► Keimlinge:Die Keimlinge (Sprossen) haben sich zu Stängelchen gestreckt, die beiden dicken Keimblättchen können wie Flügel deutlich abgespreizt oder – wie bei Getreide – auch so geschlossen sein, dass der Samen noch intakt wirkt und nur die Stängel herausspitzeln. Aus diesen Keimblättern, regelrechten Vorratsspeichern, holt sich die Jungpflanze in ihrer ersten Wachstumsphase Energie und Mineralstoffe. Am Stängel des Keimlings sieht man die winzigen Laubblättchen, die jetzt noch kaum Chlorophyll enthalten und deshalb meist gelblich, grüngelb oder – je nach Pflanze – auch rötlich oder cremeweiß sind.
Sprossenglas mit Siebdeckel und Keimlingen
► Sprossen:Das sind die jungen Pflänzchen mit Stängel, entfalteten Laubblättchen und feinen Würzelchen. Eindeutig erkennbar ist jetzt, dass die Stängel mit den Laubblättchen nach oben streben, weil sie das Sonnenlicht für den Energiestoffwechsel (Fotosynthese) brauchen, während die Wurzeln weg vom Licht nach unten wachsen, um die Pflanze später in der Erde zu verankern und die Aufnahme von Mineralstoffen zu gewährleisten.
► Sprossengrün:Das sind die grünen Blättchen von Samen, die entweder aus den Sprossen oder in der Erde wachsen. Getreidegras, Zwiebelgrün und Gemüseblätter, wie zum Beispiel von Radieschen oder Roten Beten, gehören dazu. Der Vorteil: In der Erde müssen Sie sich nicht auf spezielle Keimsaat beschränken, sondern können vitamin- und chlorophyllreiches Grün aus normalen Gemüsesamen ziehen, denn Samen-Beizmittel werden in der Erde abgebaut (→ Seite 28). Auch wachsen Zwiebelsamen im Keimglas nicht sehr gut, während sie, in Erde gestreut, bald einen schönen Rasen bilden, den Sie wie Schnittlauch regelmäßig schneiden können.
Wie man sie verwendet
► Angekeimte Samenschmecken in Müsli, Porridge, Kuchen, Waffeln, Pfannkuchen und Brot. Mit ihrem milden, oft nussigen Aroma passen sie zu süßen Gerichten viel besser als Keimlinge oder Sprossen mit dem charakteristischen Eigengeschmack der Pflanze: der Schärfe von Kresse oder Rettich, dem erdigen Aroma von Roten Beten oder der Currywürze von Bockshornklee.
► Keimlingenimmt man vorwiegend für Gekochtes und Gebackenes, weil der Vitamingehalt noch relativ gering ist, sodass beim Garen also nicht viel verloren geht.
► Sprossenmit ihrem hohen Vitamingehalt eignen sich für Salate, Rohkost und kalte Gerichte.
► Sprossengrünkönnen Sie wie Kräuter verwenden: für Salate, Suppen, Saucen und Smoothies.
Vitalität aus dem Glas, Gesundheit selbst gemacht!
Natürlich gesund
Der Same als »Embryo der Pflanze« birgt bereits Wurzeln, Stängel und Blätter sowie ein hoch konzentriertes Nährgewebe in sich, damit die Pflanze sich entwickeln kann. Denn in diesem frühen Stadium besitzt sie ja weder grüne Laubblätter für die Energiegewinnung durch die Fotosynthese noch Wurzeln für die Mineralstoffversorgung aus dem Erdreich. Während des Keimvorgangs wird dieses Nährgewebe aktiviert, die Konzentration an Bioaktivstoffen, Eiweiß und Fett, Kohlenhydraten und Ballaststoffen ist jetzt am höchsten und wird in der gesamten Wachstumsphase nicht mehr erreicht. Die Bioverfügbarkeit der Mineralstoffe in den Samen erhöht sich, und wir können bei der Verdauung mehr davon über die Darmschleimhaut aufnehmen und in den Körperzellen nutzen: So wird zum Beispiel Phytinsäure in den äußeren Schichten von Getreidekörnern beim Keimprozess teilweise abgebaut, sodass wir Calcium besser verwerten können.
