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Die Königin des Lichts
Eine spannende Geschichte für kleine und große Leute – gesponnen
Im Zauberland der Fantasie
Gisela Luise Till
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Personen und Handlungen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind zufällig und nicht beabsichtigt.
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© 2020 Papierfresserchens MTM-Verlag GbR
Mühlstr. 10, 88-85 Langenargen
Lektorat: Melanie Wittmann
Titelbild: © Heike Georgi
Alle Rechte vorbehalten. Taschenbuchausgabe erschienen 2018.
Herstellung: Redaktions- und Literaturbüro MTM
ISBN: 978-3-86196-751-4 - Taschenbuch
ISBN: 978-3-96074-296-8 - E-Book
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Inhalt
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Für meine Familie –
die ich für keine Zauberperle eintauschen würde!
Die Quelle des Lebens ist das Licht,
geh zur Sonne und du findest dich.
*
Die Sonne stand schon tief am Himmel, als Luzie im roten Schein der untergehenden Sonne die Bergwiese hinaufrannte. Ab und zu blieb sie stehen, vergewisserte sich, dass ihr niemand folgte, und eilte weiter. Das blonde Mädchen sah gehetzt aus. Ihr Blick irrte hin und her und suchte nach einem sicheren Versteck. Am liebsten hätte sie sich gleich hinter die ersten Büsche verkrochen, doch der Schlupfwinkel bot nicht genug Deckung. Sie lief bis zum Wiesenrand, blieb beim alten Heuschober stehen, lauerte nach allen Seiten und huschte in den Schuppen.
Leise fiel die Tür ins Schloss und sie stand im Dunkeln. Luzie lehnte sich keuchend an die Wand und schnaufte ein paarmal kräftig durch. Sie wartete, bis ihr Atem sich beruhigte, sank auf die Knie und kroch im Lichtschein, der unter ihrem Pullover leuchtete, hinter die abgestellten Bretter.
Ihr Vater mochte es nicht, wenn sie sich hier versteckte: Er befürchtete, dass die Bretter umkippen und sie verletzen könnten. Doch sie hatte keine Angst, solange sie achtgab, war alles gut! Das Versteck war sicher, abends trauten sich die Kinder nicht mehr hierher. Max war der Einzige, der sich das traute, und wenn sie Glück hatte, kam er heute nicht auf die Idee, hier nach ihr zu suchen. Das wünschte sie sich so sehr. Immer war sie die Erste, die gefunden wurde, das machte überhaupt keinen Spaß.
Luzie krabbelte in die hinterste Ecke, schlang ihre Arme um die Knie und kauerte sich in den engen Winkel. Es war so eng, dass bei jeder Bewegung die Latten bedenklich wackelten. Sie traute sich kaum noch zu atmen. Wenn die Bretter kippten, war alles verloren: Max würde es hören und sofort wissen, wo sie war.
In der Ecke war es beklemmend, aber sie tat, was sie sich vorgenommen hatte. Sie legte den Kopf auf die Knie, schirmte das Licht ab und blieb stocksteif hocken. Draußen war alles still. Nichts war zu hören. Die Minuten schlichen dahin. Luzie glaubte schon, eine Ewigkeit in der Enge ausgeharrt zu haben, als plötzlich draußen Stimmen kreischten. Der Wind wehte die Worte zu ihr herüber und sie hörte die Kinder rufen: „Blinki will sich verstecken, wir werden sie entdecken!“
Sie hielt sich die Ohren zu.
Da hörte sie es schon wieder. „Blinki, Blinki, die verrückte Blinki.“
Verärgert presste sie die Lippen zusammen. Egal, was sie tat, überall johlten die Kinder: „Blinki, Blinki, da kommt die blinkende Blinki!“
Der Name Blinki brannte wie tausend Nadelstiche in ihren Ohren. Diesen blöden Spitznamen wollte sie nicht mehr hören. Beim Verstecken war es besonders schlimm. Dann sangen alle Kinder zusammen:
„Blinki will sich verstecken,
wir werden sie entdecken!
Blinki, Blinki, die verrückte Blinki.“
Und jetzt passierte es schon wieder. Wo sie sich auch versteckte, das blöde Licht verriet sie immer. Wie sie dieses Licht hasste! Ach, sie hasste alles: den Namen Blinki und das Licht.
