[28]
Palandt- Grüneberg § 426 Rn. 14.
[29]
Vgl. BGH Urteile vom 15. Juni 2004 (Az: VI ZR 60/03) unter Tz. 18 = BGHZ 159, 318 ff. = NJW 2004, 2892 ff. und in BGHZ 103, 338 ff. unter Ziff. 3 = NJW 1988, 2667 ff.
[30]
Vgl. Medicus/Lorenz Schuldrecht I Rn. 853.
[31]
Medicus/Lorenz Schuldrecht I Rn. 853.
3. Teil Erfüllung nach § 362
Inhaltsverzeichnis
A. Wirkung des § 362 Abs. 1
B. Maßgeblicher Empfänger
C. Bewirken der geschuldeten Leistung
D. Person des Leistenden
E. Sonderfall: Erfüllung eines Gesamtschuldners (§ 422 Abs. 1 S. 1)
F. Sonderfall: Leistung an Erfüllungs statt (§ 364 Abs. 1)
G. Übungsfall Nr. 1
132
Erfüllung nach § 362
I. Person des Empfängers
1.Aktueller Gläubiger
Empfangszuständigkeit Rn. 139 ff.
2.Hilfsperson oder Zahlstelle des Gläubigers
3.Berechtigter Dritter
II. Bewirken der geschuldeten Leistung
1.Art und Weise des geschuldeten Erfolges
2.Eintritt des Erfolgs am Erfolgsort
3.Eintritt des Erfolgs zum Zeitpunkt der Erfüllbarkeit
4.Zuordnung zum Anspruch
mehrmals geschuldete Leistung Rn. 171
Nachholung einer Tilgungsbestimmung Rn. 172
Leistung unter Vorbehalt Rn. 175 ff.
III. Person des Leistenden
1.Schuldner
2.Dritter
a)Keine höchstpersönliche Verpflichtung des Schuldners
b)Fremdtilgungswille
c)Keine Ablehnung gemäß § 267 Abs. 2
3. Teil Erfüllung nach § 362› A. Wirkung des § 362 Abs. 1
A. Wirkung des § 362 Abs. 1
133
Nach § 362 Abs. 1 erlischt das Schuldverhältnis, „wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird.“ Es handelt sich folglich um eine rechtsvernichtende Einwendung, die im Rahmen der Anspruchsprüfung auf der zweiten Prüfungsebene „Anspruch erloschen“ geprüft wird.
JURIQ-Klausurtipp
§ 362 Abs. 1 bildet den Einstieg in Ihre Prüfung, da er in der Rechtsfolge das Erlöschen des Schuldverhältnisses und damit den rechtsvernichtenden Charakter dieses Einwendungstatbestandes ausspricht. In einer Klausur könnte der Einstieg wie folgt formuliert werden:
„Der Anspruch des A könnte durch Erfüllung gem. § 362 Abs. 1 erloschen sein. Dies setzt voraus, dass …“
Allerdings ist die Formulierung insoweit etwas missverständlich, als in § 362 Abs. 1 nicht von „Anspruch“ oder „Forderung“ gesprochen wird, sondern von „Schuldverhältnis“. Gemeint ist damit aber das sog. „Schuldverhältnis im engeren Sinne“, also der konkrete Anspruchbzw. die Forderung des Gläubigers.[1] Wenn der Käufer beispielsweise den Kaufpreis an den Verkäufer zahlt und damit seine Pflicht gem. § 433 Abs. 2 erfüllt, erlischt damit natürlich nicht das gesamte kaufvertragliche Schuldverhältnis! Schließlich muss der Käufer für sein Geld ja auch Besitz und Eigentum an der verkauften Sache im mangelfreien Zustand erhalten (§ 433 Abs. 1).
134
Ein Anspruch erlischt idealerweise durch Erfüllung – die Erfüllung ist das Ziel einer Anspruchsbeziehung.
Wie Sie dem Tatbestand des § 362 Abs. 1 auch entnehmen können, stellt diese Norm nicht darauf ab, wer die Leistung bewirkt („ bewirkt wird “) . Es scheint also für die Frage der Erfüllung egal zu sein, ob die Leistung durch den Schuldner oder eine andere Person bewirkt wird.
Wenn wir nun die einzelnen Tatbestandsmerkmale des § 362 Abs. 1 durchgehen, müssen wir uns fragen, wer Gläubiger ist, wann die geschuldete Leistung beim Gläubiger bewirkt ist und wer die Leistung an den Gläubiger bewirken kann.
[1]
Palandt- Grüneberg § 362 Rn. 1.
3. Teil Erfüllung nach § 362› B. Maßgeblicher Empfänger
B. Maßgeblicher Empfänger
3. Teil Erfüllung nach § 362› B. Maßgeblicher Empfänger› I. Gläubiger
135
Gemäß § 362 Abs. 1 muss die Leistung zur Erfüllung an den Gläubiger bewirkt werden.