Gut fürs Immunsystem und leicht verdaulich
Unser Immunsystem profitiert von Sprossengemüse, weil es sehr viele Ballaststoffe enthält. Bakterien in unserem Dickdarm ernähren sich von Ballaststoffen, gewinnen dadurch Energie und vermehren sich. Und bei dieser Verdauungsarbeit entstehen bestimmte Fettsäuren, die eine wichtige Rolle bei der Krebsprävention spielen.
Denn diese Fettsäuren verzögern die Vermehrung von Tumorzellen, hindern sie an der Verbreitung und wirken so gegen Metastasenbildung. Zudem unterstützen sie den programmierten Zelltod, mit dem unser Organismus sich gegen schädliche Zellen wehrt und sie vernichtet. Schließlich verbessert sich in Sprossen auch die Qualität pflanzlicher Proteine und Fette; Kohlenhydrate verändern sich in ihrer Struktur: Hülsenfrüchte zum Beispiel sind als Keimlinge und Sprossen besser verträglich, weil die Kohlenhydrate, die Blähungen verursachen können, zum größten Teil abgebaut werden. Bei stärkehaltigen Samen wie Getreide werden die komplexen Kohlenhydrate beim Keimen allmählich in einfache Zuckermoleküle umgebaut – deshalb schmecken viele Keimlinge süß. Und genau deshalb müssen Sie angekeimtes Getreide weder einweichen noch vorgaren – die Körner werden nur etwa so lange wie Kartoffeln geschmort und sind dann sehr gut verdaulich.
Wie eine Pflanze beim Keimen und Wachsen das Nährgewebe »verspeist«, können Sie beobachten, wenn Sie mit dem Fingernagel ein Getreidekorn aufbrechen: Die weiße Masse darin ist vorwiegend Stärke, wir sprechen von komplexen Kohlenhydraten. Nun lassen Sie die Körner keimen, dann zu Sprossen und schließlich Halmen mit Würzelchen wachsen. Die Körner sind immer noch erkennbar, doch wenn Sie eines spalten, ist es leer, denn das Jungpflänzchen hat das gesamte Nährgewebe verbraucht.
Vitaminpäckchen
Der Gehalt an Vitaminen steigt beim Keimprozess deutlich an: Neben Vitamin C für ein stabiles Immunsystem und zur Abwehr von Infektionen liefern Keimlinge und Sprossen die Vitamine der B-Gruppe: Thiamin (B 1), Riboflavin (B 2), B 6, Folat (Folsäure), Niacin und Biotin. B-Vitamine können wir zwar einfach über den Darm aufnehmen, aber nicht speichern. Deshalb müssen wir sie ständig mit der Nahrung zuführen. Vor allem mit Folat sind viele Menschen nicht ausreichend versorgt, und ein Mangel kann mit Konzentrationsstörungen, Magen-Darm-Erkrankungen, Haarausfall und sogar einem erhöhten Krebsrisiko verbunden sein.
TIPP
Je mehr Vitamine Sie tanken, desto weniger belasten Sie Ihren Stoffwechsel und desto mehr regen Sie die körpereigene Basenbildung an .
Mithilfe von Niacin gewinnen unsere Körperzellen Energie aus der Nahrung. Es erweitert die Blutgefäße, unterstützt die Fettverbrennung und den Abbau von Cholesterin und hilft so, die Blutfettwerte zu senken (es wird zum Beispiel bei Arteriosklerose verordnet). Niacin ist auch ein »Frauen-Vitamin«, das Kopfschmerzen beim prämenstruellen Syndrom mildert.
Biotin ist am gesunden Wachstum der Zellen und am Stoffwechsel beteiligt, hält den Blutzuckerspiegel konstant und verhindert Heißhungerattacken. Vitamin B 6trägt zum Aufbau von körpereigenem Protein, zum Beispiel in den Muskeln, bei und hilft bei der Umwandlung des gespeicherten Glykogens in den Energielieferanten Glucose. Thiamin und Riboflavin brauchen wir ebenfalls für den Energiestoffwechsel; Riboflavin spielt daneben noch für den Stoffwechsel von Hornhaut und Linse eine wichtige Rolle; vermutlich schützt es die Zellen vor schädlichen Lichteinwirkungen.
Mineralstoffspender
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