Luzie hockte in ihrem engen Versteck und vertraute darauf, dass noch niemand wusste, wo sie sich befand. Wenn sie sich ruhig verhielt und das Licht abdeckte, konnte es Stunden dauern, bis jemand sie entdeckte. Sie wusste genau, Max würde sie suchen. Aber was sollte sie tun, wenn er sie nicht aufspürte? Den Schlupfwinkel wollte sie nicht verlassen, selbst wenn es die ganze Nacht dauern würde.
Luzie stützte sich an der Wand ab, streckte vorsichtig ihre steif gewordenen Glieder und linste durch ein Astloch. Unten am Apfelbaum stand Max, sie konnte ihn sehen.
Er lehnte mit dem Kopf am Baumstamm und rief: „Eckstein, Eckstein, alles muss versteckt sein, eins ... zwei ... drei ...“ Bei zehn drehte er sich um, schüttelte sein lockiges schwarzes Haar und schaute suchend umher.
Der zwölfjährige Junge war schlank und hochgewachsen. Er hatte ein aufgewecktes Lächeln und verschmitzte braune Augen. Obgleich er ein Jahr älter als Luzie war, liebte er es, mit ihr zu spielen, denn sie war klüger und stärker als alle anderen und hatte immer die besten Ideen.
Max betrachtete die Büsche und musterte den Schuppen. Es dauerte keine Minute, da sah er ein Licht durch die Ritzen der Holzwand schimmern und wusste sofort: Dahinter verbarg sich Luzie. Ein verschmitztes Lächeln huschte über sein Gesicht. Er pfiff vergnügt vor sich hin, eilte die Wiese hoch, blieb an der hinteren Stallwand stehen und drückte sein Ohr an die Wand. Luzie hielt den Atem an. Plötzlich hatte sie das Gefühl, in ihrem Versteck eingesperrt zu sein. Max wusste schon wieder, wo sie sich verbarg. Egal, was sie auch tat, er fand sie immer und überall. Das machte überhaupt keinen Spaß!
Max schlich zur Vorderseite, riss die Tür auf, blieb breitbeinig im Eingang stehen und rief: „Eins, zwei, drei, gefunden!“
Luzie kroch mit steifen Gliedern aus ihrem Versteck. In ihrem Kopf drehte sich alles. Sie taumelte gegen die Bretter und schwankte zur Tür. Max reichte ihr die Hand, doch Luzie stieß ihn zur Seite und rannte davon. Der heftige Stoß traf Max in die Rippen. Er stolperte, rutschte aus und fiel hin. In dem Moment stürzten die Bretter um und begruben ihn.
Luzie hörte das Poltern, drehte sich aber nicht um. Aus Angst, sie könnte ein Kind treffen, das wieder ihren verhassten Spitznamen rief, schaute sie nicht nach links und rechts und sauste geradewegs nach Hause. Wütend knallte sie die Tür hinter sich zu, setzte sich an den Küchentisch und vergrub ihren Kopf zwischen den Händen.
Maria, Luzies Mama, blickte sie erstaunt an. „Was ist passiert? Warum bist du so verärgert?“
Luzie presste die Lippen zusammen, knallte ihre Faust auf den Tisch und murrte: „Ich spiel nie mehr Verstecken!“
Maria schüttelte verdutzt den Kopf. „Wieso nicht? Was ist passiert?“
„Das blöde Licht verrät mich immer. Max kann allein Verstecken spielen, der findet mich sowieso sofort.“ Luzie zog mürrisch die Stirn kraus. Sie hasste das Licht in ihrer Brust, das Leuchten ihrer Haut, das sie immer und überall verriet. Kein Mensch hatte so ein Licht – nur sie. Solange sie klein gewesen war, hatte sie es lustig gefunden, doch nun wurde ihr immer mehr bewusst, dass sie anders war als andere Kinder. Das, was ihr widerfuhr, war nicht normal! Sie fühlte sich so scheußlich und dachte: „Vielleicht bin ich verrückt? Nur Verrückte haben so ein Licht, darum bin ich auch die Einzige, die so leuchtet. So muss es sein! Ich bin verrückt und alle wissen es. Die Kinder rufen ja schon: Da kommt Blinki! Die verrückte Blinki!“
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