Ipheriea,Elfin auf Wanderschaft
ALBEN
Pahrafin,älterer Bruder von Saparin (verstorben)
Saparin,halbgöttlicher Diener von Loës
Nemesta,wiedererweckte Heldin des Großen Krieges
Peilnhin,Offizier der albischen Armee
Koschugnáh,Heiler
Lawaja,Kriegerin, Tochter von Koschugnáh
Rachlor,Vater von Darius und Therry
ORKS
Drug,gefangener Häuptling/Vorugnaï-Gosh
Varinez,gefangener Häuptling/Vorugnaï-Gosh
Baaludor,gefangener Häuptling/Vorugnaï-Gosh
GÖTTER
Loës,Gott der Alben
Otairio,Gott der Menschen
Boringars,Gott der Zwerge
Sylfone,Göttin der Elfen
Teil 1
Prolog
»Skal, hältst du es noch immer für klug, dich mit den Alben einzulassen?« Cedryks Worte drangen dumpf und wie durch eine verschlossene Tür an seine Ohren. Nichtsdestotrotz war der alte Iatas froh, den Klang seiner Stimme nach so langer Zeit wieder vernehmen zu dürfen. Betrübt sah er in die Augen seines einstigen Schülers, die ihn anklagend taxierten. Doch bereits nach einem Lidschlag musste Skal den Blick wieder senken, da er den stummen Vorwurf nicht mehr ertragen konnte.
Eine Weile standen die beiden Männer schweigend nebeneinander und blickten hinab auf das saftige Gras und die sanften Hügel der Weinbergebene, die sie in vergangen Tagen oft bereist hatten.
»Du weißt, dass ich inzwischen keine andere Wahl mehr habe?«, brach Skal nach einiger Zeit die eisige Stille zwischen ihnen, die so ganz im Gegensatz zu der friedlichen Umgebung stand, in der alles blühte und gedieh. Noch immer konnte er Cedryk nicht in die Augen sehen, also blickte er weiter hinab auf die Weinranken, die an den Rebstöcken im Norden emporwuchsen und dieser Gegend ihren Namen verliehen. Obwohl er seine Worte wie eine Frage gestellt hatte, klangen sie selbst in seinen Ohren nach einer Rechtfertigung. Eine Begründung für den Gesinnungswandel, welchen er vollzogen hatte. Eine Ausrede für seinen Verrat.
»Man hat immer eine Wahl, Skal. Zumindest sind das die Worte, die du mich einst gelehrt hast, bevor ...«, Cedryk ließ den Satz unausgesprochen zwischen ihnen stehen und zwang seinen ehemaligen Meister somit, ihn für sich selbst zu beenden.
... Bevor ich dich umgebracht habe , schloss dieser in Gedanken.
»Du hattest damals die Wahl und hast sie auch heute noch. Du wirst sie immer haben. Anders als ich. Mir hast du diese Freiheit für immer genommen.« Cedryk drehte sich nun zu ihm um und obwohl seine Stimme immer lauter geworden war, ließ sie jeglichen Zorn missen, der doch nur zu gerechtfertigt gewesen wäre. Skal quälte das bloß noch mehr. Auch die Körperhaltung seines einstigen Schülers wies keinerlei Aggression auf, so wie es früher stets der Fall gewesen war, wenn er etwas begehrte oder andere von seiner Meinung überzeugen wollte. Er stand einfach nur anklagend vor ihm und strahlte eine hohngleiche Bitterkeit aus. Dabei war es doch an Skal, verbittert zu sein. Hatte nicht er jedes Recht, das Schicksal zu verfluchen, welches ihn erst dazu gebracht hatte, Cedryk zu töten und nun auch noch Darius und Therry ins Unglück zu stürzen?
»Nein«, hauchte er bloß, schüttelte den Kopf und trat einen Schritt auf den Jüngling zu, bis sich ihre Nasenspitzen beinahe berührten. Wut stieg in dem alten Krieger auf. Wut über das Unverständnis von Cedryk und über die Geringschätzigkeit dem gegenüber, was er durchmachen musste. Was wusste dieser Junge denn schon?
