Berthold Wendt
Kleists Michael Kohlhaas
Ein Modell ästhetischer Theorie
Hochschulschriftenvermerk: Zgl.: Lüneburg, Universität, Dissertation, 2016
© 2017 zu Klampen Verlag · Röse 21 · 31832 Springe
www.zuklampen.de
Umschlaggestaltung: Groothuis. Gesellschaft der Ideen und Passionen mbH · Hamburg
Satz: Germano Wallmann · Gronau · www.geisterwort.de
E-Book-Herstellung: Zeilenwert GmbH 2017
ISBN 978-3-86674-696-1
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über ‹ http://dnb.dnb.de› abrufbar.
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Titel Berthold Wendt Kleists Michael Kohlhaas Ein Modell ästhetischer Theorie
Impressum Hochschulschriftenvermerk: Zgl.: Lüneburg, Universität, Dissertation, 2016 © 2017 zu Klampen Verlag · Röse 21 · 31832 Springe www.zuklampen.de Umschlaggestaltung: Groothuis. Gesellschaft der Ideen und Passionen mbH · Hamburg Satz: Germano Wallmann · Gronau · www.geisterwort.de E-Book-Herstellung: Zeilenwert GmbH 2017 ISBN 978-3-86674-696-1 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über ‹ http://dnb.dnb.de › abrufbar.
I) Einleitung Motto: »Niemand ist mehr Sklave, als der sich für frei hält, ohne es zu sein.« (Goethe)1
I 01) Überblick über die neuere Forschung zu Michael Kohlhaas – kritisch beleuchtet in Hinsicht auf die Resultate aus meinem methodischen Ansatz
I 02) Methodische Positionierung meines Forschungsansatzes
A) Theoretische Grundlegungen
A 01) Dramentheoretische Grundlegungen
A 01–1) Zu Kleists Dramaturgie
A 01–2) Zum Erhabenen bei Kleist
A 02) Moralphilosophische Grundlegungen
A 02–1) Vorbemerkung
A 02–2) Das höchste Gut oder der moralische Wunsch
A 02–3) Zum Verhältnis von Recht und Moral – bezogen auf das »Rechtgefühl«
B) Interpretation des Michael Kohlhaas
B 01) Einleitender Überblick mit Einführung der Hölderlin’schen Gattungsbegriffe
B 02) Die Einleitung zu Michael Kohlhaas
B 03) Die Exposition des Konflikts; episches Gedicht
B 04) Rechtssubjekt moralisch
B 05) Herses Verhör
B 06) Rechtsgesuch; Formwechsel zum dramatischen Gedicht
B 07) Das Geschäft der Rache
B 08) Souverän und Kriegszug
B 09) Die Lutherszene
B 09–1) Luthers Theologie
B 10) Staatsratsszene
B 11) Erste absteigende Tendenz der Handlung
B 12) Zweite absteigende Tendenz der Handlung; lyrisches Gedicht
C) Anhang zu Teil A
C 01) Exkurs zum Prinz Friedrich von Homburg
C 02) Exkurs zur Marquise von O…
C 03) Amphitryon (1803) – Interpretationsskizze
C 04) Anhang: Die Schalkerei König Heinrich des V. – ein Essay
Literaturverzeichnis
Über den Autor
Anmerkungen
Motto:
»Niemand ist mehr Sklave,
als der sich für frei hält,
ohne es zu sein.«
(Goethe)1
I) Einleitung
I 01) Überblick über die neuere Forschung zu Michael Kohlhaas – kritisch beleuchtet in Hinsicht auf die Resultate aus meinem methodischen Ansatz
Der neueste Forschungsüberblick über die Arbeiten zum Michael Kohlhaas ist der von Bernd Hamacher aus dem Jahre 20032. Anknüpfend an die traditionelle Unterscheidung von Literaturgeschichte und Literatursystematik (Poetik) möchte ich meine Ansicht der Forschung, wie unten begründet wird, etwas anders einteilen als er. Denn ich möchte die Forschung gruppieren nach A) die sich der Poetik verpflichtet fühlende und B) die im weitesten Sinne literarhistorische Richtung. Zu A) gehören Clemens Lugowski, Beda Allemann, und nach ihrer theoretischen Intention auch Helga Gallas und in neuester Zeit Michael Niehaus; zu B) die übrigen Autoren. Die unter A) genannten Autoren werden im Teil A 01 (den Überlegungen zu Kleists Dramaturgie) besprochen, abgesehen von Helga Gallas und Michael Niehaus3, auf deren methodische Überlegungen schon unten bei der Begründung meines Forschungsansatzes Bezug genommen wird.
