Irgendwann war meine Speicherkarte annähernd voll und ich tanzte mit den Fans zusammen zu den guten Songs. Es machte Spaß und mir gefiel der Abend richtig gut, auch wenn ich Samira nicht mehr sah. Doch drei Lieder später verabschiedete sich die Band langsam. Sie machten noch zwei Zugaben und verließen dann mit ein paar Scherzen die Bühne. Ich kletterte von meinem Podest und hielt Ausschau nach Samira, fand sie auch nach ein paar Minuten. Sie war total durchgeschwitzt und schwärmte von der Band und dem Konzert. Es sei eines der besten Konzerte gewesen. Ich war auch gut gelaunt, aber auch langsam ganz schön erschöpft. Auf meine Frage hin, ob wir bald gehen könnten, sah sie mich nur grinsend an.
„Willst du dir dein Oberteil dazu nicht wieder anziehen?“
Ich sah an mir herunter und kicherte. Das hatte ich ja ganz vergessen. umrundete es dreimal, fand das Top aber nirgends. Ich ging wieder zurück zu Samira, die in ein Gespräch mit einer schwarzhaarigen Dame verwickelt war. Samira sah mich fragend an, als ich näher kam und ich zuckte die Schultern.
„Muss wohl jemand mitgenommen haben.“
Sie grinste, zeigte dann aber auf die Dame.
„Das ist übrigens die Besitzerin dieses netten Etablissements. Ich hab ihr schon erzählt, dass du von deiner VIP-Position aus Fotos geschossen hast.“
Die Dame drehte sich zu mir um und hielt mir geschäftsmäßig die Hand hin. Jetzt errötete ich doch ein wenig darüber, dass ich hier einer potenziellen Interessentin für meine Fotos halb nackt gegenüber stand. Glücklicherweise war es noch so dunkel in der Halle, dass man meine Schamesröte sehen konnte.
„Layal Kadira mein Name. Dürfte ich mir die Fotos mal ansehen?“ Sie sah auf meine Kamera und hielt ihre Hand hin. Ich übergab sie ihr und sie sah sich auf dem Vorderdisplay der Kamera die Bilder kurz an. Nach dem Durchblättern von zirka 20 Stück, nickte sie.
„Ja, die könnten ganz gut geworden sein. Kannst du mir die Speicherkarte überlassen?“
Ich schaute sie überrascht an. Sonst bearbeitete ich Fotos immer und gab sie dann ein paar Tage später in stark dezimierter Form heraus. Kein Kunde wollte sich eigentlich durch 300 Fotos quälen und die besten selbst selektieren. Als sie meinen verwirrten Blick bemerkte, ergänzte sie noch:
„Ich brauche die Fotos gleich morgen. Eine Zeitung hat angefragt und die Fans freuen sich, wenn sie auf unserer Website zeitnahe Fotos sehen. Sogar die Band hat angefragt. Der Sänger hat dich mit der Kamera gesehen und war neugierig auf deine Fotos. Du bekommst einen guten Preis dafür. Sagen wir 800? Die Speicherkarte lasse ich dir morgen wieder zukommen. Die Fotos gehören natürlich dir und du wirst auch überall erwähnt werden. Samira meinte, dass du Werbung gebrauchen könntest.“
Samira zwinkerte mir zu und ich nickte ein wenig überwältigt und überrumpelt. Das Geld war überraschend viel dafür, dass ich einen Abend Spaß mit einer Band hatte und gleichzeitig meinem Hobby nachgehen konnte. Es hatte sich nicht wie Arbeit angefühlt. Ich öffnete einen Schlitz in meiner Kamera und übergab ihr die Speicherkarte. Sie nickte wieder und nahm sie entgegen. Dann bedankte sie sich bei mir und lächelte noch einmal Samira an, als sie sich verabschiedete. Als sie gegangen war, stupste mir Samira mit ihrem Ellenbogen in die Seite.
„Na, das lief doch wie geritzt oder?“
Ich nickte noch immer sprachlos. Dann lächelte Samira mich verschmitzt an.
„Okay, ab nach Hause. Hmm … aber so ohne Oberteil wird das ja spannend. Meins gebe ich dir nicht, dass das schon mal klar ist. Wie willst du jetzt nach Hause? Ich begleite dich natürlich.“
Ich überlegte kurz, was jetzt wohl am besten wäre. Ein Taxi gab es hier ja nicht.
Umfrage 7: Wie geht Luca nach Hause? Das stand zur Auswahl:
1 Mit der U-Bahn, das ging wenigstens schnell.
2 Nach Hause laufen, dunkel und weniger Leute.
3 Ich wollte so nicht nach Hause, ich brauchte irgendwas zum Anziehen!Ergebnis Kapitel 7 – Hättest du das Gleiche gewählt?
