Heiko Werning - Im wilden Wedding - Zwischen Ghetto und Gentrifizierung

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Im wilden Wedding: Zwischen Ghetto und Gentrifizierung: краткое содержание, описание и аннотация

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Willkommen im wilden Wedding, jenem Berliner Bezirk, der wahlweise als eines der härtesten Krisengebiete des Landes oder als kommender In-Bezirk gepriesen wird. Erstaunlicherweise beides seit Jahrzehnten in friedlicher Koexistenz. Hier müssen sich die Bewohner noch nicht mit Touristen herumärgern, die sich in ihre Hauseingänge übergeben, hier steigt man auf dem Nachhauseweg noch über echte einheimische Kotze vom ureigenen Prekariat. Hier treffen sich nachts am Imbiss der McFit-gestählte Jungmacho, den seine Eroberung des Abends vor die Tür gesetzt hat, weil er zu betrunken war, um noch einen hoch zu kriegen, mit dem Prediger vom Moscheeverein gegenüber, der seinen Heißhunger auf Schweinefleisch zu stillen sucht.

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Ich bin verwundert. Dieses Schreiben wirkt nicht authentisch. Erstens: welche hohen Mieten? Oder hat sich das kürzlich aus Westdeutschland zugezogene Girl’s Camp im dritten Stock betuppen und sich den Wedding als Mitte andrehen lassen? Ansonsten wirkt die Aussage mit den hohen Mieten nämlich eher so wie die eines Querulanten beim Lidl in der Müllerstraße am Regal mit den Fleischabfällen, der sich lauthals im Selbstgespräch beschwerte: »Für das Geld kann man ja wohl auch Qualität verlangen!« Und zweitens: wieso Besuch einladen? Wer käme denn hier auf die Idee, Besuch einzuladen, der sich daran stören könnte, wie es hier aussieht?

Das Schreiben listet diverse Skandale aus der jüngeren Hausgeschichte auf. Einen Ausfall der Flurbeleuchtung, für den wir 1 % unserer Miete einbehalten sollen, was durch irgendwelche Gerichtsurteile, die gleich dazu zitiert werden, gedeckt sein soll. Der Lichtausfall war mir auch aufgefallen, und zwar vor allem deshalb, weil er überraschend schnell behoben worden war; am Sonntagnachmittag blieb es dunkel, am Freitagmittag war es schon wieder hell. So etwas ist eigentlich nicht üblich hier. Ich hatte kurzzeitig schon Angst, dass es vielleicht doch allmählich losgeht mit der Gentrifizierung.

Weitere Vorwürfe folgen: Es liege Müll herum (2 %), die Müllabfuhr komme nicht regelmäßig (4 %). Es gab einen Tag lang kein Wasser (1,5 %). Die Haustür schließt nicht richtig (1 %). Das Wetter im Innenhof ist schlecht (3 %). So was halt. Wir werden deshalb aufgefordert, unsere Miete zu mindern oder nur unter Vorbehalt zu zahlen. Wie gesagt: Ein Hauch von Umsturz liegt in der Luft.

Aber wer von den Hausbewohnern könnte hier den Aufrührer im Untergrund geben? Ich bin ratlos. Ist das Schreiben politisch motiviert? Immerhin wird die Hausverwaltung von einem Herrn mit türkisch klingenden Namen angeführt. Sind das schon die Folgen der immer exzessiveren Islamkritik? War Henryk M. Broder bei uns am Briefkasten? Oder waren es gar die Christen aus dem Palmblatt -Café im Vorderhaus? Die sind immerhin missionarisch. Wollen sie auf diese Weise die Moslems zurückdrängen? Andererseits: Wäre das nicht ein wirklich berechtigter Mietminderungsgrund, dass die da vorne im Haus residieren – mindestens 10 % für die Halleluja-Chöre, die durchs Fenster in den Innenhof dringen? 5 % für die Jesus-Filme, die sie vorne im Schaufenster laufen lassen? Das ist peinlich, wenn mal Besuch kommt!

Wer sonst könnte das seltsame Schreiben verteilt haben? Hoppe scheidet aus, der kann nicht mal schreiben. Das Künstlerpaar scheidet aus; ich sehe durch mein Schreibtischfenster, wie es kopfschüttelnd den Brief in den Altpapiercontainer wirft. So macht es auch ein weiterer Hausbewohner nach dem anderen. Langsam wird es eng. War es doch Robert Rescue, unser Hartz-IV-Bezie­her aus Leidenschaft? Haben sie ihm das in seiner letzten Maßnahme vom Jobcenter beigebracht? Ist das deren neuster Trick zum Sparen bei den Hartz-IV-Bezügen, dass sie die Kunden einfach anhalten, die Miete zu mindern, damit der Staat weniger Wohnungskosten übernehmen muss? Ich werde ihn im Auge behalten.

Ich kann das Rätsel letztlich nicht lösen. Nur eines ist klar: Wir haben einen Querulanten im Haus. Eine undichte Stelle. Einen Maulwurf.

