24.3 Vergabe weiterer Lizenzen durch den Lizenzgeber
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Nach Abschluss des ausschließlichen Lizenzvertrages darf der Lizenzgeber keine weiteren Lizenzen erteilen, durch die das Recht des Inhabers einer ausschließlichen Lizenz beeinträchtigt würde. Handelt der Lizenzgeber dieser Verpflichtung zuwider, macht er sich schadensersatzpflichtig. Ferner ist die Erteilung einer weiteren Lizenz dem ausschließlichen Lizenznehmer gegenüber unwirksam. Ist die ausschließliche Lizenz in das Patentregister gem. § 30 Abs. 4 PatG eingetragen worden, ist eine solche Lösung unproblematisch, da in diesem Fall der neue Lizenznehmer die Möglichkeit gehabt hätte, sich von dem Vorhandensein einer bereits bestehenden ausschließlichen Lizenz zu überzeugen. Aufgrund des dinglichen Charakters der ausschließlichen Lizenz wird man jedoch nicht umhinkommen, entsprechend der herrschenden Meinung eine solche Unwirksamkeit der später erteilten Lizenz auch in den Fällen anzunehmen, in denen keine Eintragung vorliegt.181
Eine solche Regelung kann ohne Frage zu erheblichen Härten für einen Lizenznehmer führen, da der Lizenznehmer keine Möglichkeit hat, sich darüber zu informieren, ob das Schutzrecht mit einer ausschließlichen Lizenz belastet ist. Schwerwiegend ist dabei auch das wirtschaftliche Ergebnis, da sich die Tatsache, dass keine wirksame Lizenz erworben wurde, u.U. erst herausstellen kann, nachdem gewisse Vorbereitungen für eine Produktion stattgefunden haben, ggf. die Produktion sogar angelaufen ist. Im Hinblick auf die dingliche Wirkung der Einräumung einer ausschließlichen Lizenz ist das Ergebnis der Unwirksamkeit einer weiteren Lizenzvergabe jedoch unausweichlich, da mit der Vergabe der ausschließlichen Lizenz der Lizenzgeber sein Nutzungsrecht verloren hat, so dass im Prinzip nur noch das formale Patentrecht verbleibt. Der gutgläubige Erwerb einer später erteilten ausschließlichen Lizenz gegenüber einer bereits bestehenden ausschließlichen Lizenz ist auch im Hinblick auf die wirtschaftlichen Konsequenzen nicht tragbar, da in diesem Fall der ursprüngliche Inhaber der ausschließlichen Lizenz von der weiteren Benutzung der Erfindung ausgeschlossen wäre und damit u.U. erhebliche Investitionen hinfällig würden. Das Spannungsfeld zwischen zwei erteilten ausschließlichen Lizenzen kann daher nur unter dem Gesichtspunkt der Priorität gelöst werden.
Vergibt der Lizenzgeber einer ausschließlichen Lizenz noch eine weitere einfache Lizenz, würde sich die Frage des gegenseitigen Ausschlusses der Lizenzgeber allerdings nicht stellen. Kann jedoch eine ausschließliche Lizenz trotz ihres zumindest quasi-dinglichen Charakters nicht gutgläubig erworben werden, erscheint es als rechtlich ausgeschlossen, dass bei einer einfachen Lizenz, die nur eine einfache schuldrechtliche Beziehung darstellt, ein gutgläubiger Erwerb möglich sein soll.
Im Gegensatz zu den später erteilten Lizenzen bleiben die vor der Vergabe einer ausschließlichen Lizenz erteilten einfachen Lizenzen wirksam.182 Allerdings kann der Lizenzgeber in diesem Fall schadensersatzpflichtig werden aus dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsabschluss, insbesondere unter dem Gesichtspunkt der mangelnden Aufklärung (s. auch § 311 Abs. 2 BGB n.F.).183 Umgekehrt kann der Lizenzgeber, wenn der ausschließliche Lizenznehmer Beschränkungen der ihm erteilten Lizenz verletzt, nach den Grundsätzen der sog. Drittschadensliquidation den Ersatz des Schadens verlangen, der dem einfachen Lizenznehmer, dem bereits früher eine Lizenz erteilt worden war, entstanden ist.184
24.4 Klagerecht des Inhabers einer ausschließlichen Lizenz gegenüber Patentverletzern
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Ausfluss des dinglichen Charakters der ausschließlichen Lizenz ist, dass deren Inhaber aus eigenem Recht gegen Patentverletzer vorgehen kann (sog. Aktivlegitimation).185 Der ausschließliche Lizenznehmer kann sowohl in Unterlassungs- als auch in Schadensersatzprozessen i.S.d. § 139 PatG aus eigenem Recht vorgehen; er kann z.B. Rechnungslegung verlangen u.Ä.186 Da die ausschließliche Lizenz auch gegenüber dem Patentinhaber wirkt, setzt sich auch der Patentinhaber Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen wegen Vertrags- und Patentverletzung aus, wenn er die dem Lizenznehmer eingeräumte alleinige Nutzungsbefugnis missachtet.187 Hier hätte der Patentinhaber nur eine sog. alleinige Lizenz vergeben dürfen.188
24.5 Ausschließliche Lizenz, der kein Schutzrecht zugrunde liegt189
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Auch Lizenzverträge über Erfindungen, für die kein Schutzrecht besteht oder aufgrund derer lediglich das „Know-how“ mitgeteilt wird, können ausschließliche sein, d.h. dass der Lizenzgeber dem Lizenznehmer zusagt, dass er ihm allein die Lizenz für ein bestimmtes Gebiet erteilt und dass er selbst in diesem Gebiet den Gegenstand weder herstellt noch vertreibt. Teilt der Lizenzgeber das Geheimnis, sei es nun schutzfähig oder nicht, einem anderen mit, so dass dieser den zugrunde liegenden Gegenstand nachahmen kann, so verletzt er seine vertraglichen Pflichten und macht sich ersatzpflichtig.
