Die Golfregeln sind mit der Einteilung als Jungsenioren ab 35 und Senioren ab 50 noch auf dem Stand vergangener Jahrhunderte, als das Altern tatsächlich noch so früh einsetzte und unaufhaltsam und radikal verlief.
Im Gegensatz zum vorzeitigen Für-alt-Erklären der noch Junggebliebenen von heute werden den wirklich Älteren (ab 60, 75 und darüber) fast noch jugendliche Leistungen abverlangt und notwendige Erleichterungen vorenthalten . So wird z. B. die Benutzung von E-Karts – was für viele Voraussetzung ist, um überhaupt noch teilnehmen zu können – restriktiv gehandhabt, und die Erlaubnis von rot abzuschlagen, was wegen der unvermeidlich kürzeren Drives sinnvoll wäre, nur ausnahmsweise und nur den Hochaltrigen ab 80 mit höherem Handicap gewährt. Das zeigt, dass das Verständnis für die Besonderheiten dieser Altersgruppe noch zu wünschen lässt.
Der Golfsport ist z. Zt. noch von der Anbetung der Idole Leistung und Jugend besessen und die Tendenz ist, uns schon als Erwachsene und fast noch Jugendliche Senilität zu unterstellen und uns vorzeitig aus dem Kreis der aktiven Spieler auszugrenzen. Beim Tennis ist es ähnlich.
Das ist aber nicht mehr zeitgemäß, weil wir heute 10 bis 20 Jahre länger jungbleiben, und in diesen gewonnenen Jahrzehnten noch weitgehend fit und leistungsfähig sind.
Erste Anpassungen an die veränderte demographische Situation der Gegenwart sind inzwischen jedoch durchaus schon im Gange. So wurde eine neue Golfklasse ab 65 geschaffen, was voraussetzt, dass inzwischen genügend Spieler vorhanden sind und ihr Recht auf Teilnahme anerkannt wird. In diesem Punkt ist die moderne Entwicklung schon berücksichtigt und eine ungefähre Übereinstimmung mit der Einteilung der WHO (»älterer Mensch« ab 60) hergestellt. Es gibt auch schon Altersklassen 35 und 50.
Die Bezeichnung als Altersklassen bietet an sich den Vorteil der neutralen Benennung ohne das diskriminierende »Senior« mit dem Beiklang von senil. In den Cluborganen werden sie aber als »Brutto-Senioren AK 50« und 65, sowie »Brutto-Seniorinnen AK 50« und 65 bezeichnet, d. h. der Vorteil wurde bisher noch nicht erkannt. Altersklassen gelten auch nur für Leistungsspieler, deren Turniere mit Bruttowertung durchgeführt werden.
Eine deutliche Erleichterung bieten die Altersklassen insofern, als nur Gleichaltrige und darüber sich miteinander messen, aber keine Jüngeren. Das Prinzip der mit den Stufen des Älterwerdens nachlassenden Leistung wird dabei also anerkannt, ebenso auch das Prinzip des Jungbleibenwollens, denn nach oben sind keine Grenzen gesetzt, jeder ab der betreffenden AK bis beliebig älter darf mitspielen, wenn er meint mithalten zu können.
Für die Nettospieler sind die Bezeichnungen Jungsenior, Senior und Supersenior weiterhin im Gebrauch und werden nur gelegentlich durch »AK 35, AK 50 und AK 65« ersetzt. Supersenior ist keine ganz feststehende Größe und es gibt dafür keine DGV-verbindliche Regelung. In meinem Heimatclub FGC spielt man bei den Supersenioren, wenn man 65 Jahre alt ist und HCP 16–36 hat. Bei der GSG (Deutsche Golf-Senioren-Gesellschaft) ist man ab 75 Supersenior, was mit der WHO (»Alter Mensch« ab 75) identisch und damit realistisch ist.
Im praktischen Spielbetrieb sind bisher nur von wenigen Clubs Super-Senioren-Wertungen eingeführt worden, obwohl die Zahl der älteren Mitglieder fast überall zugenommen hat. So richtete die GSG 2015 ein Wettspiel für Supersenioren mit speziellen Erleichterungen (E-Karts und Abschlag von rot für alle) aus. Das ist eine Pioniertat, denn die Erleichterung von weiter vorne abzuschlagen ist für viele Ältere die Voraussetzung, um überhaupt noch eine Chance zu haben, das Fairway mit dem Drive erreichen zu können. Im FGC wird das den Teilnehmern am Herrengolf ab 80 gewährt und auf Antrag auch bei anderen Wettspielen.
