Aufgrund einer Vielzahl weiterer Dekrete schuf das KonzilKonzil / Konziliarismus die theologische Basis der Gegenreformation und gab der Kirche das nötige Selbstbewusstsein, um sich den neuen, reformatorischen Lehren nicht nur militärisch und politisch entgegenzustellen, sondern auch theologisch. Das Konzil von TrientKonzil / KonziliarismusKonzil von Trient bildete die Basis für die weltweite Mission der Kirche und definierte für lange Zeit die „katholische“ Identität.
Vom Tridentinum zum I. Vatikanischen KonzilKonzil / KonziliarismusI. Vatikanisches KonzilDas PapsttumPapsttum ging innerkirchlich gestärkt aus der Reformation hervor, allerdings war sein Verhältnis zu den weltlichen Herrschern stets aufs Neue spannungsreich. In Frankreich und Österreich kam es durch Gallikanismus(staatliches System in Frankreich, das die Römisch-katholische Kirche von Rom unabhängig machen wollte) und Josephinismus(Versuch, die AutoritätAutorität der Kirche für die habsburgische Monarchie zu nutzen) zu je eigenen Auseinandersetzungen zwischen König und Papsttum in den jeweiligen Herrschaftsgebieten.
Neben den Fragen nationaler Verankerungen des Katholizismus in Europa entwickelte sich im Zuge der Mission eine Fülle von Inkulturationen des Katholizismus auf der ganzen Welt. Die im 18. und 19. Jahrhundert entstandenen Vorstellungen des Katholischen prägten die Länder der südlichen Hemisphäre. Da diese die größten Wachstumsraten innerhalb der Weltkirche aufweisen, bestimmen sie auch gegenwärtig das Bild der gesamten katholischen Kirche.
Die Bedeutung des PapsttumsPapsttum als dem wichtigsten Bezugspunkt des Katholizismus nahm zu. Das kam nicht zuletzt in den DogmenDogma zum Ausdruck, die das I. Vatikanische Konzil Konzil / Konziliarismus 1869/70 verabschiedete. Das Papsttum wurde mit einer umfassenden geistlichen Machtfülle ausgestattet. Dadurch konnte es die Einbuße seiner weltlichen Macht angesichts der Bedrohung des Kirchenstaates durch die Einigung Italiens, der Gründung des italienischen Königshauses und der Eroberung Roms 1870 durch Giuseppe Garibaldi$Garibaldi, Giuseppe, 1807–1882, italienischer Guerillakämpfer, Nationalheld (1807–1882) kompensieren. Papst Pius IX.$Pius IX., Pontifikat 1846–1878, römisch-katholischer Papst (Pontifikat: 1846–1878) fühlte sich seit Verlust des Kirchenstaates 1870 als „Gefangener im Vatikan“.
Gleichzeitig brachte das 19. Jahrhundert eine Stärkung des PapsttumsPapsttum mit sich, da es in der Bedrängnis durch die politischen, sozialen und geistigen Umwälzungen zur Orientierung für viele Katholiken wurde. Es entstand der UltramontanismusUltramontanismus (lat.: ultra mons = ‚der Blick über die Alpen auf Rom‘).
Für das PapsttumPapsttum wurde der Kampf gegen den ModernismusModernismus, eine Häresie Häresie in den Augen der Kirche, zum Stellvertreterkrieg gegen eine Welt, die zunehmend ohne Kirche und Christentum auskam.
Bereits 1864 hatte Pius IX$Pius IX., Pontifikat 1846–1878, römisch-katholischer Papst., dem die politischen Freiheitsbestrebungen seiner Zeit fremd waren, in der Enzyklika „Quanta Cura“ Forderungen der modernen Gesellschaft, wie Religionsfreiheit oder die grundsätzliche Trennung von Kirche und Staat, verurteilt. Im „Syllabus errorum“(1864) verurteilte der Papst weitere „Irrtümer“ der Moderne, wie Pantheismus und Rationalismus, Sozialismus, Freimaurerei, Protestantismus und Pressefreiheit oder die Aufwertung der Vernunft, die sich selbst Gesetz sei. Außerdem unterstrich er, dass nur in der römisch-katholischen Kirche das Heil zu finden sei.
Mit dem Antimodernismus hatte Pius IX.$Pius IX., Pontifikat 1846–1878, römisch-katholischer Papst die Weichen für den Weg des Katholizismus in die Moderne gestellt, der erst im II. Vatikanischen Konzil Konzil / KonziliarismusII. Vatikanisches Konzil eine Neujustierung erfuhr.
