• Das fetale Alkoholsyndrom (FAS) weist erhebliche Ähnlichkeiten in der Symptomatik auf wie eine ADHS. Über 90 % der Kinder mit FAS weisen Symptome einer ADHS auf. Bislang fehlen allerdings noch belastbare Studienergebnisse, die beide Störungsbilder zufriedenstellend voneinander abgrenzen (Peadon & Elliott, 2010).
• Schlafbezogene Atmungsstörungen, wie die obstruktive Schlafapnoe, stellen eine wichtige internistische Differenzialdiagnose von ADHS dar. Sie kommt in leichter Ausprägung bei 9,5 % der Kinder und Jugendlichen vor bzw. bei 1,6 % in schwerer Ausprägung (Tsukada et al, 2018), ist zumeist bedingt durch eine Vergrößerung der Gaumen- und Rachenmandeln (Adenoid- und Tonsillenhyperplasie) und zeigt sich symptomatisch in Form von Konzentrationsstörungen und Beeinträchtigung der Tagesvigilanz durch den gestörten, nicht erholsamen Nachtschlaf.
• Im Jugendlichenalter können v. a. ein nicht ausreichendes Schlafpensum durch eine unzureichende Schlafhygiene, also zu spät zu Bett zu gehen, und Verschiebungen des Schlaf-Wach-Rhythmus an den Wochenenden Störungen der Vigilanz und der Aufmerksamkeit nach sich ziehen. Da Kinder und Jugendliche mit einer ADHS aber ohnehin häufiger von Schlafstörungen betroffen sind, stellen diese wiederum häufig einen die Ausprägung der ADHS verschärfenden Belastungsfaktor dar.
• Zu beachten sind zentralnervöse Nebenwirkungen von Medikamenten, die in der Behandlung von internistischen oder neurologischen Grunderkrankungen eingesetzt werden. Es liegen zum Beispiel Daten über Aufmerksamkeitsstörungen während der Behandlung mit Antiasthmatika vor, aber die Ergebnisse sind nicht eindeutig (Creer & Gustafson, 1989). Des Weiteren können sogenannte Antikonvulsiva, also Medikamente, die zur Behandlung von zerebralen Krampfleiden eingesetzt werden, die kognitiven Funktionen beeinträchtigen, z. B. durch eine vermehrte Müdigkeit, psychomotorische Verlangsamung oder Beeinträchtigung der Konzentration. Die Berichte der Eltern über Nebenwirkungen von Medikamenten auf das Verhalten stimmen zwar nicht zwangsläufig mit objektiven Daten überein, müssen aber bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit in der Schule immer berücksichtigt werden (Bender & Milgrom, 1992). Möglicherweise sind bei zentralnervös wirksamen Medikamenten solche Nebenwirkungen vor allem bei Kindern zu beobachten, die bereits zuvor Aufmerksamkeitsstörungen oder Leistungsprobleme hatten (Schlieper, Alcock, Beaudry, Feldman & Leikin, 1991).
Schlussfolgerungen für die pädagogische Praxis
Es besteht eine Vielzahl psychiatrischer oder somatischer Differenzialdiagnosen für eine ADHS und die Symptomschilderungen aus dem schulischen Bereich erweisen sich als sehr hilfreich für den notwendigen ärztlich-psychologischen Abklärungsprozess. In vielen Fällen muss allerdings davon ausgegangen werden, dass es sich um Begleitstörungen oder -erkrankungen handelt, welche die Ausprägung der ADHS verstärken und zusätzliche medizinische und pädagogische Handlungsstrategien nach sich ziehen. Somit ist zu betonen, dass sich häufiger die Fragestellung ergibt, ob zusätzlich eine somatische Erkrankung oder eine psychische Störung vorliegt.
Tabelle 1.5 führt zusammenfassend somatische Erkrankungen und psychische Störungsbilder als Differenzialdiagnosen für eine ADHS auf (
Tab. 1.5):
Tab. 1.5: Somatische Erkrankungen und psychische Störungsbilder als Differenzialdiagnosen für eine ADHS.
Somatische ErkrankungenPsychische Störungsbilder
1Der Begriff »Schüler« wird aus Gründen der Übersichtlichkeit im ganzen Buch geschlechtsneutral behandelt und beinhaltet sowohl männliche Schüler als auch weibliche Schülerinnen!
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