24.6 Weitere Rechte des Inhabers einer ausschließlichen Lizenz
24.6.1 Übertragung von Rechten durch den Inhaber einer ausschließlichen Lizenz190
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Bei der Übertragung der ausschließlichen Lizenz durch den Lizenznehmer ist zwischen der Veräußerung der Lizenz und der Erteilung von Unterlizenzen zu unterscheiden, obwohl diese Unterscheidung häufig nicht genau genug durchgeführt wird. Eine Veräußerung liegt jedoch nur vor, wenn an die Stelle des bisherigen Inhabers der ausschließlichen Lizenz ein anderer tritt. Der bisherige Lizenznehmer scheidet damit aus dem Rechtsverhältnis mit dem Lizenzgeber aus. Anders ist es bei der Erteilung einer Unterlizenz. Hier bleibt das Rechtsverhältnis zwischen dem Lizenzgeber und dem Inhaber der ausschließlichen Lizenz bestehen. Der Hauptlizenznehmer räumt lediglich einem Dritten Rechte an seinem Recht ein. Der Dritte steht dabei in keinen direkten vertraglichen Beziehungen zu dem Lizenzgeber. Die Unterlizenz lässt sich am besten mit der Unterpacht vergleichen.
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Jeder Lizenzvertrag beruht vor allem auch aufgrund des damit verbundenen Risikos auf dem besonderen Vertrauen der Vertragsparteien. Insbesondere bei ausschließlichen Lizenzen, bei denen dem Schutzrechtsinhaber für den lizenzierten Bereich u.U. nur noch eine formale Rechtsposition verbleibt, ist i.d.R. die Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit des ausschließlichen Lizenznehmers von ausschlaggebender Bedeutung. Hier sei nur beispielhaft auf Abrechnung und Zahlung der Lizenzgebühr, die Qualität der aufgrund der Lizenz hergestellten Erzeugnisse, die Ausübungspflicht und zahlreiche andere Pflichten des Lizenznehmers verwiesen. Aufgrund dieses persönlichen Vertrauensverhältnisses wird man daher über die Vorschriften der §§ 399, 415 BGB regelmäßig davon ausgehen können, dass auch ohne ausdrückliche Vereinbarung im Vertrag eine Veräußerung der ausschließlichen Lizenz ausgeschlossen ist.191
24.6.2 Die Erteilung von Unterlizenzen durch den Inhaber einer ausschließlichen Patentlizenz
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Das Recht, Unterlizenzen zu erteilen, wird dem Inhaber einer ausschließlichen Patentlizenz durch die Rechtsprechung i.d.R. zuerkannt, soweit nicht der Sonderfall einer ausschließlichen Betriebslizenz vorliegt192 oder dieses Recht vertraglich ausgeschlossen ist. Auch in der Literatur wird diese Auffassung vielfach vertreten.193 Verschiedentlich werden jedoch im Schrifttum Bedenken geäußert.194
Der Hauptlizenznehmer kann auch ausschließliche Lizenzen in dem Umfang, den seine eigene hat, als Unterlizenzen erteilen.195 Hat der Hauptlizenznehmer eine nach Zeit, Gebiet oder Nutzungsart beschränkte ausschließliche Lizenz eingeräumt bekommen, ist eine Unterlizenzvergabe ohne weitere Zustimmung des Lizenzgebers ausgeschlossen.196 Der Hauptlizenznehmer haftet für Verschulden des Unterlizenznehmers.197
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