Rhythmus: Interaktionen werden in ihren wiederkehrenden Mustern durch vier Aspekte bestimmt: die Häufigkeit, die Dauer der Interaktionseinheiten, ihre Abfolge und die Kalender- und Uhrzeit ihres Auftretens.
Paarkonflikte können aus jedem dieser Gesichtspunkte entstehen. Zum Beispiel streiten Paare darüber, wer mehr oder weniger zu Wort kommt oder dass ein Partner den anderen unterbricht oder aber zu lange schweigt, wenn der andere gesprochen hat. Kommunikationsübungen können helfen, die Redezeit ausgewogener zu gestalten und einen flüssigeren, befriedigenderen Rhythmus zu entwickeln.
Ein anderer häufiger Konflikt entzündet sich an der Frage der morgendlichen oder abendlichen Routinen. Wann wird aufgestanden, wann ins Bett gegangen, wer verlässt wann das Haus zur Arbeit oder zu anderen Aktivitäten, wer kommt wann heim etc.? Auch in der Sexualität können sich Konflikte an Meinungsverschiedenheiten über die Abfolge und Dauer bestimmter Praktiken wie Vorspiel oder Geschlechtsverkehr oder den richtigen Zeitpunkt im Tagesablauf (z. B. vor oder nach der Hausarbeit) entzünden. Selbst kleine Veränderungen können den Partnern guttun, können aber auch Konflikte kurzfristig auflösen.
Wenn es gelingt, den Partnern vor Augen zu führen, dass sie oft zwar das Gleiche wollen, aber ihre Rhythmen nicht ausreichend synchronisieren können, kann dies ein hilfreicher Ausgangspunkt für Kompromisse sein, sich »in Einklang zu bringen« und Konflikte oder Machtkämpfe zu überwinden.
Zeitperspektive: Menschen unterscheiden sich darin, wie weit sie die Vergangenheit und die Gegenwart oder die Zukunft in den Mittelpunkt stellen (vgl. ausführlich Fraenkel 2011a). Konflikte entstehen, wenn jeder der Partner auf der »Richtigkeit« des eigenen Zeitgefühls beharrt, etwa wenn einer sein Leben mit Kalender und ausführlichen To-do-Listen strikt einteilt, der Partner aber Freiraum für spontane Entscheidungen in allen Lebensbelangen einfordert. Auch hier geht es darum, zu mehr Ausgewogenheit zwischen unterschiedlichen Orientierungen in der Zeit beizutragen, die für die Überwindung von Machtkämpfen hilfreich ist.
Pünktlichkeit: In vielen Kulturen gibt es Unterschiede in der Bedeutung von Pünktlichkeit (ebd.). Pünktlichkeit oder kalkulierte Verspätung sind z. B. in manchen Kulturen Zeichen für Macht und Ansehen. Ebenso unterscheiden sich Paare in ihrer Einstellung zur Pünktlichkeit. Meist ist es eine Kombination kultureller und herkunftsfamiliärer Einflüsse, aus der Konflikte entstehen können.
Alan, ein Sohn einer jüdischen Familie, war schon als Kind dafür verantwortlich, dass sein depressiver Vater (ein Holocaust-Überlebender) pünktlich zum Essen oder anderen Familienereignissen kam. Die deutschen Eltern seiner brasilianischen Frau Claudia waren in der Nazi-Zeit als Regimegegner aus Deutschland geflohen. Claudia grenzte sich von ihrer Herkunftsfamilie ab, indem sie das Pünktlichkeitsgebaren ihrer Eltern ablehnte und »Brasilianerin« wurde. Obgleich Alan vieles an der brasilianischen Kultur sehr gefiel, konnte er niemals Claudias Unpünktlichkeit akzeptieren. In der Auseinandersetzung der Partner mit diesen mehrgenerationalen Einstellungen zur Pünktlichkeit wuchsen das wechselseitige Verständnis und die Bereitschaft zu einem ausgewogeneren Verhältnis zur Pünktlichkeit.
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