Andreas Schubiger
Wie Transfer gelingt
Warum wir nicht immer tun, was wir wissen
ISBN Print: 978-3-0355-0827-7
ISBN E-Book: 978-3-0355-1363-9
1. Auflage 2019
Alle Rechte vorbehalten
© 2019 hep verlag ag, Bern
www.hep-verlag.com
1Vorwort
2Geschichten aus dem Alltag
3Transfer – ein weiter Begriff
3.1Der Begriff «Transfer»
3.2Vielfalt des Transfers
3.3Grundformen von Transfer
4Einblick in die empirische Forschung
4.1Ernüchternde wie auch vielversprechende Ergebnisse
4.2Welcher Transfer funktioniert
4.3Ruth lernt in der Höhle des Löwen
4.4Anitas naher Transfer
4.5Erich macht sich das Leben schwer – warum nicht einfach «the other way round»?
4.6Hans ist auf gutem Wege
4.7Louises Welten
5Warum wir nicht immer tun, was wir wissen
5.1Unheimliche Entscheidungen
5.2Handlungswirksames Wissen
5.2.1Formen des Wissens
5.2.2Stadien
5.3Das Wissen über uns selbst
5.4Situiertheit
5.5Der lange Weg vom Wunsch bis zur Ausführung
5.6Person-Aufgabe-Passung (PAP)
5.6.1WWW von Lernaufgaben
5.6.2Jede Aufgabe zum richtigen Zeitpunkt
5.6.3Wie soll die Aufgabe gelöst werden?
5.6.4Sinnhaftigkeit: Warum soll diese Aufgabe gelöst werden?
5.7Qualität des Lernprozesses
6Ein didaktisches Transferplanungsmodell
6.1Planungszyklus
6.2Transferanalyse: drei Dimensionen
6.3Umsetzung von Transfer
6.4RITA: Transfer und der Lernprozess – ein häufiges Missverständnis
6.5Niveau der Transferaufgaben
6.6Transfer ist immer möglich
7Wie Transfer gelingt
7.1Transferstärke fördern
7.2Ressourcen aktivieren
7.3Adaptive Lernaufgaben
7.4Nahen Transfer realisieren
7.5Sinnhaftigkeit stiften
7.6Fertigkeiten üben
7.7Erfahrungen ermöglichen
7.8Reflexives Handeln
8Transfer im Ausbildungsalltag
8.1Lernaufgaben
8.2Bin ich transferstark?
8.3Transferorientierte Lehrpläne
8.4Stressreduktion
8.4.1Cooling down: somatischer Marker
8.4.2Stressimpfung in Anlehnung an Meichenbaum
8.4.3Mindfulness-based Stress Reduction
8.5Kollegiale Praxisberatung
8.6Übung macht den Meister
9Das PERLE-Konzept: Transfer als Prinzip
9.1Ausgangslage
9.2PERLE-Modell
9.3Modularten für ein transferorientiertes PERLE-Konzept
9.3.1Grundlagenmodul
9.3.2Projektmodul
9.3.3Supportmodule
9.3.4Vernetzungsmodule oder Praxismodule
9.4Kernelemente des PERLE-Konzeptes
9.4.1Aufgabe oder Projekt
9.4.2Ressourcenanalyse
9.4.3Projektarbeit
9.4.4Begleitung und Beratung
9.4.5Kollegiale Beratung mit Supervision
9.4.6Pflichtinput
9.4.7Input on demand
9.4.8Medien
9.4.9Qualifikationsverfahren
9.4.10Reflexion und Partizipation
9.4.11Präsentation bzw. Lösung
9.4.12Evaluation
9.5Ressourcenanalyse
9.5.1Kompetenzanalyse
9.5.2Individuelle Kompetenzeinschätzung
9.5.3Situationsorientierte Ressourcenanalyse
10Der nächste Schritt im Lebensalltag
11Transfermethoden
11.1ALI
11.2Alpenüberquerung
11.3Appenzeller Wadenbeisser
11.4Coaching-Gespräch
11.5Dokumentenanalyse
11.6Dreischritt: unfreeze – move – refreeze
11.7Erfolgsgeschichten
11.8Fächer- und ausbildungsübergreifende Projektarbeiten
11.9Flipped classroom
11.10Handlungsanweisendes Wissen
11.11Kollegiale Beratung
11.12Kollegiale Visitation
11.13Labor (real environment)
11.14Mein Haltungsziel
11.15Mein somatischer Marker
11.16Meine Frage zu Beginn
11.17Micro-Acting
11.18Musterbeispiele
11.19Praxis-Checkliste
11.20Praxiserkundung
11.21Praxisinterview
11.22Problemorientierter Einstieg
11.23Referenz-Fallstudie
11.24Skills Lab (Simulierung)
11.25Stopp-Codes
11.26Supervision
11.27Szene-Stopp
11.28Tandem
11.29Teilnehmerbeispiele
11.30Transferspurenbuch
11.31Übungsfirma
11.32Variationsreiches Üben mit Lernpfad
11.33Vorsatzbildung
11.34Wahr oder gelogen?
