In jedem Fall muss die eigentliche Verhängung des Ordnungsgelds angedroht werden. Die Androhung darf allerdings bereits im Urteilstenor selbst erfolgen. Soweit der Schuldner nun nach der Androhung des Zwangsgelds weiterhin schuldhaft dem Titel zuwiderhandelt, wird durch Beschluss das Ordnungsgeld verhängt. Das Ordnungsgeld wird von Amts wegen beigetrieben. Damit ist die Vollstreckungsmaßnahme beendet. Handelt aber der Schuldner in Zukunft wieder dem Titel zuwider, kann erneut ein Ordnungsmittel angedroht und verhängt werden.
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4. Die Rechtsbehelfe und ihre Abgrenzung voneinander
a) Welcher Rechtsbehelf ist statthaft?
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Im Vollstreckungsverfahren können beide Parteien – und manchmal auch Dritte – Grund dazu haben, Rechtsschutz zu suchen. Dazu stehen ihnen die zwangsvollstreckungsrechtlichen Rechtsbehelfe und Rechtsmittel zur Verfügung. Diese machen den Kern des vollstreckungsrechtlichen Prüfungsstoffs aus[5]. Im Folgenden wird ein kurzer und vereinfachter Überblick über alle wichtigen Rechtsbehelfe und ihre Zielrichtung gegeben, damit die schwierigen und detaillierten Fragen der Statthaftigkeit (das ist die Frage, welcher Rechtsbehelf der richtige ist) und die Abgrenzung der Rechtsbehelfe später sofort richtig eingeordnet werden können.
b) Die Rechtsbehelfe des Gläubigers
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Nur wenige Schwierigkeiten entstehen auf Seiten des Gläubigers. Der Gläubiger braucht Rechtsbehelfe, wenn die Organe der Zwangsvollstreckung seine Anträge nicht oder nicht in der beantragten Weise befolgen. In der Klausur von Bedeutung sind dabei regelmäßig nur drei Fälle:
aa) Wenn während der Vollstreckung ein Organ der Rechtspflege entweder etwas gar nicht tut, das der Gläubiger beantragt (also z.B. der Gerichtsvollzieher sich weigert, beim Schuldner zu pfänden), oder wenn es einen Antrag auf eine Art und Weise ausführt, die dem Gläubiger nicht zusagt (also z.B. das Vollstreckungsgericht eine andere Forderung pfändet, als der Gläubiger beantragt hat), kann der Gläubiger Vollstreckungserinnerung nach § 766 I oder II ZPOeinlegen ( Rn. 484 ff).
bb) Wird dem Gläubiger keine Klausel erteilt, gibt es zwei unterschiedliche Rechtsbehelfe, die passen können. Die Klauselklage nach § 731 ZPO( Rn. 139 ff) ist sehr eng im Anwendungsbereich. Der Gläubiger kann sie erheben, wenn er für die Klauselerteilung bestimmte zusätzliche Tatsachen beweisen muss und diesen Beweis nicht durch öffentliche Urkunden erbringen kann.
Wenn der Urkundsbeamte oder der Rechtspfleger sich aus sonstigen Gründen weigern, die Klausel zu erteilen, kann der Gläubiger die gewöhnliche Erinnerung nach § 573 ZPO(bei Untätigkeit des Urkundsbeamten, Rn. 136) oder sofortige Beschwerde nach § 567 ZPO(bei Untätigkeit des Rechtspflegers, Rn. 137) einlegen.
cc) Schließlich ist es noch denkbar, dass der Gläubiger gegen eine so genannte „Entscheidung“ eines Vollstreckungsorgans vorgehen will. Dafür ist die sofortige Beschwerde nach § 793 ZPOder richtige Rechtsbehelf ( Rn. 516 ff). Wann eine „Entscheidung“ nach § 793 ZPO und nicht eine bloße Vollstreckungsmaßnahme nach § 766 ZPO vorliegt, ist sehr streitig. Meist wird angenommen, dass es darauf ankommt, ob das Vorbringen beider Parteien berücksichtigt wurde (dazu Rn. 517 f).
c) Die Rechtsbehelfe des Schuldners
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Der Schuldner ist derjenige, in dessen Rechte durch die Vollstreckung massiv eingegriffen wird. Zwar geschieht dies letztlich meist zu Recht, weil der Gläubiger sich nur dasjenige holt, was der Titel ihm zuspricht. Dennoch wird der Schuldner sich häufig und aus den verschiedensten Gründen gegen Vollstreckungsakte des Gläubigers wehren wollen.
