Der Autor
Gunzelin Schmid Noerr, Jg. 1947, wurde 1977 in Philosophie promoviert. 1978 baute er an der Stadt- und Universitätsbibliothek Frankfurt a. M. das Max-Horkheimer-Archiv auf und leitete es bis 1995. In dieser Zeit edierte er, zusammen mit Alfred Schmidt, die »Gesammelten Schriften und Briefe« Max Horkheimers in 19 Bänden (Frankfurt a. M. 1985–1996). 1991 wurde er mit der Arbeit über »Das Eingedenken der Natur im Subjekt. Zur Dialektik von Vernunft und Natur in der Kritischen Theorie Horkheimers, Adornos und Marcuses« (Darmstadt 1990) an der Universität Frankfurt a. M. habilitiert. 1992–2001 übernahm er verschiedene Vertretungsprofessuren für Soziologie und Philosophie an den Universitäten Frankfurt a. M. und Dortmund sowie an der Hochschule Darmstadt. 2002–2015 war er Professor für Sozialphilosophie, Sozialethik und Anthropologie am Fachbereich Sozialwesen der Hochschule Niederrhein, Mönchengladbach.
Schwerpunkte seiner Forschungen und Publikation sind neben der Kritischen Theorie der Gesellschaft u. a. Ethik (insbesondere Angewandte Ethik der Sozialen Arbeit), Kulturtheorie sowie das Verhältnis von Philosophie und Psychoanalyse.
Weitere Buchpublikationen: Sinnlichkeit und Herrschaft. Zur Konzeptualisierung der inneren Natur bei Hegel und Freud, Meisenheim/Glan, 1980. – Gesten aus Begriffen. Konstellationen der Kritischen Theorie, Frankfurt a. M. 1990. – Kultur und Unkultur (Hrsg.), Mönchengladbach 2005. – Geschichte der Ethik. Leipzig 2006. – Geflüchtete Menschen. Ankommen in der Kommune. Theoretische Beiträge und Berichte aus der Praxis (Hrsg. mit Waltraud Meints-Stender), Opladen, Berlin und Toronto 2017 – Zur Kritik der regressiven Vernunft. Beiträge zur »Dialektik der Aufklärung« (Hrsg. mit Eva-Maria Ziege), Wiesbaden 2019.
Gunzelin Schmid Noerr
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1. Auflage 2022
Alle Rechte vorbehalten
© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
Print:
ISBN 978-3-17-030803-9
E-Book-Formate:
pdf: ISBN 978-3-17-030804-6
epub: ISBN 978-3-17-030805-3
Mit dem so genannten »Bologna-Prozess« galt es neu auszutarieren, welches Wissen Studierende der Sozialen Arbeit benötigen, um trotz erheblich verkürzter Ausbildungszeiten auch weiterhin »berufliche Handlungsfähigkeit« zu erlangen. Die Ergebnisse dieses nicht ganz schmerzfreien Abstimmungs- und Anpassungsprozesses lassen sich heute allerorten in volumigen Handbüchern nachlesen, in denen die neu entwickelten Module detailliert nach Lernzielen, Lehrinhalten, Lehrmethoden und Prüfungsformen beschrieben sind. Eine diskursive Selbstvergewisserung dieses Ausmaßes und dieser Präzision hat es vor Bologna allenfalls im Ausnahmefall gegeben.
Für Studierende bedeutet die Beschränkung der akademischen Grundausbildung auf sechs Semester, eine annähernd gleich große Stofffülle in deutlich verringerter Lernzeit bewältigen zu müssen. Die Erwartungen an das selbständige Lernen und Vertiefen des Stoffs in den eigenen vier Wänden sind deshalb deutlich gestiegen. Bologna hat das eigene Arbeitszimmer als Lernort gewissermaßen rekultiviert.
Die Idee zu der Reihe, in der das vorliegende Buch erscheint, ist vor dem Hintergrund dieser bildungspolitisch veränderten Rahmenbedingungen entstanden. Die nach und nach erscheinenden Bände sollen in kompakter Form nicht nur unabdingbares Grundwissen für das Studium der Sozialen Arbeit bereitstellen, sondern sich durch ihre Leserfreundlichkeit auch für das Selbststudium Studierender besonders eignen. Die Autor/innen der Reihe verpflichten sich diesem Ziel auf unterschiedliche Weise: durch die lernzielorientierte Begründung der ausgewählten Inhalte, durch die Begrenzung der Stoffmenge auf ein überschaubares Volumen, durch die Verständlichkeit ihrer Sprache, durch Anschaulichkeit und gezielte Theorie-Praxis-Verknüpfungen, nicht zuletzt aber auch durch lese(r)-freundliche Gestaltungselemente wie Schaubilder, Unterlegungen und andere Elemente.
Prof. Dr. Rudolf Bieker, Köln
»Feldgendarmen kennen immer nur zwei Möglichkeiten.« Mit diesen spöttischen Worten beschreibt Günter Grass in seinem großen Roman Die Blechtrommel (Grass 2009, 21) das Verhalten dieser Ordnungshüter in einer Entscheidungssituation: Im Jahre 1899 verfolgen zwei pommersche Feldgendarmen den flüchtenden Brandstifter Joseph Koljaiczek. Am Rande eines Ackers treffen sie auf die vor einem Kartoffelfeuer hockende Bäuerin Anna Bronski. Sie fragen sie nach dem Verbleib des Flüchtenden. Anna weist in Richtung des nächsten Dorfes. Nachdem die Verfolger den Verfolgten nicht in der Nähe des Ackers finden, machen sie sich schließlich in Richtung des Dorfes davon. Joseph aber hat sich – dies war die von den Gendarmen nicht erkannte dritte Möglichkeit – unter Annas weiten Röcken versteckt, wo er mit dieser ohne weitere Umstände das Kind Agnes, die spätere Mutter des Ich-Erzählers, zeugt.
Die Episode bezeichnet bildhaft das Thema des vorliegenden Buches: Zwei Möglichkeiten, sich zu verhalten, liegen auf der Hand. Wenn man die eine realisiert, ist man in Gefahr, die andere aus dem Blick zu verlieren. Soweit scheint die Sache klar zu sein. Der amerikanische Journalist und Publizist Walter Lippmann hat sie, wie Stephen Toulmin berichtet, zugespitzt so formuliert: »Zu jedem menschlichen Problem gibt es eine Lösung, die einfach, sauber und falsch ist« (Toulmin 1991, 321). Grass’ Gendarmen laufen einer solchen einfachen, sauberen und falschen Lösung ihres Problems hinterher. Daraus folgt: Nicht nur das wechselseitige Für und Wider ist gut zu überlegen, sondern auch, wie vielleicht eine dritte Option aussehen könnte. Denn diese könnte die eigentlich fruchtbare sein.
Auch in der Sozialen Arbeit kennt man das Gefühl gut, sich in einem Spannungsfeld der Interessen und Handlungsoptionen zu bewegen. Vielleicht ist ja die Vorstellung eines Entweder – Oder und eines erlösenden Dritten immer noch zu einfach. Dies jedenfalls deutet die Schulsozialarbeiterin Johanna Voss in einem der hier verwendeten Interviews an:
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