Nana kicherte und wischte sich den Mund sauber. „Ich Maus!“ Sein Lachen war so ansteckend, dass Juan nicht böse sein konnte. Wohlwollend strich er dem Jungen über die Haare. „So, so!“
Juan setzte sich auf einen Schemel, den die Schreiner ihm gebaut hatten, und ließ sich von Maisblüte eine Schale reichen. Teller und Löffel waren inzwischen Mangelmare, aber er hatte noch einen Löffel ergattert, während andere das Essen mit ihren Fingern in den Mund schaufeln mussten. Inzwischen war der Löffel fast sein größter Schatz, mit Ausnahme seines Rapiers, den er hütete wie seinen Augapfel. Ohne den Degen, mit dem er schon seit seiner Kindheit vertraut war, wäre er kein Soldat mehr. Er war froh um das Zelt, denn die meisten Mitglieder der Expedition hatten diesen Komfort nicht. Die Sklaven schliefen ohnehin im Freien und starben wie die Fliegen. Bald hätten sie keine Träger mehr und dann mussten sie neue Wilde gefangennehmen. Maria und Nana brauchten sich also nicht zu beschweren! Er schickte das Kind hinaus, um weiteres Feuerholz zu holen, und winkte Maria näher, damit sie sich auf seinen Schoß setzte. Er schlug ihren Umhang beiseite und bediente sich an ihren festen Brüsten. Er ließ sich sein Wohlwollen bezahlen! Das Mädchen rührte sich nicht und ließ ihn gewähren. Ihr Blick war abwesend, als wäre sie ganz woanders. Juan benutzte ihren Körper und freute sich darauf, sich im Winter nachts daran zu wärmen. Das war praktischer, als beim Pferd zu schlafen.
* * *
Die Baumeister arbeiteten unterdessen an einer großen Piragua, eine Pirogge, mit der die Truppen in den nächsten Tagen übersetzen sollten. Sie fanden einen riesigen Baum, der gut geeignet war, um ihn auszuhöhlen. Der Gouverneur hatte vor, die Piragua weiter flussabwärts zu transportieren und dort überzusetzen. In nur vier Tagen schafften es die Baumeister, das Boot herzustellen. Während des Dunkels einer Neumondnacht transportierten sie es heimlich mit zwei Karren flussabwärts und setzten es dort in den Fluss. Über vierzig Soldaten setzten über und schlugen die wenigen Krieger in die Flucht. Die Pfeile, die auf sie regneten, richteten dabei kaum Schaden an. Die Soldaten vertrieben die Indios und sicherten das Ufer, damit die restlichen Soldaten übersetzen konnten.
Juan führte seine Männer am nächsten Tag weiter nach Norden und eroberte ein Dorf namens Zabusta. Sie fanden weitere Maiskammern und durchsuchten die Hütten nach Kleidung. Von den Bewohnern fehlte jede Spur. Juan wusste, dass es dauern würde, bis der Tross folgen würde, und setzte seine Männer wieder in Gang. Er folgte dem Lauf eines Flusses und eroberte mehrere kleine Dörfer an seinem Ufer.
Der Tross folgte ihm mit einem Tag Verzögerung. Mit Karren und Pferden schleppten sie die Piragua bis zum nächsten Flusslauf und setzten sie dort ins Wasser. Der Gouverneur ließ die Ausrüstung in die Piragua verladen und mit Pferden den Fluss entlangziehen. Außerdem benutzten sie dazu einige Kanus, die sie gefunden hatten. Sie kamen ziemlich schnell voran und nutzten den Fluss, um weiter nach Norden vorzustoßen. Sie plünderten jedes Dorf, durch das sie kamen, und nahmen dabei einen Häuptling namens Apafalaya gefangen. Sie zwangen ihn, unter Ketten als Dolmetscher und Führer zu arbeiten. Seine Krieger brüllten ihren Zorn heraus, doch wagten sie es nicht, die Spanier auf deren Pferden anzugreifen.
Juan verließ den Fluss und führte seine Kundschafter nach Norden. Der Weg führte an dicht bewaldeten Hügeln vorbei, die von Nord nach Süd verliefen. Juan führte seine Männer durch die Senken, obwohl er befürchtete, dass die Wilden vielleicht die strategisch günstigen Hügel für einen Hinterhalt nutzen würden. Das Wetter wurde schlechter und die Ufer der Bäche waren oft schon vereist. Manchmal fiel der erste Schnee und die Männer froren in ihrer Kleidung. Der Weg wurde unwegsamer und sie durchquerten viele kleine Flüsse und kamen an Sümpfen vorbei. Die Gegend war wenig besiedelt, dafür entdeckte Juan viel Wild in den Wäldern. Wenn er mehr Zeit hätte, würde er seine Lanzenreiter zur Jagd einsetzen. Er wusste, dass der Gouverneur einen Platz zum Überwintern suchte, und hoffte dort ein wenig Zeit für derartige Vergnügungen zu haben. Er verlangsamte sein Tempo und ritt dann wieder den Weg zurück, damit der Tross zu ihnen aufschließen konnte. Es wurde zu kalt, um ungeschützt im Freien zu kampieren. Seine Reiter folgten ihm willig, denn auch sie lockte die Aussicht auf ein wärmendes Feuer. Alle freuten sich auf eine trockene Unterkunft.
