„431.2.3 Ausfahren
Der Springer soll:
nach dem Abbremsen des Landeimpulses in der Schritt- und Beinstellung (Telemark-Beinstellung) kurze Zeit verbleiben und dabei
— den Oberkörper allmählich aufrichten und
— danach bei beliebiger Beinstellung und beliebiger Armhaltung aufgerichtet mit schmaler und sauberer Skiführung (gegebenenfalls in Pfeilstellung zum Abbremsen) sowie bei vollem Gleichgewicht standsicher bis über die Sturzgrenze ausfahren.
Bewertungs-Kriterien:
— Kurzzeitiges Verbleiben in der Telemark-Beinstellung (Fahrstrecke ungefähr 10 bis Meter) nach der Landung.
— Schmale und saubere Skiführung, siehe Art. 431.2.2 (Pfeilstellung ist statthaft).
— Standsicheres Ausfahren bei vollem Gleichgewicht in aufrechter Körperhaltung sowie bei beliebiger Beinstellung und beliebiger Armhaltung über die Sturzgrenze.
Punkteabzüge:
— Maximaler Abzug für den gesamten Bewegungsabschnitt 7,0 Pkt.
— Unsauberes und/oder unsicheres Ausfahren durch den Übergangsbogen bis zum Passieren der Sturzlinie 0,5 bis 3,0 Pkt.
— Durchfahren des Übergangsbogens mit Berühren der/des Ski/Schnee/Matte mit den Händen und/oder Körperteilen.
Dies gilt auch für das Passieren der Sturzlinie in dieser Position. 4,0 bis 5,0 Pkt.
— Sturz vor oder auf der Sturzgrenze
7,0 Pkt." 25
Ist der Springer oder die Springerin gelandet, also mit beiden Füßen auf dem Aufsprunghang aufgesetzt, wird in der Mitte zwischen den beiden Füßen entweder per Augenmaß durch einen Weitenrichter oder bei mittels einer Videoweitenmessung die Sprungweite definiert.
Diese ist mit ausschlaggebend für die Gesamtbewertung eines Skisprungs. Abhängig von der Schanzengröße werden unterschiedliche Punktzahlen je Meter berechnet.
Was alle Schanzen jedoch gemeinsam haben, ist der sogenannte K-Punkt (Kalkulationspunkt), welcher 60 Weitenpunkte erbringt. Je mehr erzielten Meter mehr, erhält die Springerin eine festgelegte Punktgutschrift. Erzielt sie weniger Meter, erhält sie dementsprechend einen Abzug.
Zur Gesamtbewertung eines Skisprungs gehören zudem noch die Stilnoten, die durch fünf Sprungrichter vergeben werden. Die beste und schlechteste Note werden aus der Wertung gestrichen und die übrigen drei zu einer stilistischen Gesamtnote addiert. Seit der Saison 2010/2011 gibt es im Weltcup zudem noch die Wind-/Gate-Kompensation. Auch hier gibt es auf jeder Schanze einen anders festgelegten Wert pro Meter/Sekunde Auf- oder Rückenwind. Rückenwind bedeutet im Skispringen ein Nachteil, da die Springerin auf den Hang gedrückt wird und bewirkt daher Pluspunkte. Aufwind ist im Skispringen ein Vorteil, da sich ein zusätzliches Luftpolster bildet, welches die Springerin transportiert und dafür sorgt, dass sie weiter springen kann. Deshalb gibt es dafür Punktabzug. Bei Veränderungen der Anlauflänge gibt es ebenfalls Pluspunkte (Verkürzung) und Minuspunkte (Verlängerung).
Die Addition dieser drei Werte ergibt schließlich eine Gesamtnote, nach welcher die Springerinnen im Klassement eingestuft werden. Sortiert werden die Ergebnisse dementsprechend nach Höhe der Gesamtnote. Eine höhere Gesamtnote bedeutet also logischerweise eine bessere Platzierung.
Die Formel für die Gesamtnote für die Bewertung eines Skisprungs lautet also:
Abbildung 4: Formel für die Berechnung der Gesamtnote für die Bewertung eines Skisprungs. Eigene Darstellung.
Die Addition dieser drei Werte ergibt schließlich eine Gesamtnote, nach welcher die Springerinnen im Klassement eingestuft werden. Sortiert werden die Ergebnisse dementsprechend nach Höhe der Gesamtnote. Eine höhere Gesamtnote bedeutet also logischerweise eine bessere Platzierung.
