Der Hügel I war mit einer Steineinfassung aufwendiger konstruiert als Hügel II. Bei den Bestattungen in beiden Hügeln handelte es sich sowohl um Körper- als auch Brandbestattungen.
Interessant war aber aufgrund der Beigaben Hügel I. In ihm fand man zahlreiche Gegenstände aus Bronze. Dazu zählten ein Messer, ein Griffzungenschwert, ein Tüllenbeil und eine Fibel. Herausgehoben waren aber ein Armring aus Gold und ein seltsames Gefäß aus Bronze, das auf ein Gestell mit vier Rädern montiert war: ein Kesselwagen. Ein genauerer Blick auf diesen und seine Bestandteile zeigt, dass das Objekt selbst eine Höhe von 35,5 cm hat. Die schon erwähnten Räder haben einen Durchmesser von 10,7 cm und sind wie die Achsen gegossen. Diese sind über geschmiedete Gestänge mit einem Fußelement verbunden, das den eigentlichen Kessel aus getriebenem Bronzeblech mit einem Buckeldekor trägt. Vier tordierte Griffe sind am Gefäßrand angebracht. (Abb. 4)
Abb. 4 Schwerin, ehemals Museum für Vor- und Frühgeschichte. Kesselwagen aus Peckatel.
Gesichert ist somit, dass hier jemand beigesetzt worden war, der in seiner Heimat eine bedeutende Rolle gespielt hatte. Aber wie war dieser Kesselwagen zu deuten? Diese Frage musste sich auch der Ausgräber gestellt haben, der den Fund zunächst als singulär betrachten musste. Inzwischen hat sich zwar der Denkmälerbestand etwas erweitert, doch einer präzisen Deutung entziehen die Kesselwagen sich weiterhin. In der Forschung finden sich zwei Deutungsvarianten: Einmal könnte es sich um Tischgerät gehandelt haben, weil die meisten dieser Objekte aus Gräbern geborgen wurden. Die andere Lesart sieht in diesen Gegenständen eher Kultgerät, wobei ein großer Bogen von Griechenland bis in den Nahen Osten geschlagen werden muss. Dabei stützt man sich auf Münzbilder aus dem griechischen Kranon oder verweist auf derartige Wagen im Tempel von Jerusalem. Aufgrund der Funde können wir heute den Grabhügel in die späte Bronzezeit datieren. Damit kommen wir in die Jahre von 1200 bis 1000 v. Chr.
Literatur
S. Hansen, Archäologische Funde aus Deutschland (2010) 50 f. Abb.; G. Rennebach, C 2 Peckatel, in: J. Herrmann (Hrsg.). Archäologie in der Deutschen Demokratischen Republik (1989) 435 f. Abb. S. 436.
In der idyllischen Landschaft am Flüsschen Tollense stießen in den 1990er-Jahren Hobby-Archäologen auf Funde aus der Bronzezeit, deren nähere Untersuchung ein vorgeschichtliches Drama ans Tageslicht brachte. Seit 1996 werden nun archäologische Untersuchungen und begleitende Forschungen, durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft gefördert, durchgeführt. Sie belegen eindrucksvoll, dass das Leben in der Bronzezeit keineswegs immer friedlich war.
[05] Das Tollensetal – Archäologie eines Schlachtfeldes aus der Bronzezeit
Mecklenburg-Vorpommern
Was führte dazu, dass an der Tollense so intensiv geforscht wird? Zu den ersten Entdeckungen gehörten eine Holzkeule und ein menschlicher Oberarmknochen, in dem eine Pfeilspitze steckte. Diese Funde erweckten das Interesse der Archäologen des Landesamtes für Kultur und Denkmalpflege Mecklenburg-Vorpommerns und der Kollegen der Universität Greifswald.
Die ersten Ausgrabungen brachten Skelettreste von Menschen und Pferden in nicht korrekter anatomischer Lage ans Tageslicht. Darunter befand sich auch ein eingeschlagener Schädel. Diese Funde deuteten darauf hin, dass es sich um Opfer einer gewalttätigen Auseinandersetzung handelte. Zusätzliche Bedeutung besaß der Fund, weil man auch Material fand, das durch C14-Analysen in die Zeit von 1300 bis 1110 v. Chr. datiert werden konnte. Damit bot sich die Deutungsmöglichkeit, hier den Schauplatz einer größeren kriegerischen Auseinandersetzung in der Bronzezeit zu sehen. Diese Interpretation verdichtete sich, als im Jahr 1999 eine zweite Holzkeule und weitere Skelettreste gefunden wurden.