* * *
Am nächsten Morgen ließ er Maria alles ordentlich einpacken und gab sie in die Obhut des Maestros. Ihre Ketten schleiften am Boden und er ignorierte ihr schmerzverzerrtes Gesicht. Bald würden sie einen breiten Fluss überqueren; dann wäre eine Flucht nicht mehr so wahrscheinlich und er konnte sie abnehmen. Jetzt hatte er keine Zeit mehr, sich darum zu kümmern.
Er führte seine Truppe erneut nach Norden, gefolgt von der Infanterie. Am späten Morgen nach einer klaren Vollmondnacht erreichten sie den Chickasa-Fluss und fanden ein Dorf an dessen steilem Ufer. Der Fluss war über das Ufer getreten und schien sehr breit und gefährlich zu sein. Am Ufer hatte sich bereits Eis gebildet. Ein großes Dorf lag auf dieser Seite des Flusses und die Krieger hatten sich ihnen mit Waffen und Schilden entgegenstellt. Juan schätzte sie auf über tausend. Sie machten einen Scheinangriff und zogen sich dann mit all ihrer Habe und den Frauen und Kindern über den Fluss zurück.
Juan ließ das Dorf einnehmen, damit der Tross in den nächsten Tagen eine Unterkunft hatte. Es würde nicht für alle reichen, aber die Handwerker konnten zusätzliche provisorische Hütten bauen. Es würde einige Tage dauern, ehe sie den breiten Fluss überwunden hatten. Er fand einige Vorratsgruben, außerdem Häute und Felle, die die Einheimischen bei ihrer hastigen Flucht zurückgelassen hatten. Er sicherte sich eine warme Decke, die ihm bei der Kälte gute Dienste leisten würde. Dann war seine Arbeit erst einmal getan. Er stellte sein Pferd innerhalb des Dorfes zu den anderen Pferden, die dort bereits Schutz gefunden hatten. Ein kalter Wind wehte, sodass die Pferde sich an die Palisaden drängten, um im Windschatten zu bleiben.
Juan suchte sich eine Hütte aus, in der noch immer ein Feuer schwelte, und wartete darauf, dass der Tross eintraf. Er erlaubte zehn weiteren Reitern, ebenfalls hier zu schlafen, die diese Großzügigkeit mit wahren Lobpreisungen belohnten. Juan winkte großzügig ab. Sie würden hier nur wenige Tage bleiben und dann den Fluss überqueren. Er hoffte, dass der Gouverneur am anderen Ufer endlich einen Ort fand, an dem sie die schlimmste Kälte abwarten konnten. Dieses Dorf hier war zu klein, um ihnen länger Schutz zu gewähren. Er blickte auf, als Baltasar de Gallegos sich neben ihn setzte. Er war der Teniente Coronel, der in der Abwesenheit des Gouverneurs die Befehlsgewalt hatte und ansonsten die Truppen befehligte. Auch der Capitán befehligte zusätzlich zu seinen Lanzenreitern an die vierzig Fußsoldaten, die ihm direkt unterstanden. Tatsächlich hatte er sie mit seinem eigenen Geld ausgestattet. Ebenso wie das Schiff, mit dem er die Bucht von Charlotte gefunden hatte, von dem aus sie aufgebrochen waren. Er war wild und cholerisch, und er liebte das Kampfgetümmel, aber er wollte endlich Erfolg.
Er gab der Sklavin ein Zeichen, damit sie dem hohen Gast einen Teller Essen brachte. Das Mädchen gehorchte demütig und er beachtete es nicht weiter.
Baltasar schaufelte das Essen in sich hinein und lächelte zufrieden. „Gut, dass wir ein paar Vorräte gefunden haben!“
Juan schnaubte unwillig. „Nicht genug, um den Winter zu überstehen. Wir haben zu viele Gefangene dabei!“
Baltasar riss ein wenig ungläubig die Augen auf und zuckte die Schultern. „Was kümmern mich die Gefangenen? Wenn wir weiterziehen, werden wir neue Gefangene machen.“
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