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7. Personen im öffentlichen Dienst
a) Beamte (Dienstzeugnis)
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Beamte stehen in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis und sind keine Arbeitnehmer (siehe auch § 5 Abs. 2 ArbGG). Das Zeugnis richtet sich nach dem öffentlichen Recht; für Bundesbeamte gilt § 85 BBG:
„ Beamtinnen und Beamten wird auf Antrag ein Dienstzeugnis über Art und Dauer der von ihnen wahrgenommenen Ämter erteilt, wenn sie daran ein berechtigtes Interesse haben oder das Beamtenverhältnis beendet ist. Das Dienstzeugnis muss auf Verlangen auch über die ausgeübte Tätigkeit und die erbrachten Leistungen Auskunft geben. “
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Unter dem „wahrgenommenen Amt“ ist das Amt im statusrechtlichen und abstrakt-funktionellen Sinne zu verstehen (also z.B. „ Er war Regierungsrat und Dezernent beim Bundesamt XY “); im gewünschten qualifizierten Zeugnis sind zusätzlich die Tätigkeiten, d.h. die Dienstaufgaben (der Dienstposten = das Amt im konkret-funktionellen Sinne) zu beschreiben und die „Leistungen“ darzustellen, worunter nicht nur die fachliche Leistung, sondern auch die dienstliche und außerdienstliche Führung zu verstehen ist (vgl. § 61 BBG, § 47 BeamtStG).
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Zum „außerdienstlichen Verhalten“ kommen nur dann negative Angaben in Betracht, falls gravierende Dienstvergehen vorliegen (vgl. § 77 Abs. 1 BBG). Im Übrigen sollte es nicht heißen
„Außerdienstlich ist Nachteiliges nicht bekannt “
(zum negativ besetzten Begriff „Nachteil“ siehe Rn. 717), sondern neutraler:
„ Über sein außerdienstliches Verhalten ist hier nichts bekannt .“
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Das Dienstzeugnis unterliegt ansonsten denselben Grundsätzen wie das Arbeitszeugnis. Als Besonderheit ist jedoch zu erwähnen, dass auch das außerdienstliche Verhalten eventuell zu berücksichtigen ist und der Beamte seine Ansprüche aus dem Zeugnisrecht vor den Verwaltungsgerichten geltend zu machen hat (das Dienstzeugnis ist ein Verwaltungsakt91) und zwar nach vorausgegangenem Widerspruchsverfahren (§ 126 BBG, § 54 BeamtStG).
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Die Beamtengesetze der Länder enthalten die gleichen oder ähnliche Bestimmungen: dem Beamten wird nicht nur nach Beendigung des Beamtenverhältnisses, sondern auch bei berechtigtem Interesse ein Dienstzeugnis erteilt, in Baden-Württemberg z.B. beim Dienstherrenwechsel oder zwecks Bewerbung um eine Stelle bei einem anderen Dienstherrn oder außerhalb des öffentlichen Dienstes.
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Wenn Beamte oder Soldaten in privatrechtlich organisierten Unternehmen tätig sind, gelten sie zwar betriebsverfassungsrechtlich als Arbeitnehmer (siehe § 5 Abs. 1 BetrVG), aber anzuwenden ist nicht § 109 GewO, sondern die für sie geltende, spezielle Zeugnisvorschrift.
b) Angestellte und Arbeiter
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Im Gegensatz zu den Beamten ist das Rechtsverhältnis der Angestellten und Arbeiter in den Verwaltungen und Betrieben des Bundes, der Länder, der Gemeinden und Gemeindeverbände sowie der Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts privatrechtlicher Natur.
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Die Zeugniserteilung ist tarifvertraglich geregelt; es gelten zwar verschiedene Tarifverträge
• Für Beschäftigte des Bundes und der Kommunen = TVöD,
• für Beschäftigte der Länder = TV-L,
aber die Zeugnisvorschriften – jeweils § 35– sind, abgesehen von einer unbedeutenden textlichen, aber nicht inhaltlichen Abweichung, gleich lautend:92
„ (1) Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses haben die Beschäftigten Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis über Art und Dauer ihrer Tätigkeit, das sich auch auf Führung und Leistung erstrecken muss (Endzeugnis) .
(2) Aus triftigen Gründen können Beschäftigte auch während des Arbeitsverhältnisses ein Zeugnis verlangen (Zwischenzeugnis) .
(3) Bei bevorstehender Beendigung des Arbeitsverhältnisses können die Beschäftigten ein Zeugnis über Art und Dauer ihrer Tätigkeit verlangen (vorläufiges Zeugnis) .
(4) Die Zeugnisse gemäß den Absätzen 1 bis 3 sind unverzüglich auszustellen. “
Eine Unterscheidung zwischen Angestellten und Arbeitern findet nicht mehr statt; sie sind einheitlich „Beschäftigte“.
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Diese tarifliche Zeugnisnorm (die in den Absätzen 2 bis 4 gegenüber der gesetzlichen Regelung detaillierter ist) zeichnet sich durch mehrfache Besonderheiten aus:
• Das (qualifizierte) Zeugnis wird „automatisch“ erteilt, also ohne es beantragen zu müssen; allerdings wird dem Beschäftigten das Recht einzuräumen sein zu wählen, ob er stets das qualifizierte oder stattdessen nur das einfache Zeugnis erhalten will.
• Es wird unterschieden zwischen dem vorläufigen und dem Zwischenzeugnis.
• Das Zwischenzeugnis wird in das Zeugnisrecht gewissermaßen „eingeführt“, und zugleich ist die Formulierung „aus triftigen Gründen“ als allgemeine Voraussetzung für die Erteilung dieser Zeugnisart anerkannt (ursprünglich: § 61 BAT).
