Wolfram Letzner - Die 40 bekanntesten archäologischen und historischen Stätten in Albanien

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Ein Reiseziel mit großer Vergangenheit macht von sich reden Wüst und rau erscheint die Region nur in den Schilderungen des Karl May. Tatsächlich bieten sich dem Reisenden saftig grüne Landschaften, dichte moos- und efeubehaftete Wälder (Montenegro), braune, Macchia bewachsene und duftende Karstlandschaften (Mazedonien) – Albanien und seine Nachbarländer sind reizvoll auch aufgrund der Hinterlassenschaften ihrer wechselvollen Geschichte. Illyrer, Griechen, Römer und ein halbes Jahrtausend osmanischer Herrschaft zeichneten das kulturelle Erbe des Landes. Dieses stellt der Band in gewohnter Ausstattung vor: Die Ruinenstätten Apollonia und Butrint bilden einen eindrucksvollen Rahmen der griechischen und römischen Zeit. Über den Städten Kruja und Berat thront jeweils eine eindrucksvolle mittelalterliche Festung und die historischen Altstädte versprühen den besonderen Charme des Unberührten. Doch erst durch die Ausflüge nach Mazedonien und Montenegro kann ein Bild der gemeinsamen Geschichte der gesamten Region entstehen. Dem Autor ist es mit präzisen Texten, Plänen und eindrucksvollen Fotografien gelungen, einen umfassenden Kulturreiseführer mit den wichtigsten archäologischen und historischen Stätten in Albanien vorzulegen. Weiterführende Kontaktdaten wie wichtige Telefonnummern oder auch die Adressen der Orte, in deren Museen die wichtigsten Objekte und Kunstwerke heute zu finden sind, helfen dem in Albanien, Montenegro und Mazedonien Reisenden auf all seinen Wegen.

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Die Ruinenstadt war aber keineswegs vergessen, wie frühe Berichte zeigen. Die tiefgreifendsten Einschnitte für die Ausgrabungsstätte liegen in der Zeit des Zweiten Weltkriegs, als die Stadtmauern teilweise zerstört wurden. In kommunistischer Zeit entstanden schließlich Bunkeranlagen an prominenten Stellen.

Forschungsgeschichte

Wo Apollonia einst lag, geriet lange in Vergessenheit. Erst Cyriacus von Ancona gelang es auf seinen Reisen, die Ruinenstätte als Apollonia zu identifizieren. Die erste neuzeitliche Erwähnung ist Anton Friedrich Büsching (1724−1793), Theologe, Historiker und Geograf, im Jahr 1764 zu verdanken. Bald darauf beschäftigten sich François Pouqueville und Anthimos, der orthodoxe Bischof von Berat, wieder mit dem Ort. Inschriften und Funde wurden publiziert. Einen wichtigen Schritt zur Erforschung der Stadt kann man jedoch dem Archäologen Léon Heuzey zuordnen, der im Jahr 1861 den ersten Plan fertigte.

Mit der Erforschung des Ortes lassen sich zu Beginn des 20. Jhs. auch die beiden österreichischen Archäologen Carl Patsch und Camillo Praschniker verbinden, deren Tätigkeit aber nach dem Ersten Weltkrieg eingeschränkt war. Die Forschungsarbeiten in Apollonia wurden u. a. von dem Franzosen Léon Rey fortgeführt. Eine Reihe von wichtigen Bauwerken der antiken Stadt wurde in dieser Zeit freigelegt.

Nach dem Zweiten Weltkrieg war es albanischen Archäologen vorbehalten, in Apollonia Ausgrabungen durchzuführen. Es gab lediglich eine kurze Zusammenarbeit mit sowjetischen Kollegen.

Nach dem Ende des Kommunismus kam es vermehrt zu internationaler Zusammenarbeit. Neben französischen Archäologen konnten auch Kollegen aus den USA und Deutschland tätig werden.

Funde und Befunde

Die riesige Fläche des antiken Apollonia stellt an den Besucher durchaus seine Anforderungen. Die archäologischen Forschungen haben zwar schwerpunktmäßig wichtige Denkmäler ans Tageslicht befördert, doch das eine oder andere liegt etwas abseits und muss erlaufen werden. In der Hitze des Sommers kann das manchmal anstrengend sein.

Topografie

Apollonia gliedert sich in zwei Bereiche. Es handelt sich um eine Oberstadt, die sich zwischen den beiden akropolenartigen Hügeln ausdehnt. Hinzu kommt eine Unterstadt, die sich über 85,4 ha erstreckt. Diese Angabe lässt sich gut anhand des teilweise erhaltenen Mauerrings ermitteln.

Man kann sich leicht vorstellen, dass eine solch große Fläche nicht vollständig ausgegraben werden kann. Jedoch haben geophysikalische Untersuchungen sowohl in der Oberstadt als auch in Teilen der Unterstadt wichtige Informationen zum Stadtplan geliefert. Der Besucher sieht davon fast nichts und ist daher auf seine Vorstellungskraft angewiesen.

Es war wenig überraschend, in der Unterstadt ein rechtwinkliges Straßennetz vorzufinden, in das sich die bislang ausgegrabenen Gebäude gut einpassten. Das Straßennetz der Oberstadt weicht in seiner Ausrichtung von dem der Unterstadt ab, was aber dem Gelände geschuldet ist. Darüber hinaus ließen sich hier keine Querstraßen nachweisen.

