Dann sahen sie das Licht. Es kam direkt von vorn, und sie gingen darauf zu. Es war viel leichter, sich in dem unbekannten Wald fortzubewegen, wenn man sah, wohin man ging. Trotzdem waren sie zu Tode erschöpft, als sie den Fluß erreichten, der sie von ihrem Ziel trennte. Der Lichtschein kam vom anderen Ufer, und dort erblickten sie, deutlich wie nichts zuvor in dieser Nacht, das Ende all ihrer Hoffnungen.
Ja, der Planet war bewohnt. Um ein großes offenes Feuer saßen Lebewesen, die den Dsirranern ähnlich sahen. Sie waren nackt und hielten an langen Stöcken etwas ins Feuer, Fleischstücke offenbar. Einer von ihnen sprach gerade zu seinen Gefährten, er gestikulierte heftig. Ein anderer schlug immer wieder mit einem Stein auf den Erdboden, oder wohl eher auf einen zweiten Stein, der dort im Gras lag.
Es waren ohne Zweifel intelligente Lebewesen, doch sie standen auf einer hoffnungslos primitiven Kulturstufe. Diese Eingeborenen würden den beiden Schiffbrüchigen nicht helfen können, sie würden nicht einmal verstehen, was von ihnen verlangt wurde.
Vielleicht gab es auf diesem Planeten Gebiete mit einer höheren Zivilisation, die wenigstens imstande gewesen wäre, Thaar und Lyar mit dem Gasgemisch zum Atmen und mit allem anderen Lebensnotwendigen zu versorgen, aber wenn es sie überhaupt gab, dann nicht in dieser Wildnis, sondern irgendwo weit entfernt, zu weit für Thaar und Lyar, deren Atemvorrat nur noch wenige Stunden lang reichen würde – jedenfalls nicht lange genug. Es war sinnlos.
Lyar öffnete als erster das Visier seines Helms.
»Da!« rief eines der Wesen am anderen Ufer und wies über den Fluß. »Da drüben hat was geblitzt! Ich glaube, da ist jemand.«
»Ach, laß mich in Ruhe«, sagte der Mann mit dem Stein in der Hand. »Kein Mensch verirrt sich jetzt in den Wald, nur ich Idiot lasse mich auf diesen Unsinn ein. Mit Leuten, die vom Bootfahren keine Ahnung haben! Der Propankocher ist hin, das Zelt klitschnaß, der Proviant auch, bis auf die Konserven, die ich ohne Öffner nicht auf kriege; und wie ich meine Sachen trocknen soll, wenn ich die Kunstfaser nicht übers Feuer hängen kann, ist mir immer noch ein Rätsel. Dabei könnten wir bequem zu Fuß in die Stadt gehen, es sind keine zwei Stunden. Aber in diesem nassen Zeug – mein Gott, ich mache mich doch nicht lächerlich!«
Marsmenschen gibt’s natürlich nicht …
Northon (Ill.) Im Verlauf des II. Internationalen Astronomischen Symposiums sprach gestern der bekannte Astrobiologe Dr. S. F. Areson zum Problem der Lebensmöglichkeiten auf den Planeten unseres Sonnensystems. Das seit Beginn dieser Woche in Northon stattfindende Symposium, über das wir schon in unserer Mittwoch-Ausgabe berichteten, fand mit diesem Beitrag einen seiner Höhepunkte.
In Weiterführung seiner in zahlreichen Publikationen dargelegten Theorien zeigte Dr. Areson überzeugend die Unmöglichkeit hochentwickelten extraterrestrischen Lebens innerhalb unseres Sonnensystems. Damit dürfte die in letzter Zeit wieder aufgekommene »Extraterrestrier-Hypothese« (siehe unseren Artikel »Wieder fliegende Untertassen?« in Nummer 4/11 des Vorjahres) endgültig widerlegt sein. Einen ausführlichen Bericht finden Sie in unserer nächsten Ausgabe.
Illinois Review, 29. 2. 1985, S. 2
Obwohl es nun schon lange her ist, erinnere ich mich noch an jede Einzelheit. Kein Wunder, war dieser Vortrag doch das Ergebnis und die Vollendung umfangreicher Vorbereitungen und Spezialstudien. Ein Mißlingen hätte die Arbeit von Jahrzehnten in Frage gestellt.