• Auch das vorläufige Zeugnis (als einfaches Zeugnis) wird im Gegensatz zur gesetzlichen Regelung ausdrücklich genannt.
• Die Zeugnisse sind „unverzüglich“ zu erteilen. Der Begriff „unverzüglich“ hat die gleiche Bedeutung wie in § 121 BGB; es muss daher nicht sofort, sondern ohne schuldhaftes Zögern ausgestellt werden. Das Zeugnis ist vorrangig auszufertigen, ohne dass deshalb sehr eilige Tätigkeiten zurückgestellt werden müssten; aber tarifrechtlich wird Druck gemacht, die Ausfertigung zu beschleunigen.Bei der Fertigung eines qualifizierten Zeugnisses müssen in der Regel mehrere Abteilungen/Vorgesetzte zwecks Abstimmung über den Zeugnisinhalt eingeschaltet werden (der Instanzenweg ist einzuhalten), das ist in wenigen Tagen nicht zu schaffen, daher wird allgemein auf die Bearbeitungszeit wie bei anderen Zeugnissen zurückzugreifen sein (siehe Rn. 134).
c) Kirchliche Mitarbeiter
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Für Beschäftigte in der evangelischen (Diakonie) und katholischen Kirche (Caritas) gelten im Wesentlichen vergleichbare Zeugnisvorschriften, die sich anlehnen
• bei den Kirchenbeamten an die Dienstzeugnisnormen der staatlichen Beamtengesetze bzw.
• bei den sonstigen Mitarbeitern an den TVöD.
Zur Beurteilung des Verhaltens kirchlicher Mitarbeiter siehe Rn. 337.
d) Soldaten/Freiwillige/Entwicklungshelfer
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Neben einer Dienstzeitbescheinigung erhalten Soldaten auf Antrag (§ 32 Soldatengesetz) bzw. Personen des Freiwilligendienstes automatisch (§ 11 Bundesfreiwilligendienstgesetz) nach Beendigung ihres Dienstes ein Zeugnis, das über Art und Dauer des Dienstes und über Leistung und Führung im Dienst Auskunft zu geben hat; bei Freiwilligen sind außerdem die berufsqualifizierenden Merkmale aufzunehmen.
Soldaten erhalten das Zeugnis, sofern sie mindestens 4 Wochen Dienst verrichtet haben, und ihnen ist auf Antrag eine angemessene Zeit vor Beendigung des Dienstes ein vorläufiges Zeugnis zu erteilen, um es zu ermöglichen, sich vorzeitig um eine anschließende Beschäftigung zu bewerben.
Entwicklungshelfer erhalten auf Antrag ein einfaches Zeugnis, das sich auf Verlangen auf Leistung und Führung während der Dienstzeit zu erstrecken hat (§ 18 Entwicklungshelfergesetz).
70Abgesehen von der Ausnahme in § 113 Abs. 2 BGB. 71BAG, 3.3.1993 (5 AZR 182/92), BB 1993 S. 1439 = DB 1993 S. 1624 = NZA 1993 S. 697 = AP BGB § 630 Nr. 20 (zum früheren § 113 Abs. 3 GewO). 72LAG Hamm, 12.7.1994 (4 Sa 192/94), LAGE BGB § 630 Nr. 27. 73BGH, 9.11.1967, DB 1967 S. 2214; LAG Frankfurt, 16.7.2015 – 12 Ta 510/14; Kammergericht, 6.11.1978 (2 U 2290/78), BB 1979 S. 988; Schaub (Linck), Rn. 1. 74AR (Kolbe), Rn. 2. 75BAG, 28.11.1990 (4 AZR 198/90), BB 1991 S. 479 = NZA 1991 S. 392. 76Abweichende Vereinbarungen zuungunsten des Auszubildenden sind nichtig (§ 25 BBiG). 77BAG, 12.2.2013 (3 AZR 121/11), BB 2013 S. 1076 = DB 2013 S. 1307 = NZA 2014 S. 31. 78BAG, 21.1.2019 (9 AZB 23/18), BB 2019 S. 756 = NZA 2019 S. 491. 79LAG Köln, 21.11.2007 (7 Sa 647/07). 80Zum Begriff „dauerndes Dienstverhältnis“ siehe Rn. 109. 81OLG Celle, 23.5.1967 (11 U 270/66), BB 1967 S. 775. 82Tschöpe (Wessel), Rn. 16. 83Staudinger (Preis), Rn. 3; Tschöpe (Wessel), Rn. 17. A. A. Schaub (Linck), Rn. 1. 84Hromadka, „Wer schutzbedürftig ist, ist Arbeitnehmer“, BB 1998, Heft 31 „Die erste Seite“. 85BAG, 29.8.2012 (10 AZR 499/11), BB 2012 S. 2303 = DB 2013 S. 404 = NZA 2012 S. 1433. 86BAG, 26.9.2007 (5 AZR 857/06), DB 2007 S. 2600 = NZA 2007 S. 1422. 87BAG, 19.3.2008 (5 AZR 435/07), DB 2008 S. 2085 = NZA 2008 S. 760. 88BAG, 8.5.2018 – (9 AZR 531/17). 89BAG, 3.9.1998 – (8 AZR 14/97); siehe auch § 3 Abs. 2 BBiG. 90LAG München, 2.8.1984 (7 Sa 632/83), BB 1985 S. 198 = NJW 1985 S. 696. 91BVerwG, 26.1.1961 (II C 45/59), NJW 1961 S. 1131. 92Fassung des § 35 TVöD.
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