Meißner Dom
Domplatz 7
D-01662 Meißen
+49 (0)3521 452490
www.dom-zu-meissen.de
8 Außen grau, innen grandios!
Nünchritz: Schlosskirche in Diesbar-Seußlitz
Heinrich Graf von Bünau war unzufrieden mit dem verlotterten Zustand des Anwesens. Er hatte 1722 Schloss mit Kirche und Park gekauft und strebte eine Neugestaltung an. Kein Geringerer als der aus dem Erzgebirge stammende Ratszimmermeister George Bähr wurde mit dieser Aufgabe betraut, ziemlich zeitgleich mit einer anderen, die ihn unvergessen machen sollte: der Bau der neuen Frauenkirche in Dresden. Insofern konnte es sich bei den Baumaßnahmen in Diesbar-Seußlitz, 40 Kilometer nördlich der Landeshauptstadt, nur um einen Nebenjob handeln. Bähr konzipierte für die Kirche neue Emporen, ein Oratorium für die Adligen, veränderte Fenster und modifizierte Sitzgelegenheiten. 1727 erstrahlte das Gotteshaus schließlich im barocken Gewand und beeindruckt den Besucher bis heute schon beim Betreten des Kirchenschiffes. Alle Dimensionen, die Verzierungen, Licht und Schatten, wirken harmonisch und ausgewogen. Ich setze mich in eine der Bankreihen und möchte gar nicht mehr aufstehen. Die Beschriftung an den Rückseiten der Lehnen lässt mich schmunzeln: Gärtnerin, Köchin, Verwalterin, Jägerin und Brauerin – Bierbrauen war damals nicht nur eine Männerdomäne. Die Emanzipation von Frauen begann in Sachsen offenbar bereits im 18. Jahrhundert. Auch die Kehrmagd hatte einen Stammplatz. Pfiffig ist die nicht namentliche Beschriftung der Plätze, die auf diese Weise berufsbezogen vererbt werden konnten.
Einen Besuch wert ist zudem der angrenzende Schlosspark. Auf der Terrasse am Herrengebäude stehen einige Statuen. Keck blicken sie in den Park und haben erstaunlich sportliche Figuren, ganz im Gegensatz zu ihren barocken Schwestern im Dresdner Zwinger oder im Barockgarten Großsedlitz. Zwölf weitere Sandsteinskulpturen veredeln den Aufstieg zum Gartenhaus Heinrichsburg gegenüber, Sinnbild für die Monate eines Jahres.
Romantische Wanderungen in den Seußlitzer Grund und über den Burgwall retour sind empfehlenswert. Einkehr unterhalb des Ausblicks Schöne Aussicht im Restaurant Zum Ross!
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Schlosskirche Seußlitz
Bergstraße 12
D-01612 Nünchritz – Diesbar-Seußlitz
www.kirchspiel-grossenhain.de
Tourist-Information im Haus des Gastes
An der Weinstraße 1a
D-01612 Diesbar-Seußlitz
+49 (0)35267 50909
www.nuenchritz.de
9 Ein Ort zum Runterkommen
Diera-Zehren: Landgasthaus und Hotel Jägerheim Löbsal
Biegt der Lieblingsplatzentdecker auf der rechten Flussseite hinter Meißen im Elbweindorf Nieschütz von der Elbtalstraße ab und spaziert den steilen Berg zwischen Weinbergen und Wald hinauf, steht er nach wenigen Minuten im kleinen Dörfchen Löbsal. Ein paar hübsche Häuser, rundum Wald und Felder, auffallende Ruhe und kurz hinter dem Dorfeingang der lauschige Biergarten des über 200 Jahre alten Jägerheims Löbsal. Unter altehrwürdigen Linden und Kastanien lässt es sich auf liebevoll gestrichenen historischen Klappstühlen an Tischen mit rot-weiß karierten Decken entspannen. Aus gutbürgerlicher Küche lockt ein leckeres Bauernfrühstück oder in der Saison ein Spargelgericht, dazu einen trockenen Elbtalwein Sächsisch Strong von den umliegenden Winzern oder ein süffiges Meißner Schwerter Bier.