Das I. Vatikanische KonzilKonzil / KonziliarismusDas 1869/70 einberufene I. Vatikanische Konzil Konzil / Konziliarismus sollte ebenfalls dem Abwehrkampf gegen die Moderne dienen. Begrüßt wurde es v.a. von den konservativenKonservativ Strömungen, die eine Bestätigung des Syllabus und eine Verstärkung des Ultramontanismus Ultramontanismus anstrebten. Die Mehrheit der rund 700 Teilnehmer des Konzils war für die Verabschiedung der Unfehlbarkeitslehre, die Ergebnis des Konzils wurde, und meinte, wenn der Papst „als Lehrer aller Christen“ ex cathedra eine Glaubensüberzeugung zum DogmaDogma erklärt, gilt diese als verbindlich und irrtumsfrei. Es können jedoch nur solche Glaubensüberzeugungen zum Dogma erklärt werden, die nicht im Widerspruch zur BibelBibel und zur apostolischen Tradition Tradition stehen, wie sie in der katholischen Kirche geglaubt werden.
Antimodernismus1910 stärkte Papst Pius X.$Pius X., Pontifikat 1903–1914, römisch-katholischer Papst (Pontifikat: 1903–1914) die antimoderne Haltung der Kirche, indem er alle Geistliche auf den Antimodernisteneid Antimodernisteneid verpflichtete. Pius X. legte so Grundlinien katholischer Glaubenslehre fest: Jeder, der diesen Eid leistete, bekannte sich zur Wahrheit, wie sie die Kirche, konkret das päpstliche Lehramt Lehramt, festhält und überliefert. Die Irrtümer der Moderne standen für Pius X.$Pius X., Pontifikat 1903–1914, römisch-katholischer Papst ursächlich im Zusammenhang mit dem Aufkommen des Protestantismus. In der Enzyklika „Pascendi dominici gregis“ von 1907 hielt er fest: „Der Protestantismus war der erste Schritt; dann folgt der ModernismusModernismus; das Ende ist der Atheismus.“ (Neuner, 2009, 39)
Durch die Einführung dieses Eides wurden diejenigen katholischen Kräfte unterdrückt, die sich um einen Ausgleich mit der modernen Welt bemühten, was den Katholizismus in eine Erstarrung führte.
Im Zuge der Frontstellung gegen die Moderne unternahm die Kurie Anstrengungen zur innerkirchlichen Konsolidierung und widmete sich unter Papst Benedikt XV$Benedikt XV., Pontifikat 1914–1922, römisch-katholischer Papst. (Pontifikat: 1914–1922) der Vollendung und Inkraftsetzung des allgemeinen Kirchenrechts durch den Codex Iuris Canonici Codex Iuris Canonici.
Die Lösung der römischen FrageUnter dem Pontifikat von Pius XI.$Pius XI., Pontifikat 1922 bis 1939, römisch-katholischer Papst 1922 bis 1939 konzentrierte sich die Kirche ganz auf ihre religiöse und moralische Kraft und verzichtete auf weltlichen Einfluss.
1929 erhielt sie durch die Lateranverträge mit dem faschistischen Italien unter Benito Mussolini$Mussolini, Benito, 1883–1945, italienischer faschistischer Diktator (1883–1945) den Kirchenstaat als 44 Hektar großes Gebiet im Zentrum von Rom zurück. Darüber hinaus erhielt die Römisch-katholische Kirche als Kompensation für den 1870 erlittenen Verlust Geldzahlungen und die Zusicherung der religiösen Vormachtstellung in Italien. So erhielt sie einen großen Einfluss auf das gesellschaftliche Leben.
Nicht unproblematisch war die Haltung des Vatikans während des Zweiten Weltkrieges. Die Frage, ob sich Papst Pius XII.$Pius XII., Pontifikat 1939–1958, römisch-katholischer Papst (Pontifikat: 1939–1958) genug für den Schutz verfolgter Juden eingesetzt habe, wird bis heute kontrovers diskutiert.
Das II. Vatikanische KonzilKonzil / KonziliarismusDie Ankündigung des II. Vatikanischen Konzils Konzil / KonziliarismusII. Vatikanisches Konzil war eine Überraschung. Papst Johannes XXIII.$Johannes XXIII., Pontifikat 1958–1963, römisch-katholischer Papst (Pontifikat: 1958–1963) entschied sich dafür, ein KonzilKonzil / Konziliarismus einzuberufen, um den Dialog, den er anstrebte, sichtbar zu machen. Sein wichtigstes Ziel war die ‚Heutigwerdung‘ (ital.: Aggiornamento ) der Kirche. Der Papst wollte die Fenster zur Welt öffnen und die Kirche in die Moderne führen. Darüber hinaus lag ihm die Förderung der Einheit aller Christen am Herzen.
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