Die Bestimmung der Person des Gläubigers haben wir im ersten Teil bereits untersucht. Wir können uns hier kurz fassen:
Gläubiger ist derjenige, zu dessen Gunsten der Anspruch bei Bewirken der Leistung besteht. Das wird im Normalfall die Person sein, zu deren Gunsten der Anspruch entstanden ist. Das ist das Ergebnis auf der ersten Ebene Ihrer Anspruchsprüfung („Anspruch entstanden“). Beim vertraglichen Schuldverhältnis ist der Vertragspartner in der Regel der Gläubiger und beim gesetzlichen Schuldverhältnis derjenige, der kraft des gesetzlichen Tatbestandes die Leistung verlangen kann.
Veränderungen können sich durch Abtretung oder Legalzession ergeben haben.
136
Beim echten Vertrag zugunsten Dritter kann Erfüllung nach § 362 Abs. 1 nur eintreten, wenn die Leistung an den Dritten bewirkt wird.[1] Er ist der Gläubiger der versprochenen Leistung i.S.d. § 362 Abs. 1. Die Tatsache, dass der Versprechensempfänger nach § 335 im Zweifel ein eigenes Forderungsrecht hat, ändert daran nichts. Denn er kann nach § 335 nur Leistung an den Dritten und nicht an sich selbst fordern.[2] Man kann sagen, dass der Versprechensempfänger der Gläubiger ohne eigene „Empfangszuständigkeit“ ist. Dass die Empfangszuständigkeit eine (ungeschriebene) Erfüllungsvoraussetzung ist, werden wir gleich noch untersuchen (siehe Rn. 139 ff.).
137
Bei der Frage der Erfüllung kann ein Gläubigerwechsel durch Abtretung/Legalzession noch einmal zu berücksichtigen sein, wenn der zu erfüllende Anspruch nach seiner Entstehung und vor Leistung auf einen Dritten übergegangen ist. Ist die Leistung dennoch an den bisherigen Gläubiger erfolgt, kann jedenfalls keine Erfüllung nach § 362 Abs. 1 eintreten. Die Abtretung/Legalzession muss in dieser Konstellation beim Merkmal „Gläubiger“ in § 362 Abs. 1 untersucht werden. Es gilt das im ersten Teil vorgestellte Prüfungsschema zur Abtretung (siehe vor Rn. 32).
JURIQ-Klausurtipp
Sie könnten in einem solchen Sonderfall folgendermaßen formulieren:
„Vorliegend hat A den geschuldeten Kaufpreis an B gezahlt. Dadurch kann eine Erfüllung nach § 362 Abs. 1 aber nur eingetreten sein, wenn der B zu diesem Zeitpunkt noch Gläubiger der Forderung gewesen ist. Möglicherweise stand der Anspruch bei Zahlung aber bereits dem C zu, so dass A nicht an den tatsächlichen Gläubiger geleistet hätte. In Betracht kommt hier ein Forderungsübergang durch Abtretungsvereinbarung zwischen B und C gem. § 398 .(…)“
138
Dem Gläubiger stehen seine Empfangsgehilfen gleich. Ebenfalls in die Sphäre des Gläubigers gehört seine kontoführende Bank, soweit es um die Erfüllung von Geldschulden durch Überweisung auf das Konto des Gläubigers geht. Die Bank nimmt mit der Entgegennahme des Betrages und der gleich hohen Gutschrift nur eine „technische“ Hilfsfunktion im Rahmen des Zahlvorgangs als „Zahlstelle“ und Leistungsmittlerin des Gläubigers wahr.[3] Sie ist also nicht etwa „Dritte“ i.S.d. § 362 Abs. 2.
3. Teil Erfüllung nach § 362› B. Maßgeblicher Empfänger› II. Empfangszuständigkeit
II. Empfangszuständigkeit
139

Da die Erfüllung gem. § 362 Abs. 1 zum Erlöschen einer Forderung führt und damit den Forderungsbestand unmittelbar verändert, hat die Annahme einer Leistung eine verfügungsähnliche Wirkung. Es ist deshalb anerkannt, dass dem Gläubiger eine Verfügungsmacht zustehen muss. Man nennt dies auch „Empfangszuständigkeit“.[4] Fehlt dem Gläubiger die Empfangszuständigkeit, führt die Leistung an ihn nicht zur Erfüllung nach § 362 Abs. 1.[5] Vielmehr muss an einen Vertreter geleistet werden, der über die notwendige Empfangszuständigkeit verfügt. Denkbar ist es auch, dass der Vertreter den Gläubiger nach dem Rechtsgedanken der §§ 362 Abs. 2, 185 vorher oder nachträglich zur Entgegennahme der Leistung ermächtigt.[6]
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