Anstelle radikaler Modernisierung haben die Besitzer nach der politischen Wende 1989 vorsichtig auf Werterhaltung gesetzt, ein paar gemütliche Pensionszimmer angebaut, Garten, Jagdstübchen und rustikalen Weinkeller erweitert. Die Gaststube mit den schönen Holzmöbeln, die Bauernmalerei auf der dunklen Wandverkleidung und der alte Kachelofen haben seit meinen Kindertagen ihr Flair und die heimelige Atmosphäre erhalten – hier fühlt man sich noch immer wie zu Hause. Insbesondere die skurrile Wanduhr versteht mich bis zum heutigen Tag außerordentlich zu beeindrucken. Sie ist spiegelbildlich aufgebaut und läuft daher gegen den Uhrzeigersinn!
Gestärkt und ausgeruht geht es weiter, denn in der unmittelbaren Umgebung kann man wunderbar wandern: in den gegenüberliegenden Golkwald, durch die Weinberge oberhalb der Steinbrüche oder gleich hinter dem Gasthof, am Löbsaler Burgberg mit dem Burgwall einer bronzezeitlichen Anlage vorbei durch einen kühlen Grund bis hinunter zur Elbe. Was für eine Idylle.
Den Ausblick Schöne Aussicht mit Panorama auf die Sächsische Rivera erreicht man nach 15 Minuten zu Fuß auf einem kleinen Wanderweg. Die Abzweigung liegt in der Kurve der Zufahrtsstraße.
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Jägerheim Löbsal
Dorfplatz 6
D-01665 Diera-Zehren – Löbsal
+49 (0)35267 50758
www.jaegerheim-loebsal.de
10 Riesenstatue aus Gusseisen
Riesa: Skulptur Elbquelle
Zugegeben, die Berliner Straße strahlt alles andere als pure Romantik aus: Fahrbahnen mit röhrendem Verkehr und DDR-Betonsilos aus den Achtzigern. Wenn es gelingt, diese Umgebung auszublenden, bleibt das Staunen über diese riesige Wintereiche, so der Sekundärtitel der Skulptur Elbquelle von Professor Jörg Immendorff. Am 30. Juni 1999 wurde das gewaltige 234 Tonnen schwere Kunstwerk feierlich eingeweiht und reckt sich seitdem 25 Meter selbstbewusst in den sächsischen Himmel, unübersehbar von allen Seiten. Hier wurde nicht gekleckert, sondern aus 49 Einzelteilen geklotzt. Das schwerste wiegt 15 Tonnen! Beim Betrachten der himmelhoch aufragenden Skulptur aus der Froschperspektive fällt die Assoziation zur Elbquelle schwer.
Die zweite Titulierung Wintereiche verweist auf die knorrigen Bäume in den Gemälden von Caspar David Friedrich. Dieser Bezug wirkt eher verständlich und so lässt sich die Inspiration Immendorffs nachvollziehen: »Getarnt durch Baum und Borke wird des Malers Pinsel zum Spaten.« Was für ein hochgestochenes Motto des Düsseldorfer Künstlers, der einst bei Joseph Beuys studierte. Das eiserne Riesengewächs wandelt mit den Lichtstimmungen der Witterung seine Farben von rostigem Rotbraun über Gelbtöne bis ins Schwarzbraune. Die Verbindung zwischen dem Kugelgraphiteisen und der Stadt Riesa liegt für mich in der Tradition der Industriestadt Riesa – zu DDR-Zeiten ein Zentrum der Stahlwirtschaft mit 13.000 Werktätigen. Andere ansässige Industriezweige wie die Teigwaren- beziehungsweise Nudelproduktion lassen bei Betrachtung des gewaltigen Bauwerks keine logische Verknüpfung erkennen. Eine vom Aktionskünstler sicherlich nicht beabsichtigte Funktion wäre die eines Greifvogelhorstes, dessen Bau die kreisenden Milane gerade zu prüfen scheinen.
Nur einen halben Kilometer stadteinwärts beginnt eine gemütliche Fußgängerzone zum Flanieren, zuvor ein kleiner Stadtpark mit diversen kleinen Skulpturen.
10
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