23.2 Mängelhaftung für Rechtsmängel ab dem 1.1.2002
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§ 313 BGB n.F. erfasst jetzt die Sachverhalte, die vor dem 1.1.2002 nach den von Rechtsprechung und Literatur entwickelten Regeln des Wegfalls der Geschäftsgrundlage behandelt wurden.
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§§ 323 Abs. 1 HS 2, 472, 473 BGB a.F. werden bei einer Verpflichtung des Lizenznehmers zur Erbringung einer Teilleistung im Falle des teilweisen Ausschlusses der Leistungspflicht des Lizenzgebers durch §§ 326 Abs. 1 Satz 1 HS 2, 441 Abs. 3 BGB n.F. ersetzt. Das aus der analogen Anwendung des § 626 Abs. 1 BGB (vor dem 1.1.2002) hergeleitete Kündigungsrecht ergibt sich jetzt aus § 314 BGB n.F.162
23.3 Haftung des Verkäufers von Rechten ab 1.1.2002
23.3.1 Hauptpflichten
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Der Rechtskauf (z.B. Kauf von Patenten) richtet sich nach §§ 453 BGB n.F. (vor dem 1.1.2002: § 433 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F.). Der Käufer z.B. eines Patents muss Besitzer der Erfindung werden, ohne dass der Käufer über den Inhalt der Offenlegungsschrift/des erteilten Patents hinaus Anspruch auf die Überlassung des Know-how des Verkäufers hat.163
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Dem Käufer obliegt als Hauptpflicht die Zahlung des Kaufpreises. Wird der Kaufpreis wie bei einem Lizenzvertrag die Lizenzgebühr („erfolgsabhängig/in Raten“) entrichtet, was relativ häufig vorkommt (in ca. 50 % der Fälle, die der Verfasser Groß bearbeitet hat), um wie bei der Lizenz das Risiko des Käufers zu minimieren, ist auch das neue EU-Kartellrecht für Lizenzverträge zu beachten.164 Die ursprüngliche Unmöglichkeit richtet sich jetzt nach § 311a Abs. 1 BGB n.F.165
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Die Bestandshaftung ist jetzt in §§ 437, 435 Satz 1, 433 Abs. 1 Satz 2, 453 Abs. 1 BGB n.F.166 geregelt. Neu ist jetzt, dass § 437 Nr. 3 BGB n.F. auf § 280 Abs. 1 BGB n.F. verweist und somit Schadensersatz grundsätzlich nur dann verlangt werden kann, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung zu vertreten hat.
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Der Käufer des Rechts kann unter den Voraussetzungen (insbes. Fristsetzung) der §§ 437 Nr. 2 i.V.m. § 323 BGB n.F. vom Kauf zurücktreten.167
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Bei Verzug ist die Ablehnungsandrohung (§ 326 Abs. 1 BGB a.F.) entfallen und (auch) bei Geldforderungen eine Mahnung erforderlich bzw. möglich, § 280 Abs. 2 i.V.m. § 286 BGB n.F.168
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Die vor dem 1.1.2002 geltenden Grundsätze der positiven Vertragsverletzung bei Verletzung von Nebenpflichten (z.B. Nichtangriff der gekauften Rechte, Mitteilung von Verbesserungen/Weiterentwicklungen, Ausübungspflicht bei umsatzabhängigen Lizenzgebühren169) werden jetzt von § 280 BGB erfasst.170
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Die Sachmängelhaftung und die Haftung für zugesicherte Eigenschaften richten sich nach §§ 437, 280 i.V.m. § 276 Abs. 1 Satz 1 BGB n.F. § 281 BGB n.F. ist wieder zu beachten.171
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Die Rechtsmängelhaftung ist jetzt172 in § 313 BGB n.F. für die Fälle der Abhängigkeit des verkauften Rechts von einem anderen Recht und bei Verkauf nicht bekannter Vorbenutzungsrechte und im Übrigen in §§ 453, 435, 433 Abs. 1, 2, 437 BGB n.F. geregelt.173
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Der Bundesgerichtshof174 sah nach altem Recht (§§ 434, 440, 442, 325, 326 BGB n.F.) bei dem Verkauf einer Bauschuttsortieranlage einen Rechtsmangel der Kaufsache bei einer behaupteten Patentverletzung bereits dann als dargetan und bewiesen an, wenn feststeht, dass einem Dritten ein Schutzrecht zusteht, kraft dessen er allein befugt ist, einen Gegenstand, wie er verkauft worden ist, zu benutzen. Beruft sich hingegen der Verkäufer darauf, dass der Patentinhaber sein Recht nicht mehr geltend machen könne, weil es erschöpft ist oder er der Benutzung zugestimmt hat, so trifft ihn hierfür die Darlegungs- und Beweislast. Verletzt der gekaufte Gegenstand das Patent eines Dritten, ist es grundsätzlich interessengerecht, dem Verkäufer zunächst Gelegenheit zu geben, den Rechtsmangel zu beseitigen, bevor dem Käufer das Recht zugebilligt wird, sich vom Vertrag zu lösen und Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu verlangen oder vom Vertrag zurückzutreten.