aa) Der wichtigste und prüfungsrelevanteste Rechtsbehelf des Schuldners ist die Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO( Rn. 187 ff). Sie passt allerdings nur für einen ganz bestimmten Fall. Der Schuldner kann sie dann erheben, wenn er gegen den titulierten Anspruch Einwendungen hat. Ein Verkäufer, der ein Gemälde übereignen soll, will also zum Beispiel sagen, dass der Anspruch auf Leistung untergegangen ist, weil das Bild inzwischen verbrannt ist und Unmöglichkeit eingetreten ist. Beachten muss man hier Rechtskraftwirkung und Präklusionswirkung des Titels. Nur „neue Einwendungen“ iSd. § 767 II ZPO können die Einstellung der Zwangsvollstreckung begründen. Der Schuldner kann sich im Beispiel also nicht mit Erfolg darauf stützen, dass das Bild schon während des Erkenntnisverfahrens verbrannt sei.
bb) Die Vollstreckungserinnerung nach § 766 I ZPO( Rn. 484 ff) ist statthaft, wenn Schuldner (oder der Gläubiger, Rn. 19) rügen wollen, dass das Vollstreckungsorgan (meist der Gerichtsvollzieher) bei der Vollstreckung Vorschriften verletzt hat, wenn also die „Art und Weise“ der Zwangsvollstreckung nicht in Ordnung war. Die Rechtsprobleme bei der Prüfung des § 766 ZPO liegen oft darin, zu erkennen, ob der Fehler, der bei der Zwangsvollstreckung unterlaufen ist, überhaupt in den Pflichtenkreis des Gerichtsvollziehers gehörte: Der Gerichtsvollzieher hat – im Sinne der Formalisierung und Effizienz des Verfahrens – immer nur relativ einfache Tatbestände und Rechtsfragen zu prüfen bzw. zu beachten.
cc) Die Klauselerinnerung nach § 732 ZPO( Rn. 167 ff) ist ein Rechtsbehelf aus dem Klauselverfahren. Sie ist in erster Linie dazu da, formale Fehler, die der Rechtspfleger/der Urkundsbeamte bei der Erteilung der Klausel gemacht hat, zu rügen. Der BGH steht auf dem Standpunkt, dass § 732 ZPO nicht statthaft ist, wenn der Schuldner vorträgt, dass der Titel rechtlich fehlerhaft sei und deshalb auf seiner Basis keine Klausel habe erteilt werden dürfen ( Rn. 171 ff). Denn in der genauen Prüfung des Titels liege keine Pflicht des Rechtspflegers/Urkundsbeamten, so dass sich darauf auch keine Erinnerung stützen könne.
dd) Einen ganz engen Anwendungsbereich hat die Klauselgegenklage nach § 768 ZPO( Rn. 154 ff). Diese Norm ist leicht zu prüfen, weil der Tatbestand klar formuliert ist. § 768 ZPO greift ein, wenn der Gläubiger sich eine qualifizierte Klausel hat erteilen lassen und der Schuldner meint, die Bedingung iSd. § 726 ZPO oder die Rechtsnachfolge iSd. § 727 ZPO sei nicht wirklich eingetreten.
ee) Seit vielen Jahren ist schließlich die Titelgegenklage analog § 767 ZPOanerkannt ( Rn. 258 ff). Sie wird gebraucht, wenn der Titel, auf den sich die Zwangsvollstreckung stützt, nichtig ist. Das könnte man zwar mit § 732 ZPO rügen, aber nur wenn die Nichtigkeit offen erkennbar war ( Rn. 176 ff). § 732 ZPO allein bietet also keinen ausreichenden Rechtsschutz. Die Nichtigkeit des Titels kann daher, egal ob sie offen erkennbar ist oder nur aufgrund einer ausführlichen Rechtsprüfung festgestellt werden kann, mit einer Titelgegenklage gerügt werden, die der BGH auf eine analoge Anwendung des § 767 ZPO stützt.
ff) Wenn gar kein Rechtsbehelf passt, aber der Schuldner trotzdem erheblich in seinen Rechten beeinträchtigt ist, gibt es den Auffangschutz durch § 765a ZPO( Rn. 50 ff).
d) Die Rechtsbehelfe Dritter
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Dritte können auf unterschiedliche Weise von einem Zwangsvollstreckungsverfahren betroffen sein. Am wichtigsten ist der Fall, dass der Gerichtsvollzieher eine schuldnerfremde Sache pfändet, also eine Sache, die nicht dem Schuldner, sondern einem Dritten gehört. Für den Eigentümer der Sache (genauer spricht man von dem berechtigten Dritten) besteht ein besonderer Rechtsbehelf, die Drittwiderspruchsklage nach § 771 ZPO( Rn. 528 ff), mit der er die „Freigabe“ von Sachen bewirken kann, die der Gerichtsvollzieher (der die Eigentumslage nicht prüft, Rn. 305, 314) gepfändet hat. Bei der Drittwiderspruchsklage liegt das wesentliche Problem darin, die im Tatbestand von § 771 I ZPO genannten „die Veräußerung hindernden Rechte“ zu kennen.
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