„Oben ist nichts, Fritsche. Die Spur führt nach unten, da sind Spuren an den Wänden. Wahrscheinlich ist die Mandel da dran gekommen und hat sich etwas abgeschürft oder ein paar Haare sind hängengeblieben. Wir sollten jetzt nach unten in die Wäscherei, um zu schauen, ob wir dort auch was finden und ob die Spur nach unten geht.“
„Das will ich doch hoffen, Chef! Wenn die Spur in der Wäscherei nur nach oben geht, haben wir ein Problem. Wir müssten dann den senkrechten Schacht nach noch verborgenen Abzweigungen absuchen, um die Spur weiter verfolgen zu können. Das könnte ewig dauern. Wenn ich mich recht erinnere, liegen zwischen Trainings- und Generatorhalle knapp anderthalb Kilometer. Das würde echt hart werden.“
„Na, dann wollen wir mal das Beste hoffen!“
So begaben sich Schroeder und Fritsche in die Wäscherei, krabbelten in den Klimaschacht, krochen bis zur Markierung und veranstalteten ihr Spiel mit den Handflächen, bis das erlösende Klicken ertönte. Mit aktivierten Scannern suchten sie das Stück Tunnel und dann den senkrechten Schacht ab.
„Wir haben wohl Glück, Fritsche. Die Spuren gehen nach unten weiter und wir können wohl davon ausgehen, dass unsere vier Vermissten sich nach unten begeben haben. Oder verfrachtet wurden, je nachdem.“
„Dann führt uns unser Weg wohl tief in den Turm. Die Wäscherei liegt unten im Servicebereich und darunter kommen nur noch die Fabriken, die Wasseraufbereitung, das Biorecycling und die gesperrte Etage der Sator’ri.“
„Tja, wo sind dann wohl unsere Vermissten abgeblieben? Wir werden diesen Kamin mal genauer unter die Lupe nehmen. Lass uns im Bauplan nachschauen, welche unmittelbaren Bereiche dieser Schacht berührt. Vielleicht können wir unsere Suche etwas eingrenzen und müssen nicht die ganzen Etagen absuchen, das würde uns Wochen kosten.“
Also begaben sich Schroeder und Fritsche ins Büro, setzten sich vor den Computer und beschäftigten sich intensiv mit dem Plan von Turm 17.
„Wenn wir von der Wäscherei aus tiefer gehen, müssen wir nach horizontalen Schächten suchen, die in der Nähe des senkrechten Kamins liegen. Dort müsste es dann wieder versteckte Zugänge geben.“
Etage für Etage arbeiteten sie sich durch den Bauplan und überprüften die Klimaschächte sehr genau. Eine Berührung fanden sie in der Biorecyclinganlage. Sie markierten sich den Schacht, um dort nach einem versteckten Zugang zu suchen.
Weiter ging es bei ihrer Suche. Sie kamen tiefer und tiefer. Ein Stockwerk folgte dem anderen. Aber sie fanden keine Übereinstimmung mehr. Die Etage der Sator’ri war allerdings nicht im Bauplan verzeichnet, jedenfalls gab es keine Daten über die Klimaanlage, die durch diese Etage führte. Als sie in der letzten Etage angekommen waren, hatten sie immer noch nur diese eine Spur in die Bioanlage, der sie folgen konnten. Aber das war besser als gar nichts.
„Okay, Fritsche. Dann geht’s wohl abwärts in die Biorecyclinganlage. Da wollte ich schon immer mal hin. Ich glaube aber, wir sollten uns gut für diese Suche ausrüsten, wer weiß, was uns da unten erwartet. Lass uns unsere Vorbereitungen treffen und dann legen wir los.“
Nachdem Schroeder und Fritsche sich ihre Waffen und einen mobilen Computer geholt hatten, informierten sie zunächst ihren Chef Wolf über ihre Entdeckungen und erklärten ihm, was sie im Weiteren vorhatten. Sie versprachen ihm auch, dass sie auf jeden Fall permanent mit der Zentrale des Sicherheitsdienstes verbunden sein würden, um notfalls Hilfe anfordern zu können. Als nächstes überprüften sie ein letztes Mal den Funkkanal zur Zentrale und machten sie dann auf den Weg, um die Tiefen des Turmes zu ergründen. Sie bestiegen den Lift und fuhren in die Etage mit der Biorecyclinganlage, wo alle biologischen Abfälle, die es im Turm gab, aufbereitet und zu Nahrungsmitteln weiterverarbeitet wurden, denn Rohstoffe waren sehr knapp in dieser Zeit.
