Wolfram Letzner - Die 40 bekanntesten archäologischen und historischen Stätten in Albanien

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Ein Reiseziel mit großer Vergangenheit macht von sich reden Wüst und rau erscheint die Region nur in den Schilderungen des Karl May. Tatsächlich bieten sich dem Reisenden saftig grüne Landschaften, dichte moos- und efeubehaftete Wälder (Montenegro), braune, Macchia bewachsene und duftende Karstlandschaften (Mazedonien) – Albanien und seine Nachbarländer sind reizvoll auch aufgrund der Hinterlassenschaften ihrer wechselvollen Geschichte. Illyrer, Griechen, Römer und ein halbes Jahrtausend osmanischer Herrschaft zeichneten das kulturelle Erbe des Landes. Dieses stellt der Band in gewohnter Ausstattung vor: Die Ruinenstätten Apollonia und Butrint bilden einen eindrucksvollen Rahmen der griechischen und römischen Zeit. Über den Städten Kruja und Berat thront jeweils eine eindrucksvolle mittelalterliche Festung und die historischen Altstädte versprühen den besonderen Charme des Unberührten. Doch erst durch die Ausflüge nach Mazedonien und Montenegro kann ein Bild der gemeinsamen Geschichte der gesamten Region entstehen. Dem Autor ist es mit präzisen Texten, Plänen und eindrucksvollen Fotografien gelungen, einen umfassenden Kulturreiseführer mit den wichtigsten archäologischen und historischen Stätten in Albanien vorzulegen. Weiterführende Kontaktdaten wie wichtige Telefonnummern oder auch die Adressen der Orte, in deren Museen die wichtigsten Objekte und Kunstwerke heute zu finden sind, helfen dem in Albanien, Montenegro und Mazedonien Reisenden auf all seinen Wegen.

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Das Odeon

Gegenüber dem Bouleuterion, also an der Nordseite der Agora, liegt das Odeon (Abb. 11). Es lehnt sich an den Akropolishügel an, sodass keine aufwendigen Substruktionen errichtet werden mussten. Als Baumaterial nutzte man Ziegel, die aber in der Antike nicht zu sehen waren. Die Fassade war mit weißem Putz versehen und im Inneren des Gebäudes die Wände mit farbigem Marmor verkleidet. Mit seinen 16 Sitzreihen bot der steil ansteigende Zuschauerraum Platz für etwa 300 Personen. Das Gebäude wurde multifunktional genutzt und übernahm auch Anforderungen, die bis dahin im Theater stattgefunden hatten.

Im Zusammenhang mit dem Odeon ist auch ein kleines Heiligtum zu erwähnen, dass sich nach Westen hin anschloss. Man kann sich also fragen, ob das Odeon auch kultisch genutzt wurde.

Die Bibliothek

Etwas unscheinbar liegen im Ruinengelände rechts vom Odeon oder Bouleuterion die Reste eines Gebäudes, das als Bibliothek gedeutet wird. Jedoch scheint diese Interpretation aufgrund des archäologischen Befundes nicht gänzlich gesichert.

Die Stoa

Ein weiteres bedeutendes Bauwerk in Apollonia ist die große Säulenhalle, die bereits 1925 durch den bereits erwähnten Archäologen Léon Rey ausgegraben, aber erst vor wenigen Jahren zum Gegenstand der Forschung wurde und zu einer zeichnerischen Rekonstruktion führte.

Der im 3. Jh. v. Chr. entstandene Bau weist eine Länge von 78,20 m und eine Tiefe von 9,20 m auf. Er war zweigeschossig und konnte somit zwei Aufgaben erfüllen. Eine davon bestand darin, den hinter dem Bau liegenden Hang abzustützen, während die andere Funktion dazu diente, den südlich gelegenen, monumentalen Bereich mit der Agora zu verbinden.

Hervorragend erhalten ist der untere Teil der Stoa. Die Rückwand ist mit 17 Nischen gegliedert, in denen ursprünglich Marmorstatuen aufgestellt waren. Die Halle selbst war zweischiffig. Insgesamt fanden sich von der inneren Säulenstellung noch 27 Basen in situ ; vermutlich waren aber 35 vorhanden. Die Säulen selbst werden als dorisch eingeordnet. Das obere Stockwerk war einschiffig; die Frontsäulen folgten einer ionischen Ordnung. Die Zwischenräume waren mit Verschrankungen verschlossen.

Lagerräume und Zisterne

Im Jahr 1995 konnten die Überreste eines Lagerhauses und einer großen, aus Ziegelsteinen errichteten Zisterne freigelegt werden. Das Lagerhaus aus der zweiten Hälfte des 2. Jhs. n. Chr. besteht aus drei Räumen mit den Maßen 3,45 x 3,40 m. Deren extrem dicke Mauern mit einer Stärke von 1,82 m ließen die Archäologen vermuten, dass hier einst verderbliche Lebensmittel gelagert wurden. Die dicken Mauern hätten für eine geeignete Temperierung gesorgt.

Die anschließende Zisterne wurde von den Archäologen weitaus früher datiert. Sie sprechen von einer Nutzungszeit vom 4. bis 2. Jh. v. Chr. Mit der Errichtung des Lagerhauses wurde sie jedoch beschädigt.

Abb 11 Apollonia Odeon Tempel Östlich der Agora wurden die Überreste - фото 13

Abb. 11 Apollonia. Odeon.

