2005 wurde in Basel ein an DACUM angelehntes modifiziertes Verfahren (Kaiser, 2005a und b) zur Erhebung der professionellen Situationen durchgeführt (vgl. Teil 6 des Buches). Das Ergebnis dieses Prozesses bestand in der Entwicklung von etwa 130 Situationsbeschreibungen, die das Berufsfeld der Sozialen Arbeit abbilden (Kunz & Tov, 2009). Im Rahmen einer hochschulinternen Weiterbildung mit externen Fachleuten wurden Grundfragen und die Weiterentwicklung vertieft diskutiert. Auf dieser Grundlage haben wir die Nutzbarmachung der Situationsbeschreibungen für die Lehre und Praxisausbildung sukzessive vorangetrieben.
Inzwischen können wir ein erprobtes Modell »Schlüsselsituationen« vorlegen. Es ist ein eigenständiger, neuartiger Ansatz zur Theorie-Praxis-Relationierung, der von den Studierenden in einer CoP weitgehend selbstständig umgesetzt wird und dessen Kernelemente Reflexion, Diskurs und Prozesshaftigkeit sind.
Wir haben das Buch geschrieben, um unser Modell der professional und scientific community innerhalb der Sozialen Arbeit zu erschließen. Es soll ermutigen, einen neuen Ansatz zu erproben, der die Situation im Fokus hat. Zentral dabei sind die Interaktionsdynamiken zwischen Professionellen und Klientinnen und Klienten während einer zeitlich eingegrenzten Handlungssituation, in der eine bestimmte Herausforderung zu meistern ist. In der Situation spielt auch der institutionelle Kontext, vor dessen Hintergrund der Professionelle agiert, eine maßgebliche Rolle.
Mithilfe des Buches soll es zum einen möglich sein, mit dem Modell im Lehr- und Ausbildungskontext zu arbeiten, wozu die Arbeitsschritte detailliert beschrieben werden (Teil 4). Zum andern werden die bearbeiteten Schlüsselsituationsbeispiele auf einer Plattform veröffentlicht, um einen Fachdiskurs über Professionalität auf der konkreten Handlungsebene zu initiieren.
Alle Arbeitsmaterialien, wie Veranstaltungsprogramme, Literatur zum Thema, PowerPoint-Präsentationen und Arbeitsanleitungen, sind ebenfalls auf der Plattform zu finden und können heruntergeladen werden. Als Zielpublikum sollen sich Dozierende, Praxisbildende, Studierende sowie alle, die als Professionelle in der Sozialen Arbeit oder in verwandten Bereichen engagiert sind, angesprochen fühlen.
Lesehinweise zu den Teilen des Buches
Das Buch besteht aus sieben Teilen. Nachdem in dieser Einleitung der Ursprung des Modells »Schlüsselsituationen« hergeleitet und im Zusammenhang mit dem Diskurs zur Relationierung von Theorie und Praxis verortet wurde, liefert der zweite Teil eine Definition des Begriffs Schlüsselsituationen im Kontext von Professionalität . Dazu werden die Elemente einer Schlüsselsituation vorgestellt und anhand eines Beispiels veranschaulicht. Die professionalitätsfördernden Aspekte des Modells werden diskutiert, und es wird aufgezeigt, wie die Arbeit mit und der Diskurs über Schlüsselsituationen professionelle Handlungsfähigkeit auf individueller und gemeinschaftlicher Ebene begünstigt. Im dritten Teil wird die theoretische Fundierung des Modells »Schlüsselsituationen« vorgestellt, ebenso die daraus abgeleiteten Grundsätze des Lernens. Diese bilden die Grundlage für Teil 4, in dem der Reflexionsprozess Arbeit mit Schlüsselsituationen ausführlich geschildert wird. Die einzelnen Prozessschritte werden genau beschrieben, und es wird erörtert, wie diese auf unterschiedliche Art methodisch-didaktisch umgesetzt werden können. Die Evaluationsergebnisse zur Umsetzung der Arbeit mit Schlüsselsituationen werden im fünften Teil dargelegt. Danach wird ein visionärer Blick in die Zukunft gewagt, indem die Grundidee eines Fachdiskurses und einer Wissenssystematik im sechsten Teil, Diskurs über Schlüsselsituationen, präsentiert werden. Grundlage hierfür ist die empirisch gewonnene Sammlung der Schlüsselsituationen. Schließlich werden im Fazit und Ausblick Fragen der Übertragbarkeit des Modells in andere Kontexte diskutiert. Der Epilog schließt den beim Prolog aufgespannten Bogen mit einer Reflexion unseres Prozesses in der CoP.
