Die dicht besetzten Räume machen den Faktor Kraft zu einem relevanten Merkmal dieser Position, wegen der Zweikämpfe in Angriffs- und Verteidigungssituationen. Anthropometrisch lassen sich hier aber nur schwer Grenzen ziehen, weil die neuere Fachliteratur, die bereits nach zentralen Mittelfeld- und Außenbahnspielern unterscheidet, noch nicht sehr umfangreich ist. Unter dem Strich sollten zentrale Mittelfeldspieler eine ausgewogene Mischung aus allen physischen Eigenschaften darstellen, weil sie in so vielen Aspekten des Spiels, ob mit oder ohne Ballbesitz und im Umschaltspiel, entscheidende Rädchen im Getriebe sind.
Außenbahn
Diese auch als Flügelspieler bekannte Spielposition ähnelt der von Außenverteidigern. Auch beim Spielfeld gibt es eine Überschneidung ( Abbildung 1.6), weswegen die durchschnittlich zurückgelegte Laufstrecke gleich oder oft sogar länger ist als bei Außenverteidigern, falls die taktischen Vorgaben dies erfordern.
Traditionell sind Außenbahnspieler körperlich kleiner als Innenverteidiger und Offensivspieler, was sich deutlich auf die Laufstrecke auswirkt. Aufgrund der geringeren Spielerdichte legen Außenbahnspieler im Vergleich zum Mittelfeld größere Distanzen mit höherer Intensität zurück (1208 Meter gegenüber 797 Meter im Frauenfußball der National Collegiate Athletic Association der USA; Alexander 2014). Wir kommen später noch darauf zurück, was das für die Trainingspläne bedeutet.
1.6 Das Spielfeld auf der Außenbahn
Beschleunigungs- und Abbremsvorgänge gleichen wiederum denen bei Außenverteidigern. Demgegenüber deuten sich Unterschiede bei den hochintensiven Aktionen in einem Spiel an. Außenbahnspieler in einer offensiven Position führen am ehesten Aktionen mit hoher Belastungsintensität aus, wenn ihre Mannschaft im gegnerischen Halbfeld in Ballbesitz ist. Hier kommt das Konditionstraining mit dem Ball zum Tragen. Obwohl die höchste Belastung in einem Spiel meist getrennt vom Ball stattfindet, sind bei Außenbahnspielern kritische Aktionen am Ball dennoch sehr wahrscheinlich. Konditionstraining mit dem Ball ist also sehr wichtig.
Offensive
Diese angriffsorientierte Position ist vor allem in der gegnerischen Hälfte aktiv und setzt sich insbesondere mit der gegnerischen Innenverteidigung auseinander ( Abbildung 1.7).
Wie bei Innenverteidigern sind Offensivspieler traditionell kräftiger gebaut als Außenverteidiger und Mittelfeldspieler (Boone et al. 2012). Bei Frauen wie Männern legen Stürmer die zweitkürzeste Laufstrecke zurück ( Tabelle 1.2): Frauen 10 196 Meter (Innenverteidigerin: 9793 Meter), Männer 10 173 Meter (Innenverteidiger: 9810 Meter). Stürmerinnen legen ähnliche Distanzen zurück wie zentrale Mittelfeld- und Außenbahnspielerinnen (10 196 Meter gegenüber 10 376 bzw. 10 215 Meter). Allerdings ist der Frauenfußball kaum erforscht; möglicherweise wirken sich hier Geschlechterunterschiede aus.
1.7 Das Spielfeld der Offensive
Offensive Fußballer sind allerdings durchaus variabel einsetzbar, je nach taktischer Vorgabe. Aus meiner Sicht gibt es zwei verschiedene Arten von Stürmern: groß gewachsen, nicht so agil, aber kraftvoll im Nahkampf mit den Innenverteidigern, mit Augenmerk auf ballhaltende Dribblings, um Mitspieler aufrücken zu lassen. Dieser Stürmertyp geht in der Regel kein hohes Tempo und belastet sich nur selten hochintensiv über größere Distanzen. Der zweite Typ ist von kleiner Statur, aber viel schneller und wendiger, ähnlich Außenbahnspielern, mit zahlreichen hochintensiven Läufen hinter der gegnerischen Verteidigung und um sie herum.
LAUFSTRECKEN MIT INTENSIVER BELASTUNG
Die digitale Revolution hat im Sport mithilfe von Wearables und Ortungstechnologie unseren Informationsgrad über die körperliche Leistungsfähigkeit erheblich gesteigert. Die effizientere Datenerhebung beflügelt die Forschung. Leistungen aus einem Spiel lassen sich mit der saisonalen Gesamtleistung abgleichen. Eine der Variablen ist dabei die hochintensive Belastung, die während eines Spiels gemessen wird.