Ein Fortschritt wäre es auch, die Abschläge nach ihrer Farbe zu bezeichnen, aber nicht mehr als Pro-, Herren-, Senioren- oder Damen-Abschläge. An sich dürfen SpielerInnen von allen Abschlägen abschlagen, die für das jeweilige Geschlecht »geratet« sind. Man hat dann aber weniger Schläge »vor«. Man muss sich das also gut überlegen und sich für seinen speziellen Fall erkundigen, denn als 80-Jähriger z. B. kann man sogar benachteiligt sein, wenn das »Herren-Rating« von Rot als Grundlage für die Stablefordpunkte genommen wird. SuperseniorInnen könnten theoretisch von Orange abschlagen, haben davon bisher beim FGC aber noch keinen Gebrauch gemacht. Eine wirkliche Erleichterung bringen die heute gültigen Regelungen offenbar noch nicht generell. Es sind zwar einige Entwicklungen schon im Gange, aber Verbesserungen nötig, damit in Zukunft die neuen Altersklassen besser am Spielbetrieb teilnehmen können.
Ewig jugendlich – Wunsch und Wirklichkeit
Es ist normal, dass niemand das Altwerden wahrhaben will. Die meisten fühlen sich rund zehn Jahre jünger als sie wirklich sind. Auch Golfspieler haben gesunderweise ein Bild von sich als eines eigentlich noch ganz jugendlichen Menschen. Nach kurzzeitiger Irritierung durch die Midlifecrisis glauben wir mit 60, 70 und eigentlich für immer unbewusst daran, dass nur die andern alt werden und sterblich sind, und sehen keinen Anlass kürzer zu treten oder freiwillig auf etwas zu verzichten, es sei denn wir werden dazu gezwungen.
Dieses kindliche Selbstbild, wir seien ewig jugendlich, unverwelkbar und unbesiegbar, ist auch noch im Erwachsenenleben normal und sinnvoll, denn es hilft uns enorm, Lebensfreude, Energie und Zuversicht zu bewahren und uns in guter Stimmung zu halten. Mir kann nichts passieren. Es ist selbstverständlich, dass man daran festhalten möchte, solange es geht.
Erst wenn die Anzeichen des Älterwerdens und die Behinderungen nicht mehr zu übersehen sind, wird das Selbstbild von Jugendlichkeit zur Illusion, und es kommt zu einer Lebenskrise. Das jugendliche Wunschdenken muss dann durch Einsicht korrigiert werden, weil es uns sonst blind macht gegenüber den lauernden Gefahren und zu selbstschädigendem Verhalten verführt. ( vgl. Kapitel 14). Der Sinn der Krise ist, sich mit den Verlusten und Einschränkungen zu arrangieren und sich auf neue und realistische Lebensziele umzuorientieren.
Das gilt natürlich auch für das Golfspiel, für das man sich solche neuen Ziele suchen muss, die den altersbedingt eingeschränkten Möglichkeiten angepasst sind. Die Power, die man früher hatte, kann man nicht mehr erzwingen. Seinen Drive so weit schlagen zu wollen wie Jüngere bringt die erhöhte Gefahr von Verletzungen mit sich. Sein Handicap unbedingt erhalten zu wollen, bringt Frustration und Verkrampfung. Man kann nur noch das erreichen, was der Körper erlaubt, und es ist besser, das Höherwerden des Handicaps zu akzeptieren, und es eventuell sogar anzustreben.
Überhaupt sollte man die Weisheit und philosophische Haltung erlangen, nur noch das zu wollen, was auf ruhige Weise ohne Überanstrengung noch erreichbar ist. In reiferen Jahren ist es angebracht, das Spiel mit mehr Gelassenheit zu betreiben, sich nicht mehr so vom zählbaren Ergebnis abhängig zu machen, sondern auch die vielen anderen Quellen der Freude am Golfspiel zu nutzen ( vgl. Kap 18).
Golf für echte Senioren – jetzt erst recht
Es gibt zwar 30-Jährige, deren Kräfte nachlassen und die sich fürs Golfspielen zu alt vorkommen, das sind aber Ausnahmen. Die meisten Golfer fühlen sich bis etwa 75 recht fit. Das wird durch wissenschaftliche Untersuchungen bestätigt, bei denen aktive Golfer in den Altersstufen von 40, 60 und 80 Jahren verglichen wurden. Sie zeigten, dass das Leistungsniveau erst allmählich und spät nachlässt, und erst bei den 80-Jährigen ein deutlicher Verlust von Funktionen nachweisbar war.
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