Wir hoffen, dass sich die Leserinnen und Leser sowohl von den praktischen als auch von den theoretischen Teilen des Buches packen lassen. Wer aber das Buch nicht von Anfang bis zum Ende durchgehen mag, kann sich auf einzelne Teile konzentrieren. Wer sich vor allem für die theoretischen Hintergründe interessiert, findet diese in den Teilen 2 und 3. Wer andererseits eine Übersicht über die praktische Umsetzung sucht, nimmt den vierten Teil, in dem die einzelnen Schritte der Arbeit mit Schlüsselsituationen ausführlich dargestellt werden, in den Blick und den sechsten Teil, in dem der Diskurs über Schlüsselsituationen erörtert wird. Wer hingegen die empirische Basis und Evaluation des Modells kennenlernen will, liest die Teile 5, wo die Umsetzungsevaluation vorgestellt wird, und 6, in dem die Entwicklung der Schlüsselsituationstitel nach einem empirischen Verfahren beschrieben wird. Die Autorenschaft hat die Entwicklung der Ideen des Modells und der eigenen CoP im Prolog und im Epilog aufgearbeitet.
Ein Intro jeweils zu Beginn der einzelnen Teile bietet eine kurze Übersicht über den Inhalt. Die Hauptaussagen werden in Kurzform jeweils am Ende jedes Teils unter dem Titel Key Points zusammengefasst.
In einzelnen Teilen wird auf Arbeitshilfen und weitere Materialien verwiesen, die zum Download bereitstehen ( www.schluesselsituationen.ch).
Key Points
Das Modell »Schlüsselsituationen« liefert Antworten auf die Frage, wie Theorie und Praxis relationiert werden können.
Das Modell besteht aus einem Reflexionsmodell »Arbeit mit Schlüsselsituationen« und ermöglicht den Austausch über die Grenzen von professional und scientific communities hinweg durch einen »Diskurs über Schlüsselsituationen«.
Die Ursprünge des Modells liegen in der Hochschulentwicklung nach Bologna.
Das Buch liefert theoretische und praktische Erklärungen und Hinweise zum Modell »Schlüsselsituationen« und kann je nach Interesse auch punktuell gelesen und genutzt werden.
Menschen finden sich als Wesen »in einer Situation«, in zeitlich-räumlichen Bedingungen verwurzelt, die sie kennzeichnen und von denen sie auch gekennzeichnet werden. Sie neigen dazu, auf ihre eigene »Situationalität« in dem Maß zu reflektieren, in dem sie von ihr dazu herausgefordert sind, an ihr zu handeln. Menschen sind, weil sie in einer Situation sind.
Paulo Freire
2 Schlüsselsituationen im Kontext von Professionalität
2
Schlüsselsituationen im Kontext von Professionalität
Dieser Buchteil legt dar, was professionelle Kompetenz bedeutet und erklärt relevante Begriffe. Anschließend folgt die Definition von »Schlüsselsituation« sowie die Beschreibung der dazugehörigen Elemente. Das konkrete Beispiel einer beschriebenen Schlüsselsituation illustriert die genannten Elemente und Bearbeitungsschritte. Schließlich gehen wir der Frage nach, wie Schlüsselsituationen zur Professionalisierung beitragen können.
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