkenburg verloren hat. Endlich verbreitet sich die Nachricht, dass »der Abdecker von Döbbeln« die »Pferde […], um derenthalben der Staat wanke« (S. 58), nach Dresden gebracht habe. Die Rappen sind bis zur Unkenntlichkeit heruntergekommen, werden als »Schindmähren« (S. 62) abgetan, von Kohlhaas aber als die seinen anerkannt. Angesichts des Zustands der Pferde erscheint seine Forderung an die Familie von Tronka, die Rappen in den ursprünglichen kraftvollen Zustand zu bringen und dann zurückzugeben, als absurd und unerfüllbar. Die Stimmung in der Bevölkerung schlägt um. Sie wendet sich direkt gegen Kohlhaas, als bekannt wird, dass Johann Nagelschmidt, einer seiner Kampfgefährten, die entlassenen Kriegsleute wieder zusammengebracht hat, sich als »Statthalter des Kohlhaas« (S. 67) ausgibt und plündernd durch die Gegend zieht. Kohlhaas, der glaubhaft versichern kann, dass er in völliger Nagelschmidt: Distanz oder Bündnis?Distanz zu Nagelschmidt steht, möchte inzwischen in dem Rechtsstreit einlenken und wartet nur auf »eine Eröffnung von Seiten des Junkers, oder seiner Angehörigen, um ihnen mit völliger Bereitwilligkeit und Vergebung alles Geschehenen, entgegenzukommen« (S. 65). Doch die Tronkas sehen bei Lage der Dinge gute Chancen, den Prozess für sich zu entscheiden. Trotz der erteilten Amnestie wird Kohlhaas wie ein Gefangener bewacht. Als er sich der Flucht verdächtig macht und als man ihm nachweisen kann, dass er entgegen seinem Versprechen doch Kontakt mit Nagelschmidt hat, wird er »durch einen Kabinettsbefehl des Kurfürsten arretiert« (S. 79) und »Das Dresdner Urteilverurteilt, mit glühenden Zangen von Schinderknechten gekniffen, gevierteilt, und sein Körper, zwischen Rad und Galgen, verbrannt zu werden« (S. 79 f.).
Die Prophezeiung und das endgültige Urteil in Berlin (S. 80–109)
Gegen diese Entscheidung erhebt der Eingreifen des Kurfürsten von BrandenburgKurfürst von Brandenburg Protest; er verlangt die Auslieferung des Kohlhaas »als brandenburgische[r] Untertan« (S. 80) nach Berlin; eine Vollstreckung des in Sachsen »ausgesprochenen Todesurteils« würde »eine Verletzung des Völkerrechts« (S. 81) bedeuten. Der Kurfürst von Sachsen fügt sich, wendet sich aber gleichzeitig an die »Majestät des Kaisers zu Wien« und legt nahe, Kohlhaas wegen Landfriedensbruch »bei dem Hofgericht zu Berlin […] durch einen Rechtsankläger zur Rechenschaft zu ziehen« (S. 82).
Zufällig begegnet der sächsische Begegnung mit dem Kurfürsten von SachsenKurfürst dem Kohlhaas noch einmal, als die fürstliche Jagdgesellschaft genau dort übernachtet, wo der Gefangenentransport, der Kohlhaas von Dresden nach Berlin überstellen soll, Station macht. Spät am Abend suchen der Kurfürst, eine Dame seiner Begleitung und einige Junker aus einer Laune heraus den Inhaftierten auf. Dabei bemerkt der sächsische Kurfürst »eine kleine bleierne Die Bedeutung der KapselKapsel« (S. 85), die Kohlhaas vom Hals herabhängt. Augenblicklich erinnert er sich, dass in dieser Kapsel die Prophezeiung einer »Zigeunerin« (S. 87) verborgen ist, die ihn und sein Kurfürstentum betrifft, aber nicht ihm, sondern einem unbeteiligten Zuschauer ausgehändigt wurde. In der Folge unternimmt der Kurfürst alles nur Mögliche, um in den Besitz dieser Kapsel zu kommen. Er bietet Kohlhaas sogar »Freiheit und Leben« (S. 89) im Tausch für die Kapsel an. Kohlhaas aber, der erfährt, welche Bedeutung diese und der darin enthaltene Zettel für den Fürsten hat, lehnt das Angebot ab. Er erkennt, welche Macht ihm selbst durch den Besitz der Kapsel gegeben ist. Auge in Auge mit dem Kurfürsten würde er, wenn er dazu Gelegenheit hätte, sagen: »du kannst mich auf das Schafott bringen, ich aber kann dir wehtun, und ich will’s!« (S. 90).
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