Die Autorinnen
Prof’in Dr’in Beate Aschenbrenner-Wellmann lehrt seit 2004 mit den Schwerpunkten Soziale Arbeit und Migration sowie Gemeinwesen- und Sozialraumorientierung an der Evangelischen Hochschule Ludwigsburg. Sie ist Leiterin des Instituts für Antidiskriminierungs- und Diversityfragen und wissenschaftliche Leiterin des Instituts für Fort- und Weiterbildung. Sie ist Dipl. Sozialpädagogin (FH), M. A. Ethnologie, Soziologie und DaF sowie promovierte Erziehungswissenschaftlerin.
Lea Geldner ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Antidiskriminierungs- und Diversityfragen und Lehrbeauftragte für den Themenbereich Interkulturalität, Migration und Integration. Sie ist Religions- und Gemeindepädagogin (B. A.) und Sozialarbeiterin (B. A.) und verfügt außerdem über einen Abschluss M. A. Soziale Arbeit.
Beate Aschenbrenner-Wellmann Lea Geldner
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1. Auflage 2021
Alle Rechte vorbehalten
© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
Print:
ISBN 978-3-17-033068-9
E-Book-Formate:
pdf: ISBN 978-3-17-033069-6
epub: ISBN 978-3-17-033070-2
mobi: ISBN 978-3-17-033071-9
»Wir leben in einer pluralisierten Gesellschaft. Das ist nicht nur ein relativ neues Faktum. Das ist auch ein unhintergehbares Faktum: Es gibt keinen Weg zurück in eine nicht-pluralisierte, in eine homogene Gesellschaft. Das ist eine einfache Feststellung. Nicht ganz so einfach ist die Klärung der Frage, was das genau bedeutet« (Charim 2019: 11). Homogen ist eine Gesellschaft nicht, wenn es keine Unterschiede zwischen den Menschen mehr gibt, sondern wenn diese als nachrangig angesehen werden. Wie gehen wir mit der bestehenden Unterschiedlichkeit in der gegenwärtigen Zeit in einer von starken Wandlungsprozessen gekennzeichneten, postmodernen Gesellschaft um? Diversität und Diversitätsmanagement (DiM) haben in diesem Zusammenhang seit einigen Jahren Einzug in die bundesrepublikanische Diskussion über Gleichstellungspolitik, Antidiskriminierungsarbeit und in Praxiskonzepte der Sozialen Arbeit zur Überwindung von Ausgrenzung und Benachteiligung von Minderheiten gehalten. Die Wertschätzung von Vielfalt setzt dabei eine Anerkennung von Differenzen voraus, ohne dass dies zur Diskriminierung der einzelnen Menschen führen darf. Die bereits vorhandene Diversität umfasst jedoch nicht nur die klassischen Differenzmerkmale wie Geschlecht, Alter oder ethnische Zugehörigkeit, sondern auch nicht direkt erkennbare wie religiöse Überzeugung, sexuelle Orientierung oder kultureller Hintergrund. Für die Soziale Arbeit erfordert die Akzeptanz von Vielfalt einen grundsätzlichen Paradigmenwechsel: Anderssein ist nicht mehr gleichbedeutend mit Defizite haben, und Diversität stellt von daher keine Bedrohung für den Zusammenhalt von Organisationen, Gemeinwesen und Gesellschaft dar.
Der Zustand unserer Gesellschaft im Sommer/Herbst 2020 ist gekennzeichnet durch die Veränderungen und Verwerfungen der Corona-Pandemie, die seit sechs Monaten unser Leben bestimmt hat und uns neue Rahmenbedingungen für das Zusammenleben aller auferlegt. In diesen Krisenzeiten kommen nicht nur Solidarität und Rücksichtnahme der Menschen aufeinander zum Tragen, sondern vermehrt auch Abgrenzung, Abwertung von anderen Lebensentwürfen, Ablehnung von Anderssein und Rückzug in die eigene Sphäre der Sicherheit und Isolation. Die Diskurslinien reichen von obskuren Verschwörungstheorien wie der einer jüdischen Weltherrschaft über Ängste vor eingewanderten Fremden, die das Virus mitbringen, bis hin zur Forderung von unbedingt notwendigen Demonstrationen gegen die angebliche Beschneidung von Freiheitsrechten in sog. Coronaprotesten durch eindeutige Verfassungsfeinde. Der Angriff auf die Synagoge in Halle und Aufmärsche von Neonazis stehen dabei für eine Zunahme rechter Ideologie und Judenhass. Wie reagiert der Staat darauf und wie agieren wir alle als Bürger_innen? Der alte Hass und bestehende Ressentiments scheinen salonfähiger zu werden und in der Mitte der Gesellschaft angekommen zu sein.
A. Reckwitz antwortet in einem Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung (Reckwitz 2020: 12) auf die Frage nach der Bedeutung der Krise für unseren Gemeinsinn:
»Dass die Gesellschaft keine homogene Gemeinschaft mehr ist, bedeutet jedenfalls nicht, dass so etwas wie Gemeinsinn in der Moderne nicht mehr möglich oder nötig wäre, im Gegenteil. Eine Gesellschaft, auch wenn sie noch so differenziert und individualisiert ist, kommt offensichtlich nicht ohne ein Mindestmaß an sozialer Integration aus, das heißt an zivilen Normen, die alle teilen. Fehlen solche Normen der Gewaltlosigkeit, bricht das Soziale zusammen. Genauso wichtig ist für die liberale Demokratie, die ja auf der Pluralität unterschiedlicher Interessen und Werte beruht, dass sie auf grundlegender Ebene ein gemeinsames Anliegen teilt«.
Doch was kann dieses gemeinsame Anliegen sein? Vielleicht geht es hier um die Akzeptanz einer universellen Verwundbarkeit von uns allen in diesem Ausnahmezustand und nicht nur um eine Fokussierung auf besonders vulnerable Gruppen wie Alte, Arme oder Geflüchtete. Sollten wir angesichts der antirassistischen Proteste in USA (Black Lives Matter) nach der Ermordung von George Floyd durch amerikanische Polizisten die Gelegenheit nutzen eigene Vorurteile und bestehende Rassismen zu reflektieren? Ja, denn »Rassismus beginnt dort, wo es einen Unwillen gibt, sich mit Unbekanntem auseinanderzusetzen. Auch wenn es Mühe macht«, so E. Girth, Rassismusbeauftragter für das deutsche Gesundheitssystem, in einem Beitrag der SZ (in Verschwele 2020: 31)
In dieser Zeit des Umbruchs und der Unruhe erscheint nun die vorliegende Veröffentlichung zu einem reflexiven und analytischen Umgang mit Diversität in der Sozialen Arbeit im Kontext von Gemeinwesen und Organisationen; ein Werk, das sich bewusst von den schlagwortartigen Argumentationen und gängigen Betrachtungsweisen von Vielfalt – sortiert nach den bekannten Dimensionen Geschlecht, Alter oder Hautfarbe – unterscheidet und einen vertieften Einblick in Chancen, aber auch Grenzen der Vielfalt aufzeigt. Notwendig ist diese Auseinandersetzung in jedem Fall, denn – wie eingangs formuliert – ein Zurück zu einer homogenen Gesellschaft gibt es nicht. Wo Krisen den Alltag bestimmen und das Ende des Funktionierens des Vertrauten droht, können wir aktiv eine neue Normalität herstellen und alte Gewohnheiten zugunsten neuer Denk- und Verhaltensweisen überwinden.
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