11.35Weingartner Appraisal-Legetechnik
11.36WOOP
11.37Zielimagination
Anhang
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Liebe Leserinnen und Leser!
Unter dem Titel «Denn sie tun nicht, was sie wissen» hat Prof. Dr. Dieter Euler (1997) seine Antrittsvorlesung an der Universität Nürnberg gehalten. Seit rund zwanzig Jahren beschäftige ich mich theoretisch wie praktisch mit den Gelingensbedingungen von Transfer im Allgemeinen und im Spezifischen mit der Gestaltung von transferwirksamen Lernumgebungen für auszubildende Lehrpersonen.
Dieter Euler (1997) hat schon in der oben erwähnten Antrittsvorlesung darauf hingewiesen, dass wirtschaftspädagogische Theorien sich nicht in der Berufsschulpraxis niederschlagen, sie teils bewusst ignoriert werden und sich auch nicht in Lehrplanentwicklungen entfalten. Wissen, welches nicht in Handeln umgesetzt wird, wurde im gleichen Jahrzehnt mit dem Begriff des «trägen Wissens» umschrieben (Renkl, 1996). Euler sah bereits damals die Gründe in der
•Unzulänglichkeit der Theorien selbst, weil sie von Natur aus allgemein formuliert sind und in der Praxis wieder ins Spezifische transformiert werden müssen. Theorien sind von Natur aus keine konkreten Handlungsanweisungen.
•Diskrepanz zwischen intersubjektiven Theorien und den subjektiven Vorstellungen von gutem Lehren und Lernen und den dazugehörenden schwer veränderbaren Einstellungen.
•Unvollständigkeit der Theorie durch ihre Vergangenheitsorientierung und eher fachlogischen Ausrichtung – die Praxis ist jedoch aktuell, mehrdimensional, multidisziplinär und komplex.
•Unübersichtlichkeit und Widersprüchlichkeit einer Vielzahl von Theorien, die Praktiker überfordern.
Als Lösungsansatz zur Bewältigung dieser Schwierigkeit schlägt Euler eine neue Theorie-Praxis-Kooperation vor, wonach die Ausbildung von Lehrpersonen weniger dem Primat der Praxisanwendung von Theorie dient, sondern vielmehr der Veränderung der Praxis unter kritischer Reflexion der Theorie. Die Praxis ist nicht nur Produkt, sondern vielmehr auch Ausgangspunkt der Ausbildung.
Genau in diesem Sinne beginne ich mein Buch mit fünf Geschichten aus dem Alltag, die nicht unterschiedlicher sein könnten. Sie beschreiben das Gelingen und Misslingen der Umsetzung von guten Absichten im Sinne von Wissen und Theorien. Die Geschichten sind soweit anonymisiert und verfremdet, dass die tatsächlich dahinter liegenden Ereignisse nicht identifizierbar sind. Diejenigen, die mich ein wenig besser kennen, werden ein paar autobiographische Elemente entdecken. Sollten Sie sich als Leserin oder Leser in der einen oder anderen Geschichte entdecken, dann ist dies rein zufällig, jedoch vom Autor nicht unbedingt ungewollt.
Transfer ist nicht einfach die Umsetzung guter Theorien in kompetentes Handeln. Transfer vollzieht sich in beide Richtungen, in unterschiedlichsten Formen und Distanzen. Die aktuelle Diskussion im Rahmen der Digitalisierungsdebatte wirft die Frage auf, welche Kompetenzen im 21. Jahrhundert von Berufsleuten gefordert werden. In diesem Kontext taucht das Konzept der «transversalen Kompetenzen» auf, die zwar in einer spezifischen Situation gelernt wurden, aber auch in neuen und andersartigen Anforderungssituationen abrufbar sein sollen (Schweri u. a., 2018). Diese Diskussion und Forderung nach generell anwendbaren Kompetenzen sind nicht neu. Bereits in den 80er-Jahren des letzten Jahrhunderts war das Konzept der Schlüsselqualifikationen eine ähnliche Antwort auf die sich immer schneller ändernden Anforderungen der Arbeitswelt.
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