Hamacher unterteilt seinen Überblick nach 1) einem einleitenden Problemaufriss in: 2) Textkritik und Quellenforschung; 3) Rechtsgeschichte; 4) Naturrecht und Gerechtigkeit; 5) Wertungsfragen: Protagonist, Erzähler und Leser; 6) methodische Neuansätze: Text und Geheimnis; und schließt 7) mit einem Fazit über Kontroversen und Perspektiven ab. Die ganz wertungsfrei vorgestellten Zusammenfassungen Hamachers müssen hier nicht inhaltlich wiederholt werden, sollen aber a) in ihrem Erkenntnisinteresse aus der Sichtweise meiner Arbeit kommentiert, b) um spätere Beiträge und c) Beiträge zu Schwerpunktthemen meiner Arbeit ergänzt werden.
Zu 2) Textkritik und Quellenforschung gehört die Arbeit von Thomas Nehrlich: »Es hat mehr Sinn und Deutung, als du glaubst.« Zu Funktion und Bedeutung typographischer Textmerkmale in Kleists Prosa , Hildesheim 2012. Sie diskutiert zum einen die editorische Problematik veränderter typographischer Gepflogenheiten seit der autorisierten Ausgabe der Kleist’schen Erzählungen 1810/11. Zum anderen widmet sie sich – ebenfalls gründlich historisch differenzierend – ausführlich der Deutung typographischer Merkmale und Besonderheiten der Kleist’schen Verwendung von Druckschrift.
Meine Interpretation stützt sich auf die von Kleist 1810/11 veröffentlichte vollständige Fassung der Erzählung. Ihre sorgfältige Rekonstruktion durch Helmut Sembdner (1977) wurde zugrunde gelegt und mit den neuesten Textausgaben abgeglichen4.
Zu 3) Rechtsgeschichte sind mir keine neuen Beiträge bekannt. Das grundsätzliche Problem bei der Bewertung der Ergebnisse der rechtshistorischen Forschung zu Kleists Erzählung scheint mir zu sein, dass sich das Konstruktionsprinzip des Werkes den historischen Stoff in einer solchen Weise zueignet, dass der ihm zugrunde liegende Weltzustand nicht mit dem des historischen Hans Kohlhase identisch ist.5 Dies ist schon vor längerer Zeit an symptomatischen Anachronismen, etwa der erwähnten Hamburger Bank, nachgewiesen worden. Ganz offensichtlich ging es Kleist nicht um die detailgetreue, ›naturalistische‹ Rekonstruktion eines historischen Falls.6 Statt dessen finden sich durch das Stilisationsprinzip bedingte charakteristische Abänderungen der stofflichen Vorlage – bestehe sie nun in den bekannten Quellentexten von Hafftitz oder in Akteneinsicht7 – hinsichtlich des Handlungsverlaufs, der Personen, von Ort und Zeit und der allgemeinen Bestimmungen des Weltzustandes. Wie in meiner Arbeit am Text gezeigt wird, gehen insbesondere historische Forschungen in Richtung Fehde- oder Widerstandsrecht an den textimmanent vorgebrachten Begründungen der Handlungsmaximen vorbei. Eine Betrachtung der Mythisierung der Kohlhaas-Figur in terroristischem Zusammenhang betrifft eher einen wirkungsästhetischen Aspekt, den hinzuzuziehen und analytisch zu diskutieren mit meiner Arbeit nicht bezweckt wird8.
In neuerer Zeit hat Johannes Süssmann in einem etwas versteckt veröffentlichten Kapitel9 über Michael Kohlhaas im Kontext des »literarischen Problems der Erzählung«10 das Verhältnis der Erzählung zum historischen Stoff herausgearbeitet. »Die historische Zurechnung des Dargestellten macht die Forschung blind für seine immanente Problemstellung. Denn in Kleists Text sind, […], beide Positionen gleich wichtig: die Achtung gebietende Staatsautorität wie das unveräußerliche Recht des Einzelnen. […] es [sind, B. W.] keine historischen Positionen, sondern dialektische.«11 Im Weiteren kann Süssmann nachweisen, dass sich Kleists konstruktiver Umgang mit den stofflichen Elementen nicht nur auf historische Ereignisse, sondern auch auf Personennamen, Ortsnamen und Schauplätze, Motive (etwa aus dem Fundus der Ritterromane) und literarische (Goethes
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