Früher galten hochintensive Belastungsphasen als ein Faktor zur Abgrenzung von Unterschieden zwischen Spielklassen (Ekblom 1986; Bangsbo/ Nørregaard/Thorsøe 1991; Mohr/Krustrup/Bangsbo 2003). Darüber, wie tragfähig solche Unterscheidungen sind, wird in der Fachliteratur noch diskutiert. Erkenntnisse aus der englischen Drittliga zeigen, dass Spieler aus den unteren Spielklassen in Phasen hochintensiver Belastung weitere Distanzen zurücklegen als solche aus der ersten und zweiten Liga (Bradley et al. 2013). Dies ist zwar nicht repräsentativ; es unterstreicht jedoch die Bedeutung einer umfassenden Analyse bezüglich Spielern, Mannschaft und Spielanlage. Wie bereits erwähnt, ist mehr Laufleistung nicht automatisch besser; die Optimierung der körperlichen Leistung von Spielern beruht nicht auf der Maximierung der Belastung.
Der Paradigmenwechsel bei hochintensiven Beanspruchungen im Fußball von den späten 1980er- und frühen 1990er-Jahren bis heute ließe sich zweifellos mit dem technologischen Fortschritt im Sport und verbesserten Analysemethoden begründen. Er könnte, wie ich meine, aber auch mit der Entwicklung des Spielernachwuchses zusammenhängen. Mit wachsenden und leistungsstärkeren Spielerpools haben Trainer zunehmend die Wahl. Größere Qualität und Quantität hinsichtlich der körperlichen Leistungsfähigkeit von Spielern, in Verbindung mit verbesserter Trainer- und Spielerausbildung, erhöhen allgemein das Anforderungsprofil für körperliche Leistungen im Spiel.
Es ist wichtig, die verschiedenen Abfragekriterien zu kennen, wenn man sich mit Fußballdaten, insbesondere über solche zu den spielerischen Ansprüchen, beschäftigt. Beispielsweise wurden die Kriterien für die Erfassung von Sprints in der wissenschaftlichen Literatur durchaus unterschiedlich gehandhabt. Ursprünglich lag die Schwelle für hochintensive Läufe bei mehr als 15 Kilometern pro Stunde (Bangsbo 1994; Bangsbo/Nørregaard/Thorsøe 1991). Jüngere Forschungen legen die Messlatte zur Beurteilung von Spitzenintensitäten höher, die die Spieler innerhalb eines Spiels absolvieren (Laufen mit Höchstgeschwindigkeit, 19,8 bis 25,1 km/h; Bradley et al. 2009). Es gibt keinen universell akzeptierten Schwellenwert für hochintensive Aktionen im Fußball. Daher müssen wir uns bei der Festlegung von Standards für Fitnesspläne der oft subjektiven Natur mancher Untersuchungen zu diesem Thema bewusst sein.
Auffällig ist, dass Spieler tendenziell schneller werden. Aus einer Studie über die vier höchsten englischen Spielklassen (Barnes et al. 2014) geht hervor, wie die Laufstrecke bei hochintensiven Läufen zwischen 2006/07 und 2012/13 je Spielklasse um folgende Werte zunahm:
•1. Liga: 33 Prozent
•2. Liga: 37 Prozent
•3. Liga: 32 Prozent
•4. Liga: 23 Prozent
Im gleichen Zeitraum blieb die im Spiel zurückgelegte Gesamtstrecke relativ konstant. Ursprünglich glaubte man, dass die höhere Belastungsintensität mit Unterbrechungen aufgrund ruhender Bälle oder Standardsituationen zusammenhing, in denen die Spieler längere Abschnitte mit minimaler körperlicher Beanspruchung durchliefen und sich innerhalb eines Spiels besser regenerieren konnten. Barnes et al. (2014) betonten jedoch, dass hochintensive Belastungen trotz verkürzter Ruhezeiten auftraten. Speziell diese Studie widmete sich Sprints, die sich aus hochintensiven Aktionen ableiten und sich typischerweise im höchsten Geschwindigkeitsbereich (d. h. mehr als 25,1 km/h; Bradley et al. 2014) abspielen. Im gleichen Zeitraum 2006/07 bis 2012/13 nahm die pro Spiel absolvierte Sprintdistanz um etwa 35 Prozent zu, manifestiert in kürzeren, aber häufigeren Tempoläufen. Dieser Wandel hin zu schnelleren und explosiveren Spielanforderungen hat erhebliche Auswirkungen auf die Trainingsgestaltung.
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