Beispielhaft wird nun das Zustandekommen der Gesamtnote demonstriert. Dargestellt ist die Bewertung des Sprungs von Taylor Henrichs im WM-Wettkampf am 20. Februar 2015 auf der Normalschanze im Schwedischen Falun.
Abbildung 5: Die Benotung für Taylor Henrichs Sprung im ersten Durchgang bei der Weltmeisterschaftsentscheidung 2015 auf der Normalschanze in Falun (Schweden). Selbsterstellte Abbildung anhand der originalen Bewertung 26.
Auf einer Normalschanze beträgt der Wert pro Meter 2,0 Punkte, ein halber Meter macht also 1,0 Punkte aus. Der K-Punkt der Normalschanze in Falun liegt bei 90 Metern, also erhält Henrich die 60 Punkte für das Erreichen des K-Punktes und einen zusätzlichen Punkt, da sie einen halben Meter weiter gesprungen ist. So kommen die dunkelblau umrandeten 61 Weitenpunkte zustande.
Für ihre stilistische Leistung erhält Taylor Henrich die Punktzahlen (auch Noten genannt) 18,0 – 17,0 – 17,5 – 17,5 und 17,5. Auch hier fallen die beste (18,0) und schlechteste (17,0) Note aus der Wertung, dreimal 17,5 werden addiert und ergeben die dunkelrot umrandete Stilnote von 52,5 Punkten. Die maximal erreichbare Punktzahl bei den Stilnoten ist übrigens 60. Die Gate-Kompensation spielt bei diesem Sprung keine Rolle, da es bis zu ihrem Sprung keine Anlaufverlängerung oder -Verkürzung gab. Sie hatte während ihres Sprungs Rückenwind und erhält für den kalkulierten Mittelwert von 0,26 Metern pro Sekunde eine Gutschrift von 2 Punkten.
Der Computer addiert also hier: 61 Weitenpunkte plus 52,5 Stilpunkte plus 2 Windpunkte und errechnet die Gesamtpunktzahl von 115,5 Punkten.
Nun bleibt abschließend noch die Frage, nach welchen Kriterien die Kampfrichter die Haltungsnoten vergeben (sollen) und wie Abweichungen von der Norm zu berücksichtigen sind. Auch diese Frage beantwortet der Paragraph 431.2 in der IWO der FIS.
„ 431.2 Haltungs- und Bewegungsvorschriften
431.2.1 Flug
Der Springer soll
— durch einen effektiven Absprung die Flugbahn anheben und
— nach Passieren der Absprungkante möglichst schnell die optimale Flughaltung einnehmen
— und zum richtigen Zeitpunkt die Landevorbereitung beginnen.
Bewertungskriterien
— Aktive Einflussnahme auf das Ausnutzen der Luftkraftwirkung.
— Verbindung von Körper und Ski zu einem ganzheitlichen Flug-System.
— Einnahme einer stabilen und hinsichtlich der rechten und linken Seite streng symmetrischen Ski-, Bein- und Armhaltung.
Punkteabzüge:
— Maximaler Abzug für den gesamten Bewegungsabschnitt 5,0 Pkt.
431.2.2 Landung
Der Springer soll
— aus einer stabilen Flughaltung den Kopf und Oberkörper aufrichten, die arme seitlich nach vorn/oben führen und die Skier in die Parallelstellung drehen;
— unmittelbar vor der Bodenberührung mit den Skienden eine leichte Schrittstellung einnehmen und in den Kniegelenken einbeugen;
— nach der Bodenberührung mit den Skienden das Abbremsen des Landeimpulses durch die elastischen Widerstandskräfte der sich durchbiegenden Skihinterteile durch Muskelkrafteinsatz unterstützen und dabei gleichzeitig
— die Schrittstellung weiter vergrössern [sic!] und mit dem hinteren Bein entsprechend tiefer einbeugen (Telemark-Beinstellung) sowie bei schmaler Skiführung den Landedruck gleichmässig [sic!] auf beide Seiten verteilen und zur Stabilisierung des Gleichgewichtes die Arme nach vorn/oben strecken.“
Anmerkung des Autors: In aller Regel erhalten die Springerinnen und Springer für die Flugphase keine Punktabzüge durch die Sprungrichter. Eine Regel aus dem Skispringervolksmund, die bisweilen an den Schanzen und auch von den Kommentatoren öfter zu hören ist, dass die Skienden überkreuzt sein müssten, damit ein Kampfrichter zum Punktabzug greift.
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