Dort suchten sie sich mit Hilfe des mobilen Computers den Weg zur Klimaanlage und einen Einstieg, der möglichst nah an dem senkrechten Schacht lag. Sie fanden eine Öffnung in der Nähe der imaginären senkrechten Linie, die durch den Turm führte, und entriegelten diese. Sie stiegen ein und krochen den Schacht immer weiter, bis ihnen der mobile Computer mitteilte, dass sie die größtmögliche Annäherung an den senkrechten Kamin erreicht hatten.
Nun machten sich Schroeder und Fritsche ans Werk und krabbelten wie Ameisen durch die engen Gänge, um auf Spuren zu stoßen. „Vielleicht sollten wir unsere Scanner benutzen, Chef.“
„Ist eine gute Idee, obwohl ja in dieser Etage niemand verschwunden ist. Aber wir können es ja versuchen!“
Sie schalteten ihre Scanner ein und fanden seltsamerweise auch hier Spuren menschlicher DNA.
„Seltsam, oder? Da müsste ja schon mal ein Mensch durch diesen Gang gekrochen sein, aber eigentlich hält sich doch keiner in den Klimaschächten auf. Oder was meinst du, Fritsche?“
„Ist schon etwas sonderbar, aber solange es uns die Suche erleichtert, was soll’s!“
Also folgten sie dieser unerwarteten Spur, bis auch diese irgendwann zu Ende war. Nun war wieder – im wahrsten Sinne des Wortes – Handarbeit gefragt. Sie tasteten Stück für Stück die Decke des Schachtes ab.
Als es endlich klickte und ein Teil der Schachtwand sanft zur Seite fuhr, waren die Beiden schon fast am Ende ihrer Kräfte und ihrer Nerven.
„Ah, endlich! Langsam hab ich doch die Geduld verloren.“
„Ich fing auch schon an zu zweifeln, Chef.“
„Na, dann wollen wir mal unseren Schacht suchen und schauen, was er für uns bereit hält.“
Sie folgten dem geheimen Gang, bis dieser wieder an dem senkrechten Kamin endete. Orion tastete mit dem Scanner die Schachtwände ab und fand mehrere Spuren über und unter dem Einstieg.
„Das bedeutet wohl, dass wir tiefer müssen, Fritsche!“
„Jo, Chef!“
„Wenn ich mich nicht irre, muss irgendwo da unten ein Ausstieg aus diesem Schacht sein, und ich bin verdammt gespannt, wo der ist!“
Schroeder und Hyroniemus legten ihre Bergsteigergeschirre an, setzen ihre Headlights auf und überprüften noch mal die Waffen.
„Lass uns die Zentrale anfunken, Fritsche! Damit die wissen, wo wir sind.“
„Jawohl, Chef! Hallo, Zentrale, könnt ihr mich hören? Hier ist Fritsche.“
„Hallo, Fritsche. Hier ist die Zentrale. Van der Linden am Gerät. Ich höre dich laut und deutlich!“
„Hallo, Willem. Wir haben in der Biorecyclinganlage eine Spur nach unten gefunden und wollen uns jetzt an den Abstieg durch den Kamin machen. Kannst du Wolf informieren? Wir melden uns in regelmäßigen Abständen. Fritsche, Ende und Aus!“
„Hier Zentrale. Haben verstanden. Zentrale, Ende und Aus!“
„Okay, Chef. Zentrale ist informiert und wir können dann wohl los.“
„Dann ab in die Tiefe, Fritsche!“
Orion kletterte als erster in den Kamin, suchte sich Halt auf den Sprossen der Leiter, die durch den Schacht führte, und hakte sich an der Führungsstange neben der Leiter ein. Er begann langsam mit dem Abstieg und Fritsche folgte ihm. Meter um Meter stiegen sie hinab in die Tiefen des Turmes, ihre Lampen spendeten nur wenig Helligkeit in dieser Finsternis. Unablässig scannten sie den Schacht ab, um die Spur der DNS nicht zu verlieren. Und diese Spur führte immer weiter nach unten.
Langsam wurden ihnen die Arme schwer, sie mussten öfters eine Pause einlegen. Zwischendurch hielt Fritsche Kontakt mit der Zentrale und informierte diese über ihren Standort.
Mittlerweile waren sie in den Etagen mit den Fabriken angekommen, wie ihnen der mobile Computer verriet, hatten aber noch immer keinen Ausgang aus dem Schacht gefunden. Der anstrengende Abstieg zerrte ganz schön an ihren Nerven und verlangte ihnen alles an körperlicher Kondition ab, über was sie verfügten.
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