Es ist natürlich eine spannende Frage, wie sich die Stadt im Laufe der Zeit entwickelt hat. Darauf können die geophysikalischen Methoden keine Antwort geben und die Spatenforschung hat bislang keine ausreichenden Informationen geliefert. Die Archäologen vermuten aber, die Unterstadt sei im 4. oder 3. Jh. v. Chr. angelegt worden und überlagere eine ältere Bebauung.

Stadtmauern

Ein Indikator, der die Bedeutung der Stadt widerspiegelt, ist die gute Stadtbefestigung. Die ältesten Spuren der Mauer, im Osten der Stadt, deuten auf eine Entstehung im 6. Jh. v. Chr. hin und mögen schon mit einer illyrischen Siedlung in Verbindung gestanden haben.

Ein Ausbau der Befestigungsanlagen fällt in das 4. Jh. v. Chr., im 3. Jh. n. Chr. wurden sie nochmals erneuert. Die zweischalige Mauer aus Kalksteinblöcken war 4 km lang und 3 m dick. Ergänzt wurde sie durch Türme, von denen sich eindrucksvolle Rundtürme mit einem Durchmesser von 16,5 m an der Westseite erhalten haben.

Die zwei wichtigsten Tore, im Osten und Süden gelegen, waren mit flankierenden Türmen versehen. Darüber hinaus konnten die Archäologen weitere Toranlagen identifizieren.

Die Baumaßnahmen an der Befestigung lassen sich in die Zeit der Römischen Republik datieren. Nordöstlich des Marien-Klosters stießen die Forscher auf eine entsprechende Mauer aus Ziegelsteinen, die auf älteren Bauresten ruhte.

Die Akropolen

Viele antike Städte verfügten über eine Akropolis. Oft war sie der Ursprung der Stadt, letzter Rückzugspunkt im Kriegsfall und kultisches Zentrum. In Apollonia konnten die Archäologen gleich zwei entdecken, die aber bislang nur unzureichend erforscht sind. Nördlich des monumental ausgebauten Zentrums erhebt sich der Hügel, der die ursprüngliche Akropolis trägt. Soweit es sich bislang sagen lässt, standen hier in römischer Zeit gewerbliche Gebäude, die dem Steinraub des Mittelalters zum Opfer fielen.

Eine kleinere, etwa 1,3 ha große Akropolis liegt östlich des Zentrums. Hier konnte ein Tempel ausgegraben werden, der entweder Apollo oder Artemis geweiht war. Datiert wird er in die spätantike Zeit.

Bouleuterion (Abb. 10)

Schlägt man heute ein Buch über Apollonia auf oder liest einen Zeitschriftenartikel, so ist darin fast immer das im 2. Jh. n. Chr. entstandene Bouleuterion abgebildet. Aufgrund einer Inschrift wird es auch Agonothetendenkmal genannt. Der Begriff Agonothet bezeichnet einen Beamten, dessen Aufgabe es war, verschiedene Wettbewerbe auszurichten und zu überwachen.

Das antike Rathaus wurde in den Jahren 1926 / 1927 ausgegraben, aber bis zur Restaurierung sollte es noch 50 Jahre dauern. Das Gebäude zeigt eine reich dekorierte Fassade. Sechs korinthische Säulen tragen das Gebälk und den Giebel. Der Innenraum verfügte über eine Art Orchestra und eine Cavea: Hier tagte der Rat, hier wurde über das Schicksal Apollonias entschieden.

Aufgrund einer Inschrift auf dem Architrav wissen wir, wer diesen aufwendigen Bau errichtet hat. Es handelt sich um einen Quintos Villios Krispinos Phourios Proklos, ein guter römischer Name in griechischer Transkription. Die Inschrift nennt den Anlass für diese Stiftung. Proklos errichte sie zum Gedenken an seinen im Krieg gefallenen Bruder. Um diese großzügige Maßnahme publikumswirksam zu verkaufen, ließ er laut Inschrift zur Einweihung noch 50 Gladiatoren antreten. Man kann sich durchaus vorstellen, dass diese Kämpfe im umgebauten Theater stattfanden.

Abb 10 Apollonia Das Bouleuterion ist das Wahrzeichen der Stadt - фото 12

Abb. 10 Apollonia. Das Bouleuterion ist das Wahrzeichen der Stadt.

Bogenmonument

Vor dem Bouleuterion findet der Besucher die Reste von vier Pfeilern aus Ziegelsteinen. Dabei handelt es sich um die letzten Spuren eines großen Bogenmonumentes, das an einer Straßenkreuzung stand. Es war etwa 14 m breit und 10 m hoch sowie ursprünglich mit Marmor verkleidet. Datiert wird das Monument in das 2. Jh. n. Chr. und wird in der Literatur gerne als Triumphbogen bezeichnet.

Prytaneion

Ein wichtiges Gebäude in einer griechisch geprägten Stadt ist das Prytaneion. Dieses diente – will man sich moderner Terminologie bedienen – als Verwaltungssitz der Stadt. Das Prytaneion, hinter dem Bouleuterion gelegen, wurde schon 1960 ausgegraben. Die Fassade war mit Säulen korinthischer Ordnung geschmückt. Bei den Ausgrabungen kamen elf Statuen ans Tageslicht, die alle dem 2. und 3. Jh. n. Chr. zugewiesen werden konnten.

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