3Wenn der Blick über den Tellerrand allein nicht die erforderlichen Erkenntnisse für die Praxis bietet, ist der Blick zurück zum Ursprung des Personalmanagements, dessen organisationale Einbettung und praktische Bedeutung für die Unternehmensführung möglicherweise sinnvoll.
Die Herausbildung des Personalmanagements ist eng verbunden mit der Betrachtung der Faktoren Mensch, Arbeit, Arbeitsmittel und -umgebung. Die Humanisierung der Arbeit, arbeitswissenschaftliche Ansätze der Arbeitsgestaltung und theoriegeleitete Organisationsansätze boten Ansätze für weitere Überlegungen zu einem effizienten Einsatz des arbeitstätigen Menschen (vgl. Kolb, 1998, S. 11).
4Personalmanagement hat seine Grundlegung in den klassischen Personalaufgaben, wie Bezügerechnung und Aktenverwaltung, die im Zuge der industrialisierungsbedingten Arbeitsteilung als eigenständiges Aufgabenfeld im Management entstanden. Im Zuge des Arbeitswissenschaftsansatzes kamen weitere Personalaufgaben wie Mitarbeiterschulung und Leistungsanreizsysteme hinzu (vgl. Scholz [I], S. 59 f.).
Es war das große Verdienst Frederick W. Taylors (1856–1915), dass erstmals auf der Basis einer wissenschaftlichen Analyse von Arbeits- und Zeitstudien aus dem praktischen Betriebsalltag ein Konzept der wissenschaftlichen Betriebsführung entwickelt werden konnte. Taylor löste, ausgehend von seinen Annahmen über die menschliche Natur, die Einheit von Planung und Ausführung der Arbeit auf. Diese Trennung von Kopf und Handarbeit führte zu einem hohen Spezialisierungsgrad der Handarbeit, der durch Bewegungsstudien immer weiter optimiert wurde und einen beliebigen Austausch von Arbeitskräften praktisch ohne Einarbeitung ermöglichte. Die Arbeitsvorgänge waren sehr stark gegliedert, sodass in Folge der immer gleichen monotonen Arbeitsvorgänge die Fließbandfertigung optimiert und damit die Arbeitsintensität und in Folge dessen die produzierte Stückzahl gesteigert werden konnte.
Taylors Konzept einer wissenschaftlichen Betriebsführung berücksichtigte neben der Rationalisierung auch den Aspekt der Kooperation. Kooperation wurde zu einem wichtigen Bindeglied zwischen den spezialisierten Arbeitsvorgängen und der Planung (vgl. Schreyögg, 1998, S. 39 f.).
Die von Taylor auf der Basis grundlegender Ordnungsregeln entwickelten unterschiedlichen Funktionsstufen führten zu einer hohen Kontrolldichte aller Arbeitsvorgänge und damit zu einem hohen Machtanteil des Managements. Nicht etwa der Arbeiter war für die Produktivität seiner Arbeit verantwortlich, sondern der Manager (vgl. Schreyögg, 1998, S. 31).
Taylor prägte auf der Grundlage seiner Arbeitsstudien die betriebswirtschaftlichen und betriebsökonomischen Definitionen des mechanischen Unternehmensbegriffs und legte damit den Grundstein für Paradigmen klassischer Managementkonzepte mit Begründung des Scientific Managements, auf arbeitswissenschaftlicher Grundlage und späteren Einbeziehung der naturwissenschaftlichen Erkenntnisse auf das Management (vgl. Malik, 2006, S. 28).
5Max Weber (1864–1920) entwickelte etwa zeitgleich die Theorie der Rationalisierung des gesamten Lebens. Sein Anliegen war es, am Beispiel unüberschaubar gewordener Großorganisationen die „Handlungen der Individuen zweckgerichtet aufeinander zu beziehen“ (vgl. Schreyögg, 1998, S. 31). Weber sah in einer strukturellen Herrschaftsverteilung in Befehlende und Gehorchende das wichtigste Prinzip einer entpersonalisierten systematischen Funktionsweise großer Organisationen. Weber erweiterte seinen funktionalen Ansatz jedoch nicht in Bezug auf Strukturen und Prozesse der Gesamtorganisation. Dies wurde später im Human-Ressource-Ansatz berücksichtigt.
Weber erkannte das Erfordernis, speziell für die Einhaltung dieser Regeln ausgebildetes und geschultes Fachpersonal mit entsprechenden Stellenbeschreibungen und durch Arbeitsvertrag fixierten Laufbahnen, vorzuhalten. Öffentliche Verwaltungen funktionieren bis heute nach diesem Prinzip, das in zahlreichen Rechtsvorschriften manifestiert ist (vgl. Schreyögg, 1998, S. 34 f.).