Im Laufe der Jahre hat sich das Projekt inhaltlich entwickelt. Neben weiteren Ausgrabungen an verschiedenen Stellen, auch unter Wasser, erfolgten Begehungen, die Pfeilspitzen aus Bronze und Feuerstein zum Vorschein brachten. Daneben richtet sich das Interesse auf die Erforschung der bronzezeitlichen Landschaft und die Rekonstruktion der damaligen Bevölkerung durch naturwissenschaftliche Methoden wie Isotopenuntersuchungen, Paläogenetik sowie die Anthropologie.
Der Leser wird an dieser Stelle fragen, warum sich an der Tollense die organischen Funde so gut erhalten haben. Dies erklärt sich durch die geologischen Bedingungen. Im Laufe der letzten Jahrtausende sorgte der Anstieg des Meeresspiegels der Ostsee durch den daraus resultierenden Rückstau für die Anhebung des Wasserspiegels an den Flüssen des Hinterlandes. Dies trug zur Torfbildung entlang der Flüsse bei, die eine Schicht mit einer Stärke von teilweise mehr als 4 m ausbildete. Und der Torf ist es, der organische Materialien durch Luftabschluss und durch die im Boden befindlichen Gerbstoffe konserviert.
Hatte man schon zu Anfang der Untersuchungen erkannt, dass es sich hier um Opfer von Gewalt handelte, verdichtete sich mit der zunehmenden Zahl von Skelettfunden die Deutung dahingehend, dass nun von einem Schlachtfeld gesprochen werden kann (Abb. 5); man konnte die Skelettreste mehr als 100 Menschen zurechnen. Deren Alter lag zwischen 20 und 40 Jahren. Es handelte sich überwiegend um Männer. Hier gefundene Skelettreste von Frauen und älteren Kindern sprechen nicht zwangsläufig gegen eine Schlachtfeldtheorie, da sie als Beteiligte und Opfer durchaus in Frage kommen.
Abb. 5 Tollensetal, Blick über eine Ausgrabungsfläche. Im Vordergrund sind deutlich Skelettreste erkennbar.
Bei den bisherigen Untersuchungen kam man zu dem Ergebnis, dass der Fundort nicht unbedingt auch Tatort gewesen sein muss. Darauf deuten die ungeordneten und nicht im anatomischen Zusammenhang liegenden Skelettreste hin; die Leichen müssen vor ihrer endgültigen Ablagerung im Wasser getrieben und dort zerfallen sein. Die Fundsituation entspricht nicht der einer Begräbnisstätte, zumal keine Grabbeigaben gefunden wurden. Eine Opferstätte anzunehmen wäre spekulativ.
Das Tollenstal war noch für weitere Überraschungen gut. Im Uferprofil des Flusses konnten an einer neuen Fundstelle weitere Skelettreste unterhalb der Wasserlinie geborgen werden. Ein Fund inmitten der Knochen war außergewöhnlich; man entdeckte einen goldenen Spiralring. Ein ähnliches Stück war bereits im Vorjahr an anderer Stelle im Tollensetal gefunden worden.
Derartiger Schmuck stammt in Mecklenburg-Vorpommern sonst überwiegend aus Gräbern und Depotfunden.
Neben einem Oberschenkelknochen entdeckten die Archäologen an derselben Fundstelle zwei dunkel gefärbte, spiralförmig gewundene Ringe, deren Material als Zinn identifiziert werden konnte. Weil sich Gegenstände aus Zinn nur sehr schlecht im Boden erhalten, gibt es nur wenige Funde aus der Vorgeschichte.
Denken wir heute an Zinn, so fällt uns zunächst ein, dass dieses Material über viele Jahrhunderte hinweg in besseren Haushalten für Teller, Tassen und andere Gefäße genutzt wurde. Aber im Lauf der Menschheitsgeschichte kam dem Material eine ganz andere Bedeutung zu: Zinn war ein Rohstoff, ohne den die Bronzezeit nicht denkbar gewesen wäre; Bronze entsteht durch die Verbindung von Kupfer und Zinn, einem seltenen und daher kostbaren Rohstoff, der über weite Strecken gehandelt wurde.
Will man die Funde bewerten, so kann man der Interpretation der dort tätigen Archäologen folgen: „Der Nachweis eines Gruppenkonflikts der Bronzezeit von bislang ungeahntem Ausmaß verleiht den Fundstellen im Tollensetal überregionale Bedeutung. Mit dem Auftreten von Gold und Zinn bekommt die Deutung des Konflikts eine zusätzliche Dimension.“
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