Tempel

Östlich der Agora wurden die Überreste eines Tempels ausgegraben. Obwohl kaum mehr als die Fundamente vorhanden waren, konnten die Archäologen das Aussehen dieses Heiligtums rekonstruieren. Es handelte sich um einen Podiumstempel, etwa 16 x 11,5 m groß, der an der Front und an den Seiten Säulen korinthischer Ordnung aufwies. An der Rückseite fehlten diese. Der Zugang zum Tempel erfolgte über eine Treppe in der Achse des Gebäudes.

Die Archäologen konnten die hier verehrten Gottheiten leider nicht mit Sicherheit bestimmen. Aber aufgrund der Lage zur Agora äußerten sie die Vermutung, es handele sich um das Kapitol, in dem Jupiter, Juno und Minerva verehrt wurden.

Auch bei der Datierung waren sie vorsichtig. Sie sprechen nur von einer Entstehung in der zweiten Hälfte des 2. Jhs. v. Chr. und einer Restaurierung bzw. eines Neubaus im 2. Jh. n. Chr.

Das Theater

Das Theater liegt im Zentrum des antiken Ortes und bildet die architektonische Verbindung von Unter- und Oberstadt. Es wurde bereits in den 1970er- und 1980er-Jahren durch albanische Archäologen weitgehend ausgegraben. Viele Fragen blieben jedoch damals noch unbeantwortet, sodass es zwischen dem Deutschen Archäologischen Institut und den zuständigen albanischen Institutionen im Jahr 2006 zu einer Kooperation kam.

Vorrangiges Ziel war es, einen Überblick über die Bauteile für eine Rekonstruktion zu gewinnen und die Baugeschichte des Theaters zu klären.

Bei dem Theater handelt es sich um einen klassischen griechischen Bau. Der Zuschauerraum lehnt sich im Osten an den Hang an und umschließt die Orchestra in der Form eines Hufeisens. Um diese Fläche herum verlief ein Kanal zur Entwässerung, der zur Erstausstattung gehörte. Die Bühnenarchitektur, hinter der sich eine Halle dorischer Ordnung befand, lag im Westen. Die Zugänge zum Theater erfolgten von Norden und Süden.

Zur Geschichte des Baus ergab sich folgendes Bild: Als Apollonia um die Mitte des 3. Jhs. v. Chr. eine Blütezeit erfuhr, meinten deren Bürger, sie würden ein Theater benötigen. Um entsprechenden Raum zu schaffen, wurden Häuser aus dem späten 7. Jh. v. Chr. abgerissen. Der Neubau wurde mit seinen 10.000 bis 12.000 Sitzplätzen zum größten, griechischen Theater an der Adria.

Von der Nutzung her war der Bau nicht alleine für die Unterhaltung errichtet worden. Er diente zu Volksversammlungen, Festen und kultischen Handlungen. In römischer Zeit änderte sich aber der Publikumsgeschmack. Statt der Aufführung von Schauspielen zu folgen, wollten die Apollonier Gladiatorenkämpfe und Tierhetzen sehen. Dazu wurde das Theater umgebaut. Ein Teil der Aufgaben des Theaters wurde daher in das neue Odeon auf der Agora verlagert. Die Nutzung des Baus reichte bis zum Ende der Stadt im 4. Jh. n. Chr.

Das Steinmaterial wurde wie so oft für Neubauten genutzt, wie hier für die Marienkirche, die viele Jahrhunderte nach dem Ende des Theaters errichtet wurde.

Das Gymnasium

Zu einer ordentlichen Stadt in der griechischen Welt gehörte selbstverständlich auch das Gymnasium. Schon in der Frühphase der Stadt, im 6. Jh. v. Chr., entstand eine entsprechende Anlage. Im aktuellen Plan liegt es etwa 300 m südlich des Klosterkomplexes. Auf dem bisher nur teilweise ausgegrabenen Areal konnten mehrfache Umbauphasen bzw. Neubauten festgestellt werden.

In hellenistischer Zeit erhielt das Gymnasium Badeeinrichten. Tonrohre, unter dem Boden verlegt, dokumentieren dies.

In römischer Zeit wurde diese Nutzung aufgegeben; es entstand ein Wohnhaus. Genauer datieren lässt sich dies durch Münzfunde aus dem 4. Jh. n. Chr.

Das Nymphäum

Ein interessantes Zeugnis der Wasserversorgung Apollonias stellt ein großartiges Nymphäum dar, das im Norden der Stadt liegt und um 250 v. Chr. entstand. In der Antike wurde es als Kephisos-Brunnen bezeichnet. Das Wasser kam aus Quellen, die am Hang liegen und noch heute wasserführend sind. Die Brunnenanlage selbst bestand aus einem 70 m langen Wasserspeicher, von dem aus das Wasser in ein großes, zentrales Becken in einem Brunnenhaus mit fünf dorischen Säulen abgegeben wurde.

Die Brunnenanlage war nur relativ kurz in Betrieb, weil sie durch einen Erdrutsch verschüttet und zudem durch ein weiteres Erdbeben im 4. Jh. n. Chr. weiter überlagert wurde.

Wohnbebauung

Angesichts der riesigen Fläche der Stadt darf es nicht verwundern, wenn bislang nur ein Bruchteil untersucht werden konnte. Vernachlässigt wurde dabei die Wohnbebauung; dies mag auch daran gelegen haben, dass die Archäologen sich früher mehr für öffentliche Bauten interessierten.

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