Golf ist sehr gut geeignet, das Spiel mit der Schwerkraft und der Balance von Körper und Bällen zu üben. Es erinnert an Jonglieren und es gibt geschickte Golfer, die Bälle mit dem Schläger hochwippen und auffangen können. Da die Balance für den Ablauf jeden Golfschwungs nötig ist, wird sie auf der Runde ganz von selbst auf vielfache Weise trainiert. Um die Gangunsicherheit zu kompensieren und Stürze zu vermeiden, gewöhnt man sich den breitbeinigen Gang eines Seemanns an, und beim Ansprechen nimmt man einen breiteren Stand ein, wenn der Drive wieder länger werden soll. Vor jedem Schwung sollte man achtsam das Gleichgewicht ausbalancieren und dann mit den Augen darauf fokussieren, wie die Schlagfläche den Ball trifft und in Richtung Ziel wegschlägt. Das präzise Treffen des Balles erfordert und trainiert ein feines Koordinationsvermögen. Beim Durchschwingen reguliert man mit der Verlagerung des Körpergewichts automatisch das Gleichgewicht ein. Sehr gut ist es dann, das Finish einzufrieren (freezing) und dabei die Balance zu überprüfen. Später wird beim Putten nochmals eine Feinabstimmung von Richtung und Geschwindigkeit notwendig. Den Ball schließlich wieder aus dem Loch zu holen ist nochmals eine akrobatische Koordinationsleistung.
Man kann gar nicht früh genug damit anfangen, vorbeugende Übungen der Koordination in sein Basisprogramm zuhause aufzunehmen, um diesen Störungen, die einem das Golfspiel schnell verderben können, rechtzeitig zu begegnen. Mit geschlossenen oder falls das nicht mehr geht, mit offenen Augen auf einem Bein stehen und dabei möglichst bis zehn zählen, kann man im Alltag nebenbei machen, ebenso wie ein paar Schritte Zehen- und Hackengang zu üben. Man erfährt dabei, wie leicht die Balance verlorengeht und Sturzgefahr entsteht, und man muss deshalb immer eine Wand oder ein Möbel in Griffnähe haben aber nur im Bedarfsfall anfassen.
Für Griff und Schwung beim Golf sind auch die Koordinationsstörungen der Finger und Hände sehr wichtig. Sie machen sich dadurch bemerkbar, dass einem leicht etwas aus der Hand fällt und Feinbewegungen wie Knöpfen, Strümpfe anziehen, Schuhe binden schwierig werden. Ein Test dafür ist Münzen einzeln mit den Fingern einer Hand von der Tischplatte greifen und in einen Behälter legen. Normal sind 20 Münzen in höchstens 30 sec. Die Koordination prüft man, indem man die Arme ausstreckt und mit geschlossenen Augen dann mit dem Zeigefinger auf die Nasenspitze zeigt, oder wie bei Drogentests die Fingerspitzen sich treffen lässt . Geschicklichkeit und Zielsicherheit der Finger sollte man permanent und bei jeder Gelegenheit üben, auch wegen ihrer Funktion beim Golfschwung. Der Wert von Koordinationsübungen wird durch die moderne Hirnforschung bestätigt, die nachwies, dass z. B. durch Klavierspielen sich schon im Lauf von Wochen neue Verbindungen (Synapsen) zwischen Gehirnzellen bilden. Auch Jonglieren mit Bällen und anderem sind ebenso nützlich.
Das Gehen als Grundbewegung wird auf dem grünen Teppich einer Golfrunde besonders nachhaltig geübt. Dazu sind neben Ausdauer auf dem oft unebenen Gelände Balance, Trittfestigkeit und Spursicherheit vonnöten. Das Körpergewicht wirkt so auf die Wirbelsäule und das gesamte Skelett ein, dass die Knochenmasse erhalten bleibt, während bei Ruhe und Schonung die Druckentlastung zum allmählichen Schwund mit der Gefahr von Knochenbrüchen führt, wie dies bei den Astronauten, die der Schwerelosigkeit ausgesetzt sind, eintritt. Golfrunden bewirken eine Kräftigung des Bewegungssystems und beugen der Osteoporose vor.
Mancher ältere Golfspieler ist beim Aussteigen aus dem Auto taumelig und hat den gebückten, unbeholfenen, kleinschrittigen Gang eines alten Menschen. Aber auf der Runde werden von Loch zu Loch die Bewegungen freier und die Schritte größer, die Haltung wird wieder würdevoll aufrecht und der Gang (fast) jugendlich beschwingt. Da erlebt man direkt, wie Golf jung hält.