»Du verstehst das nicht. Ich habe keine Wahl und ich werde sie auch nie wieder haben, Cedryk. Loës wird dereinst ganz Epsor beherrschen und entweder man ist für ihn oder gegen ihn. Ich bin lediglich schlau genug, mich auf die Seite des Siegers zu stellen. Das hättest du auch tun sollen, als du noch die Gelegenheit dazu gehabt hast.«
Doch diesmal war es an Cedryk, den Kopf zu schütteln. »Das ist nur eine Ausrede und das weißt du. Doch selbst wenn dem nicht so wäre, du hattest früher eine Wahl. Du hattest die Möglichkeit, dich und alles, was du zu schützen geschworen hast, an die Alben zu verkaufen. Du hattest die Möglichkeit, den Edelstein zu stehlen, der es Loës erlaubt hat, seinem Gefängnis zu entfliehen. Du hattest die Möglichkeit, ihn zu töten, anstatt Irys, als du gemeinsam mit ihr im Albewald-Tempel gewesen bist.« Cedryk atmete schwer. »Und du hattest die Wahl, mich zu töten«, schloss er schließlich traurig, woraufhin Skal einige Schritte zurückwich und die Augen schloss, so als könne er das eben Gehörte dadurch ungeschehen machen.
Aber das Gegenteil war der Fall. Während er sich noch fragte, woher Cedryk dies alles wusste, stiegen ihm die Bilder seiner Opfer innerlich vor Augen. Die Gesichter all jener, die zugunsten seiner Pläne, mehr Macht zu erlangen, weichen mussten. Cedryk, Irys, Pahrafin, Bullrich und nicht zuletzt auch noch Darius und Therry. Mit aller Kraft riss er die Lider wieder auf, um sich von dem Albdruck zu befreien. Aber anstatt dass sein anklagendes Gewissen von ihm abließ, wurde alles nur noch schlimmer.
Grelles Licht blendete Skal im ersten Moment, da er wieder etwas anderes zu sehen erhoffte, als die anklagenden Blicke und blutverschmierten Leichen der Personen, die er hintergangen hatte. Es brauchte einen kurzen Moment, bis sich seine Augen an die Helligkeit gewöhnt hatten. Als er schließlich wieder etwas erkennen konnte, musste Skal feststellen, dass er sich nicht mehr am Rande der Weinbergebene befand. Das durchdringende Licht stammte von blütenweißem Schnee, der das Sonnenlicht reflektierte.
Der Ort des Friedens und des Lebens war binnen eines Atemzuges einer Eiswüste weitab jener fruchtbaren Ebene gewichen. Lebensfeindlich und trostlos ragte der Berg Karakjerra vor ihm auf. Wie tausend Augen blickten seine Ehrfurcht gebietenden Felswände und der majestätische Gipfel – auf dem, wie er wusste, Loës einst begraben gelegen hatte – auf ihn herab. Doch trotz der Kälte und des schneidenden Windes, fühlte Skal kein körperliches Unbehagen. Die eisige Temperatur drang nicht zu ihm durch und als er an sich herabblickte, stellte er fest, dass seine nackten Füße keine Spuren im Schnee hinterließen.
Leicht verwirrt drehte der Iatas sich einmal im Kreis, um seine Umgebung etwas genauer zu betrachten. Da keine einzige Schneeflocke vom bedeckten Himmel fiel, reichte sein Blick bis hinauf zu dem plateauartigen Gipfel. Eine tief hängende Wolke drückte sich gegen die schroffe Felswand und versuchte sie zu überwinden. Skal hatte die Drehung um seine eigene Achse noch nicht ganz beendet, aber ein Teil von ihm erahnte bereits, was er noch zu sehen bekommen würde.
Gedämpft, jedoch zunehmend lauter werdend, drangen die Geräusche eines sich anbahnenden Kampfes an sein Ohr. Die Szenerie, die sich dem alternden Krieger darbot, war ihm gleichermaßen vertraut wie auch befremdlich. Unzählige Male war sie schon vor seinem geistigen Auge abgelaufen – wenn auch stets aus einem anderen Blickwinkel. Die Worte, welche vom Wind nur bruchstückhaft an ihn herangetragen wurden, brauchte er nicht, um zu wissen, was die beiden Männer sprachen. Schließlich war er selbst einer von ihnen.
»Fragst du dich, weshalb ich dir die Bilder unseres Kampfes zeige?« Wie aus dem Nichts war Cedryk wieder neben ihm aufgetaucht. Auch er blickte hinab und sah zu, wie sein vergangenes Selbst Skal in diesem Moment grob bei den Schultern packte und ihn gegen die raue Wand des Berges stieß.
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