Diese Gefahr war um so größer, als kurz zuvor die »Außerirdischen« wieder mal ins Gespräch gekommen waren. Und das nur, weil sich eine Gruppe von Wissenschaftlern fand, die – in völlig unwissenschaftlicher Weise – aus dem zufälligen Zusammentreffen einiger ungeklärter Vorfälle den unhaltbaren Schluß zogen, ein Raumschiff (!) von außerirdischen Wesen (!) könne die Erde besucht haben! Der leuchtende Punkt, der in der Nacht zum 14. August über dem Nordatlantik gesichtet worden war, soll dieses Raumschiff gewesen sein – nur, weil der Punkt später nicht mehr aufzufinden war – »das Raumschiff ist wieder abgeflogen«! Die Radiowellen, die ein paar Stationen empfangen haben, wurden als »Signale dieses Raumschiffs« ausgelegt, und der »Flugkörper«, den tags zuvor einige völlig inkompetente Leute über verschiedenen Siedlungen des Staates Nevada gesehen haben wollen, war natürlich eine »Landungsrakete«. Ja, es gab sogar Fachleute, die diese Hirngespinste für möglich hielten. Und erst die Zeitungen! »Wieder UFOs über den Vereinigten Staaten«, »Droht uns eine Invasion vom Jupiter?«, »Botschaft vom Andromedanebel«, »Marsianer verkünden das Nahen des Jüngsten Gerichts!«, »Handel mit Mars – Ende der Stagflation?« – um nur einige Schlagzeilen verschiedener amerikanischer Journale zu zitieren. Doch nicht nur in den USA, überall kam plötzlich ein starkes Interesse an den Problemen des Lebens im All auf, als habe es nur eines Anstoßes bedurft.[1]
Die soliden, nüchternen Wissenschaftler hatten viel Mühe, die Phantasten unter den Fachleuten und die Laien davon zu überzeugen, daß das alles Hirngespinste waren. Sie widerlegten jeden einzelnen Punkt dieser »Hypothese«:
Erstens war die »Landungsrakete« ein gewöhnlicher großer Meteorit,
zweitens waren die Angaben der Leute, die den Körper gesehen haben wollten, keinesfalls exakt und fundiert, und es kann sich also auch um eine optische Täuschung gehandelt haben, zumal in ganz Nevada keine Überreste des Körpers zu finden waren,
drittens gingen die »Signale« offenbar von einem anderen Objekt aus, zum Beispiel von einem Flugzeug, und wurden durch Störungen verzerrt,
viertens war das »Raumschiff« selbst höchstwahrscheinlich einer der unzähligen künstlichen Satelliten, und
fünftens ist das Zusammentreffen dieser Ereignisse dem Zufall zuzuschreiben.
Doch selbst nach dieser Beweisführung blieb das Thema im Gespräch, und es war im Interesse der Wissenschaft nötig, dem Gerede von den Extraterrestriern endgültig ein Ende zu bereiten. Dieses edle Ziel stellte ich mir, als ich meinen Vortrag über die Lebensmöglichkeiten auf den Planeten vorbereitete. Und ich kann ohne Übertreibung sagen, daß ich diese Aufgabe glänzend gelöst habe – jedenfalls ist es meinen Gegnern trotz hartnäckigen Bemühungen nicht gelungen, meine Beweisführung zu widerlegen.
Zu Beginn sagte ich einige Worte über die Unwahrscheinlichkeit des Lebens im Kosmos, ohne jedoch die Möglichkeit von Leben (vielleicht sogar vernunftbegabtem) ganz auszuschließen, wenn wir dabei andere, unerreichbar weit entfernte Sonnensysteme im Auge haben. In unserem Sonnensystem jedoch gibt es nur auf der Erde vernunftbegabtes Leben und sonst nirgendwo. Jedes höherentwickelte Leben ist auf den anderen Planeten völlig ausgeschlossen.
Dies zu beweisen gelang mir mittels der eigens dafür entwickelten physiko-chemo-astrobiologischen Wahrscheinlichkeitsrechnung, die ich theoretisch begründete und dann an einem Beispiel demonstrierte.
Aus mir völlig unverständlichen Gründen gilt das besondere Interesse der Menschen seit Jahrhunderten dem Mars; seitdem Schiaparelli die »Marskanäle« zu sehen glaubte, geistern die »Marsmenschen« durch die menschliche Phantasie und sind einfach nicht mehr daraus zu vertreiben. Aber auch seriöse Wissenschaftler waren der Meinung, daß Leben (wenn auch kein vernunftbegabtes) am ehesten noch auf dem Mars entstanden sein könnte. Bis ich sie eines Besseren belehrt habe.
Mit Hilfe meiner Methode habe ich ermittelt, daß die Wahrscheinlichkeit von Leben auf dem Mars verschwindend gering ist, praktisch gleich Null. Der Mars ist eine öde, lebensfeindliche Welt. Seine Oberfläche ist eine trostlose Kraterlandschaft ähnlich der des Mondes, die Temperaturen sind wesentlich niedriger als auf der Erde, die Atmosphäre hat einen viel zu geringen Druck und enthält fast keinen Sauerstoff, auch Wasser fehlt fast gänzlich. Wie sollte unter solchen Bedingungen Leben möglich sein?
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