159Vgl. Groß, Rn. 20ff., 290ff. zur Rechtslage vor dem 1.1.2002. 160Ann/Barona, Rn. 131, unter Verweis auf Palandt/Weidenkaff, § 536a Rn. 14; Benkard, PatG, Rn. 180ff. zu § 15; Pahlow, 399ff., befürwortet die Anwendung der §§ 434ff. BGB. 161Ann/Barona, wie vor. BGH, Urt. v. 10.5.2011, Mitt. 2011, 486 – Haftung für Umstand, dass die Serienreife eines zu entwickelnden Filmscanners tatsächlich nicht erreicht wird, verneint. 162Ann/Barona, Rn. 146 und zum alten Recht Groß, Rn. 331ff.; Pahlow, S. 401ff., bejaht dagegen bei der Rechtsmängelhaftung die analoge Anwendbarkeit der §§ 581 Abs. 2, 536 Abs. 1, 3, 441 BGB. 163Ann/Barona, Rn. 165 unter Verweis auf Benkhardt/Kraßer, 700. 164Art. 1 Abs. 1b) 2 TT-GVO, R 49, 51, 53 LL und Rn. 42 des 1. Entwurfs der LL, vom Oktober 2003, der Art. 6 der (alten) TT-GVO Nr. 240/96 aufgreift. 165Bisher: §§ 306, 307 BGB a.F.; Groß, Rn. 64. 166Bisher: §§ 437, 440, 445, 320, 327 BGB a.F. 167Bisher: Rücktritt ebenfalls möglich, Ann/Barona, Rn. 169, unter Hinweis auf Ullmann/Benkard, § 15 Rn. 20. 168Ann/Barona, Rn. 154. 169Währungsbetrag je verwertetes Stück oder Prozentsatz vom definierten Umsatz; Ann/Barona, Rn. 177–179 m.w.N. 170Groß, Rn. 91, 64ff., 90. Das OLG Zweibrücken, 28.8.2003, GRUR-RR 2004, 141 = NJOZ 2004, 391, bejaht die Verletzung einer Nebenpflicht des Inhabers eines Markenrechts, wenn dieser den Schutzbereich der lizenzierten Marke ungerechtfertigt einschränkt. 171Groß, Rn. 331. 172Bisher: §§ 434, 437, 440 BGB a.F. z.B. für widerrechtliche Entnahme, Beschlagnahme des Rechts, vor dem Kauf mit Wirkung für den Käufer erteilte Lizenzen, Lizenzbereitschaftserklärung, Zwangslizenz, Benutzungsanordnung. 173Ann/Barona, Rn. 185f. m.w.N.; Möller, Das Patent als Rechtsmangel der Kaufsache, GRUR 2005, 468ff. 174BGH, 24.10.2000, GRUR 2001, 407ff. m.w.N.
24. Die ausschließliche/alleinige/einfache Lizenz
24.1 Allgemeines
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Wie bereits dargestellt,175 gibt die ausschließliche Lizenz dem Lizenznehmer das auch gegen Dritte wirkende Recht, in einem bestimmten Gebiet des Marktes den Lizenzgegenstand alleine zu benutzen. Diese dingliche Wirkung der ausschließlichen Lizenz176 hat Auswirkungen, die von erheblicher Bedeutung sind, insbesondere hinsichtlich der Rechte und Befugnisse des Lizenznehmers. Bei der folgenden Darstellung wird dabei nicht zwischen der ausschließlichen und der alleinigen Lizenz unterschieden, da die alleinige Lizenz nur ein Sonderfall der ausschließlichen Lizenz ist.177
24.2 Wirkung der ausschließlichen Lizenz gegen den Rechtsnachfolger des Patentinhabers
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Bei dem Patentrecht selbst handelt es sich gem. § 9 Abs. 1 PatG um ein dingliches, gegen jedermann wirkendes Recht. Dies hat zunächst die Konsequenz, dass durch eine Vereinbarung z.B. zwischen Patentinhaber und Lizenznehmer, das Patent mit rechtlicher Wirkung für Dritte nicht unübertragbar gemacht werden kann. Dies gilt unabhängig von der Gültigkeit der schuldrechtlichen Vereinbarung über die Unübertragbarkeit zwischen den Parteien.178 Daher geht ein abredewidrig veräußertes Patent auch auf den Erwerber über, wenn dieser die Abrede kennt.179
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Ist das veräußerte Patent mit einer ausschließlichen Lizenz belastet, muss der Erwerber des Patents die ausschließliche Lizenz gegen sich gelten lassen. Diese bleibt nach absolut herrschender Meinung bestehen, d.h. genießt sog. Sukzessionsschutz.180 Diese Lösung ergibt sich nach herrschender Meinung aus der dinglichen Natur der ausschließlichen Lizenz, ohne dass es dafür einer Eintragung in die Patentrolle bedürfte.
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