Die Ansätze von Taylor und Weber erwiesen sich unter den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen jener Zeit als äußerst effizient, da hierdurch das Management in der Lage war, den Einsatz von personellen Ressourcen an die Veränderungsgeschwindigkeit anzupassen.
6Der Beginn des Personalmanagements heutiger betriebswirtschaftlicher Prägung ist eng mit dem Human-Relations-Ansatz sowie systemorientierter und sozio-technischer Ansätze ab der 1950-er Jahre verbunden. Mit diesen Ansätzen wurde der Blick auf die menschliche Arbeitswelt gelegt, im Gegensatz zu den unpersönlichen klassischen Ansätzen. Flankiert durch eine Entwicklung vom pessimistischen zu einem optimistischen Menschenbild als Ausgangspunkt von Organisationstheorien wurden erstmals Umwelteinflüsse auf die Produktivität des Menschen untersucht (vgl. Hawthorne-Experimente 1927 bis 1932, in: Schein, 1980, S. 48 f.).
2.Gegenstand und Ziele des Personalmanagements
7Die administrative Personalarbeiterfüllt klassische Unterstützungsaufgaben wie Personalbetreuung, Personalaktenführung, Gehaltszahlung und Zeiterfassung und gewährleistet die Leistungsbereitstellung der Ressource Personal. Personalarbeit ordnet sich reaktiv den Organisationszielen unter und leistet keinen proaktiven Beitrag als eigenständiges Managementfeld.
Dieses eher eng gefasste Verständnis der Personalarbeit entstammt weitgehend einem Managementverständnis des vorigen Jahrhunderts, das in vielen Teilen der Privatwirtschaft nach wie vor aktuell ist und sich gerade zu wandeln beginnt vor dem Hintergrund der Entwicklung von Rahmenbedingungen, die gekennzeichnet sind durch Fachkräfteknappheit und globale Herausforderungen im Bereich der künstlichen Intelligenz. Die Einsicht, dass ein nachhaltigerer Wandel von der Produktorientierung hin zur Kunden- und Umfeldorientierung weitgehend auf sich warten lässt, führt zu der realistischen Feststellung, dass die Privatwirtschaft keine hinreichenden Antworten auf die zentralen Fragen der Zukunftsfähigkeit des öffentlichen Bereiches als Dienstleister und attraktiven Arbeitgeber parat hat.
8Die betriebswirtschaftliche Betrachtungsweise scheint daher nur eine eingeschränkte Perspektive zu bieten. Eine adäquate Definition von Personalmanagement richtet nicht nur den Blick nach innen im Sinne einer „Nabelschau“, sondern beschreibt eine Kultur, die es allen Organisationsmitgliedern ermöglicht, als Leitziel die Qualität der Leistung gegenüber den Kunden außerhalb der Behörde in den Fokus zu nehmen und alle organisationalen Prozesse und Strukturen auf dieses Ziel hin auszurichten, ohne die hierfür erforderlichen verwaltungsinternen Prozesse aus dem Blick zu verlieren. Vielmehr darf die Strategie und die daraus abgeleiteten Prozesse nicht an den Organisationsgrenzen halt machen, sondern reichen im Sinne einer Outcome-Orientierung bis zu den Kunden der Verwaltung.
9In den vergangenen Jahren hat sich der Blick von der juristischen und betriebswirtschaftlichen Deutungshoheit auf eine interdisziplinäre Verbindung zwischen mehreren fachlichen Disziplinen erweitert. Abbildung 1gibt einen Überblick über die interdisziplinäre Vernetzung in Bezug auf alle Ebenen und Felder eines modernen Personalmanagements. Denn es geht nicht darum, eine Disziplin durch eine andere zu ersetzen, sondern um ein zielorientiertes Zusammenwirken.
In vielen Behörden ist der Personalbereich zwischenzeitlich mit Spezialisten aller Disziplinen ausgestattet. Das bringt in der Praxis nicht nur unterschiedliche Perspektiven mit sich, sondern auch die daraus resultierenden Herausforderungen einer Kooperation und Kommunikation. Die Anforderungen an Organisationen bestehen hierbei darin, moderne Arbeitsformate zum Gedankenaustausch, zur gemeinsamen Planung und Zielbildung zu schaffen. Das können IT-unterstützte Kreativräume und virtuelle Plattformen oder Workshopformate sein. Gelingt dies nur unzureichend, koexistieren bestenfalls die Disziplinen nebeneinander, nicht selten jedoch stehen sie in Konkurrenz zueinander. Jede Fachdisziplin betrachtet einen anderen spezifischen Ausschnitt und kommt damit zu anderen Schlussfolgerungen. Die Chance besteht in einer multidimensionalen Vernetzung der Disziplinen.
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