Fazit: Koordination und Balance, die den aufrechten Gang ermöglichen, gehen beim Älterwerden verloren. Die Haltung wird gebückt, das Gehen wird langsamer, kleinschrittig und unsicher. Man verliert leicht das Gleichgewicht und neigt zu Stürzen. Es ist als ob die Schwerkraft uns wieder in den Vierfüßler- und Kriechgang auf und in die Erde herunterziehen möchte. Das zu verhindern oder hinauszuzögern ist eine wichtige Auswirkung des regelmäßigen Golfspielens. Beim Golf auch als Älterer noch mitzuspielen übt die Fähigkeit auf den Beinen zu bleiben und die Balance zu wahren – körperlich und psychisch.
Golf findet im Freien statt und ist Bewegung in frischer Luft. Sauerstoff ist die Grundlage des Lebens. Wir schreiten beim Golf wie auf einem weichen Teppich dahin und das Atmen wird frei. Die Sauerstoffaufnahme steigt auf das zwei- bis vierfache des Ruhewerts. Die Messung der Atemgase und der Laktate ergibt günstigere Werte (Vogt 2008). Bei Regen ist die Luft besonders sauerstoffgesättigt, sodass auch dann Golf ein gesunder Sport ist – selbst wenn es bei Sonnenschein mehr Spaß macht.
Es gehört aber auch Disziplin dazu, wenn man den vollen Nutzen vom Golf haben will. Man ist so jung wie man sich sieht. Überwindet man sich, den Altersbeschwernissen nicht einfach nachzugeben, macht man immer wieder die folgende Erfahrung:
Auf dem ersten und zweiten Loch sind wir kurzatmig, haben Herzbeklemmung und halten es für unverantwortlich, in diesem Alter noch Golf zu spielen. Manche Mitspieler sagen uns das direkt. Wir schwingen zaghaft, machen üble Fehlschläge. Aber wir lassen uns nicht unterkriegen und spielen trotzdem weiter. Der dritte Abschlag geht schon ganz gut, die Fairwayschläge fangen an zu fliegen. Wir fühlen uns zunehmend besser.
Es fällt uns dazu die Geschichte von dem klugen Arzt ein, der erkannte, dass seinem Patienten nur die Mäßigung im Essen und die Bewegung fehlte und ihn durch List kurierte, indem er ihn zu Fuß den weiten Weg zu sich kommen ließ, weil ein böser Wurm in ihm nicht durch Fahren in der Kutsche geschüttelt werden dürfe.
»Den ersten Tag ging es so langsam, dass wohl eine Schnecke hätte können sein Vorreiter sein, und wer ihn grüßte, dem dankte er nicht, und wo ein Würmlein auf der Erde kroch, das zertrat er. Aber schon am zweiten und am dritten Morgen kam es ihm vor, als wenn die Vögel schon lange nimmer so lieblich gesungen hätten wie heut, und der Tau schien ihm so frisch und die Kornrosen im Feld so rot, und alle Leute, die ihm begegneten, sahen so freundlich aus, und er auch, und alle Morgen, wenn er aus der Herberge ausging, war’s schöner, und er ging leichter und munterer dahin, und als er am 18. (!) Tage in der Stadt des Arztes ankam, und den andern Morgen aufstand, war es ihm so wohl, dass er sagte: »Herr Doktor, mir fehlt gottlob nichts, und wenn Ihr so gesund seid wie ich, so soll’s mich freuen.« (J. P. Hebel. 1810. Der geheilte Patient. Kalendergeschichten).
Wenn wir die 18 Tage als Golfbahnen verstehen, so geht es uns auch so, und wenn die Bälle in makelloser ballistischer Kurve wieder in den Himmel steigen, dann weitet sich das Herz und Körper und Seele sind wieder jünger geworden.
Golf ist ein Jungbrunnen, denn manche Altersbeschwerden werden gebessert oder geheilt, weil die Ursachen, vor allem der Bewegungsmangel, beseitigt werden. Durch regelmäßiges Spielen wird die Leistungsfähigkeit und das Wohlbefinden noch lange erhalten. Weiterspielen hat nachhaltige positive Wirkungen und kann lebenswichtig sein. Es ist auch niemals zu spät für ein golfbezogenes Fitnessprogramm. Ein kluger Arzt empfiehlt nicht Schonung als Allheilmittel, man muss aber mit ihm abstimmen, wie Art und Ausmaß des Golfspielens dem biologischen Körperzustand anzupassen sind.
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