Mein Blick fällt auf die inzwischen gänzlich aufgetaute tote Ratte. Direkt dahinter ist der Innenhofgletscher zu einem beachtlichen Berg aufgetürmt. Da könnte durchaus noch ein ganzer Mann im Eis eingeschlossen sein. Vielleicht ein Mitarbeiter der Kammerjägerfirma Rentokill , die seit Jahren im Auftrag der Hausverwaltung einen vergeblichen Kampf gegen die Nagetiere der Umgebung führt, von der wir jetzt aber schon auffällig lange niemanden mehr gesehen haben, wie das Aufrührerschreiben bemängelt (Schädlingsbefall, 2 %). Das ist vielleicht gar nicht die Schuld der Hausverwaltung. Vielleicht ist die letzte Runde einfach unentschieden ausgegangen. Wenn es weiter so taut, wird der Mann morgen frei im Hof liegen. Ich denke, dafür ist dann aber wirklich eine ordentliche Mietminderung fällig.

Walpurgisnacht

Erstaunt stehe ich vor einem dieser großen, grauen Käs­ten, die überall herumstehen und in denen irgendwas mit Strom oder Telefon drin ist. Auf diesem Kasten hier, mitten auf dem Mittelstreifen der Seestraße, prangt ein neues Plakat: In zeitloser Optik prangt eine weiße Faust auf schwarzem Grund, in roter Schrift steht daneben: »Nimm, was dir zusteht!«

Ach, mir wird ganz warm ums Herz. Lange nicht mehr gesehen: echte Autonomen-Folklore. Was dem Bayern Oktoberzelt und Lederhose und dem Rheinländer der Rosenmontag, sind dem Berliner bekanntlich seine putzigen Antikapitalisten samt zugehörigem Umzug, der hier traditionell am Mai-Feiertag abgehalten wird. Man muss die Feste eben feiern, wie sie fallen. Und im fortgeschrittenen­ Frühjahr ist es auf jeden Fall erheblich wärmer als beim doch oft ungemütlich kalten Karneval, da haben die Autonomen durchaus einen Sinn fürs Praktische bewiesen.

Was mich allerdings irritiert, ist die Ortsangabe auf dem Plakat: Geladen wird zur Molotowcocktailparty anlässlich der Walpurgisnacht diesmal nicht nach Prenzlauer Berg oder Friedrichshain, sondern, tatsächlich, in den Wedding. Was wollen die denn hier?

Sie wollen, so entnehme ich später einem Aufruf, gegen die Gentrifizierung demonstrieren. Da ist es natürlich klug, dorthin zu gehen, wo es noch gar keine Gentrifizierung gibt. Quasi prophylaktisch. Es gebe allerdings, informiert mich der Aufruf, deutliche Anzeichen für Gentrifizierung auch im Wedding. Das würde mich ja mal etwas genauer interessieren. Was meinen die bloß?

Zum Essen bin ich mit Bernhard im Saray verabredet. Ich berichte ihm von der bevorstehenden revolutionären Walpurgisnacht.

»Die nennen das wirklich Walpurgisnacht?«, wundert er sich, »das Wort kennt hier doch keine Sau!«

In der Tat, hier scheint ein gewisser Zielgruppenkonflikt zu herrschen. Dabei ist der Aufruf zur Walpurgisnacht Wedding sogar eigens auch in Türkisch, Arabisch und noch irgendwelchen Sprachen gehalten. Walpurgisnacht. Dafür gibt’s doch auf Arabisch bestimmt gar kein Wort. Na ja, wer weiß, was da in Wirklichkeit steht. Vielleicht ja tatsächlich was gegen Gentrifizierung. Ich frage Ahmed, der uns ein Bier bringt: »Steht da was von Walpurgisnacht?«

Er staunt.

»Was ist Walpurgisnacht?«

»Walpurgisnacht ist gegen Gentrifizierung«, informiert Bernhard ihn gelangweilt.

»Was ist Gentrifizierung?«, fragt Ahmed.

»Gentrifizierung ist, wenn Leute mit Geld hierher ziehen.«

»Das ist gut!«, sagt Ahmed, »wenn Leute mit Geld herziehen, können wir mehr Döner verkaufen. Aber hier ist niemand mit Geld. Hier ist Wedding.« Wir zucken mit den Schultern.

Der türkische Satz auf dem Flugblatt lautet dann übrigens doch nur »Gegen soziale Diskriminierung und ras­sis­tische Provokation«, übersetzt Ahmed für uns. Gegen die Gentrifizierung sollen offenbar nur die Deutschen demonstrieren, wahrscheinlich, weil der türkische und arabische Teil der Bevölkerung gar nichts gegen ein kleines bisschen Gentrifizierung hätte, wenn man sie denn fragen würde.

»Gentrifizierung!«, knurrt Ahmed, »wo soll denn hier Gentrifizierung sein?«

»Vielleicht«, mutmaßt Bernhard, »das L’Escargot ? Da gibt es wirklich gutes Essen!«

»Na ja«, gebe ich zu bedenken, »aber das L’Escargot gab es 1991 auch schon, als ich hier hergezogen bin.«

»Aber da hieß das noch nicht Gentrifizierung«, beharrt Bernhard, »da hieß das noch gutes Essen.«

»Hier auch gutes Essen!«, merkt Ahmed zu Recht an, »aber hier nicht Gentrifizierung.« Kopfschüttelnd verlässt er unseren Tisch.

Im Tagesspiegel ist die Route des Demonstrationszugs veröffentlicht. Sie verläuft direkt über die Müllerstraße und dann noch etwas durch die umliegenden Wohngebiete. »Scheiße«, knurrt Bernhard, »das ist direkt auf meinem Nachhauseweg vom Café Cralle . Und das vorm 1. Mai, ist doch Feiertag! Da hört der Spaß aber mal auf, wenn dann alles abgesperrt ist wegen den antikapitalistischen Kasperln und ich nicht nach Hause komme!«

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