Eine Umfrage der Leser ergab, dass mehr Erotik-Szenen gewünscht wurden. Über die Hälfte wollte es sogar noch expliziter. Ich hab mich also angestrengt.
Nach kurzem Überlegen entschied ich mich für die U-Bahn. Das ging wenigstens schnell und ich konnte auf den dunklen Straßen nicht irgendwie doof angemacht werden. Ich teilte Samira meine Entscheidung mit und sie nickte. Dann gingen wir auch schon los. Nachdem wir aus der Bar herausgetreten waren, stupste jemand Samira auf die Schulter. Es war – wie nicht anders zu erwarten – eine Frau und ich nahm an, dass es wie immer eine Bekannte von ihr war. Doch Samira wurde blass, als sie die Frau sah, und ich war mir nicht sicher, ob sie sich freute, sie zu sehen.
Die Frau lächelte und kam mir bekannt vor. Es ratterte kurz in meinem Kopf und dann erkannte ich sie, bevor sie den Mund aufmachte. Es war die Schlagzeugerin der Band!
„Hey, du bist doch Samira, wenn ich mich nicht irre, oder? Du bist einer unserer langjährigen Fans und schreibst immer fleißig Posts auf unserer Homepage und bei Facebook. Ich erkenne dich von den Fotos dort wieder. Stimmt doch, oder?“
Sie nickte nur langsam mit großen Augen und ich merkte, dass es nicht Unwohlsein war, was sich in Samiras Blick spiegelte, sondern Ehrfurcht. Diese total stille und erblasste Samira brachte mich fast zum Lachen. So kannte ich sie gar nicht. Aber die Schlagzeugerin redete einfach weiter.
„Du fragst dich bestimmt, wieso ich dich anspreche, jetzt so aus heiterem Himmel. Wir sind für ein paar Tage in der Stadt. Ist ja echt krass euer Konzept hier mit den Zonen, das fanden wir so spannend, das wollten wir uns mal ein paar Tage reinziehen. Das Problem ist nur, dass eure Stadt irgendwie gar keine Hotels hat. Wundert mich auch echt gar nicht, bei euren Einreisebestimmungen, ist ja gesicherter als Fort Knox hier. Wir haben nur eben keine Unterkunft und ich hab wenig Lust im Tourbus zu schlafen. Würdest du als treuer Fan unserer Band mich vielleicht ein paar Tage bei dir übernachten lassen? Ich würde mich auch erkenntlich zeigen.“
Sie zwinkerte Samira zu und in dem Licht der Laterne sah die jetzt wirklich kalkweiß aus. Auch die Schlagzeugerin merkte, dass mit Samira gerade nichts anzufangen war und gab ihr ein paar Sekunden. Sie drehte sich zu mir.
„Und wer bist du? Eine Freundin von Samira?“
Ich nickte und schüttelte gleichzeitig den Kopf.
„Ja, so könnte man es sagen, aber wir kennen uns erst seit gestern.“
Sie zeigte auf meine Kamera.
„Du hast uns fotografiert, ne? Sind wir dabei gut weggekommen?“
Ich druckste ein wenig herum und meinte dann aber, dass ich die Fotos schon abgeben musste und gar nicht wusste, ob sie gut geworden waren. Sie freute sich aber, als sie hörte, dass die Band sie zeitnah zu sehen bekommen sollte.
„Und bist du auch ein Fan von uns? Du hast mir deinen Name noch nicht verraten.“
„Luca heiße ich. Nein, eigentlich habe ich euch heute zum ersten Mal gesehen und ich muss zugeben auch das erste Mal überhaupt etwas von euch gehört. Samira hat mich heute Abend spontan eingeladen zu eurem Konzert.“
Sie zeigte einen überraschten Gesichtsausdruck.
„Wie, du kanntest uns vorher gar nicht? Und wie hat dir das Konzert dann gefallen?“
„Sehr, sehr gut. Die Texte und der Stil sind genau mein Geschmack. Mich hat es ehrlich gesagt gewundert, dass ich euch noch nicht kannte. Ich bin froh, dass mich Samira mitgenommen hat. Und übrigens war ich erstaunt, dass du im Stehen spielst. Ich kenne nicht sehr viele stehende Schlagzeuger und erst recht keine weiblichen.“
„Ach, jetzt lob hier nicht so viel, da werd ich ja ganz rot.“
Sie umarmte mich leicht von der Seite und das war dann wohl die Geste, die Samira brauchte, um aus ihrer Schockstarre zu kommen.
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